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Amelia Peabody 11: Der Fluch des Falken

Titel: Amelia Peabody 11: Der Fluch des Falken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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es sich um eines der hohen, schmalen, nichtssagenden Gebäude der Kairoer Altstadt. Es gab weder Hausnummer noch Namensschild, und nachdem Nefret geläutet hatte, wurden sie einer intensiven Prüfung durch einen engen Türschlitz ausgesetzt, ehe sie das Klirren der Kette und das Ächzen der Scharniere vernahmen. Diese Geräusche wurden von einem schrillen Jammern untermalt, das die meisten Europäer sicherlich für einen Klagelaut gehalten hätten. Ramses wußte, worum es sich handelte; deshalb war er auch keineswegs erstaunt, als die Tür aufsprang und Nefret von einer Gruppe Frauen umringt wurde, die sie vor Freude kreischend zu umarmen versuchten.
    Eine Frau mittleren Alters, die über ihrem langen Gewand einen Arztkittel trug, trat entschlossenen Schrittes auf Ramses zu und reichte ihm die Hand. Ihre schwarze Haarpracht war von grauen Fäden durchzogen und ihr Arabisch von einem starken syrischen Akzent gefärbt. »Marhaba, Effendi Emerson. Welch eine Ehre für unser Haus.«
    »Nenn ihn einfach Bruder der Dämonen«, sagte Nefret und lachte. »Ramses, das ist Dr. Sophia.«
    Er hatte sie noch nicht kennengelernt, aber gehört, daß Nefret und seine Mutter voller Bewunderung und Respekt von ihr sprachen. Beides hatte sie sich mühsam erkämpfen müssen; die syrischen Christen waren zwar etwas liberaler in ihrer Einstellung als die meisten Bewohner des mittleren Ostens, trotzdem war es Sophia Hanem erst nach langen Jahren der Auseinandersetzung mit ihren Eltern und der Regierung gelungen, in Zürich ihr Medizinstudium zu absolvieren. Nefret war überglücklich gewesen, als sie sich bereit erklärt hatte, die Klinik zu übernehmen.
    Ramses wartete im Büro, während Nefret mit der Ärztin die Visite unternahm. Es handelte sich um einen hellen, sonnigen Raum mit großen Fenstern zum Innenhof, dessen blitzsauberer Steinboden und weiße Wandfront im verblüffenden Gegensatz zu der schmutzigen Straße standen. Ein Mädchen im Alter von höchstens dreizehn Jahren brachte ihm Tee; er konnte nicht umhin, sich insgeheim immer wieder zu fragen, ob sie zu den unglückseligen Kindern gehörte, die die Klinik erfolgreich vom Joch der Erniedrigung und der sprichwörtlichen Sklaverei befreit hatte. Einige der Mädchen waren sogar noch jünger. Es dauerte eine ganze Weile, bis Nefret zurückkehrte und sich dann überstürzt verabschiedete. Die Ärztin schien aufgrund ihrer schroffen Art keineswegs betroffen; sie lächelte Ramses lediglich betrübt an und schüttelte den Kopf. Er nickte, denn er hatte verstanden.
    Seine Mutter hatte ihn gewarnt. »Sie ist immer übelster Laune, wenn sie die Klinik besucht hat. Nimm es nicht persönlich, wenn sie dich anfährt. Sie ist nicht wütend auf dich, sondern –«
    »Wegen des Entsetzens, das sich ihr dort bietet, und ihrer Unfähigkeit, daran etwas zu ändern. Schon gut, Mutter, ich bin es gewohnt, von Nefret brüskiert zu werden.«
    Die Tür fiel hinter ihnen ins Schloß. Nefret ließ zu, daß er ihre Hand nahm, und hakte sich bei ihm ein. Er wußte nicht, was er sagen sollte. In ihrer gegenwärtigen Stimmung könnte sie jede anerkennende Äußerung oder sein Mitgefühl mißverstehen. Er war schon fast entschlossen, es zu riskieren, als sie erstarrte und ihren Blick fokussierte – nicht auf ihn, sondern auf zwei europäisch gekleidete Männer mit einem Tarbusch als Kopfbedeckung. Beide rauchten Zigarren. Als er Nefret bemerkte, blieb der größere der beiden schlagartig stehen, redete kurz auf seinen Begleiter ein und kam dann auf sie zu. Die Menschenmenge teilte sich so abrupt wie das Rote Meer vor Moses. Selbst in Zivilbekleidung hatte ein Offizier diese Wirkung auf die Bürger von el Was’a.
    »Gütiger Himmel, Nefret, was machst du denn hier?«
    Achtlos warf Percy die Zigarre fort und nahm seinen Fez ab. »Laßt euch zu eurer Sicherheit von mir begleiten.« »Ich fühle mich völlig sicher«, erwiderte Nefret. »Und ich weiß sehr wohl, was ich tue. Darf ich fragen, Leutnant, zu welchem Zweck du hierhergekommen bist? Die Bordelle auf der Wagh-el-Birka entsprechen doch eher dem englischen Geschmack.«
    Von einer Dame erwartete man, daß sie weder diesen Begriff kannte, noch daß sie über die sogenannten Annehmlichkeiten besagter Kairoer Etablissements informiert war. Percy lief puterrot an und blickte hilfesuchend zu Ramses, der sich krampfhaft das Lachen verkniff. »Ich sag’s ja! Da siehst du es, Ramses, es war ein Fehler, sie hierherzubringen … sie aufzuklären über … über

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