Amelia Peabody 11: Der Fluch des Falken
Eleganz und Schnelligkeit, die er während des Aufstiegs bewiesen hatte, als er plötzlich innehielt, schwankte und den Halt verlor. Taumelnd und schwankend ruderte er heftig mit den Armen, um die Balance zurückzugewinnen. Einmal befand sich sein Körper fast rechtwinklig zur Wand, und ich war mir sicher, daß er es nicht schaffen würde, doch unter Aufwendung aller Kräfte gelang es ihm, sich erneut vor die Oberfläche zu werfen, und dieser Aufprall weckte in mir die schlimmsten Befürchtungen hinsichtlich diverser Rippenbrüche.
Natürlich war ich bereits zu der Stelle gerannt, an der ich mit nichts anderem als seinem weiteren Aufprall gerechnet hatte. Ich fing an hochzuklettern und war kaum überrascht, Selim zu sehen, der abseits von der Gruppe gestanden hatte und jetzt neben mir den Aufstieg wagte.
Emerson stemmte sich gegen die unebene Oberfläche, er hatte mir den Rücken zugewandt, seine aufgeschürfte, blutende Hand umklammerte einen Mauervorsprung. Er wandte den Kopf und blickte nach unten.
»Verflucht, was macht ihr denn hier? Geh mir aus dem Weg, Selim, und zerr sie mit dir.«
»Zerren, wer?« schrie ich. Seine Schläfe mußte gegen einen Felsquader gestoßen sein. Blut klebte an seinem Haar und lief ihm über seine Wange.
»Wen«, korrigierte Emerson mit einem wütenden, aber immerhin wohltuend wirkenden Grinsen. »Um genau zu sein – dich, Peabody. Ein leichter Schlag auf den Schädel löst nicht zwangsläufig Amnesie aus. Hölle und Verdammnis«, fügte er hinzu, »die gesamte verfluchte Bande ist auf dem Weg nach oben.«
Das war schlichtweg Übertreibung; Maude war unten geblieben, rang die Hände und blökte wie ein Schaf. Emersons wüste Beschimpfungen ließen die jungen Männer schon nach kurzer Zeit innehalten; sie drehten um, Selim folgte ihnen, und Emerson schwang sich neben mich, um mir mit hilfreichen Gesten und Ratschlägen den Abstieg zu erleichtern. »Dieser Stein ist lose, tritt auf den nächsten … was zum Teufel hast du dir dabei eigentlich gedacht? … war schon fast unten … wenn ich gestürzt wäre, hatte ich euch beide mitgerissen. Dein Herz mag ja stark sein, obwohl ich das bezweifle, aber die Stärkste bist du deshalb noch lange nicht. Wie kannst du ein solches Wagnis unternehmen, du liebenswerte Idiotin?«
Letzteres war nur ein leises Murmeln, da wir den Boden erreicht hatten und von unseren entsetzten Begleitern umringt wurden. Maude kreischte auf und schlug die Hände vors Gesicht, als sie Emersons Kopf sah. Blutverschmiert, staubig und verschwitzt, bot dieser einen grauenvollen Anblick. Geoffrey legte schützend seinen Arm um das Mädchen.
»Ich habe Sie gewarnt, Sir«, rief er. »Im letzten Jahr wäre ich beinahe selbst auf diesem Stück gestürzt; der Hügel ist überaus instabil.«
»Das habe ich bemerkt«, erwiderte Emerson. »Trotzdem ist es mir gelungen.«
Daraufhin zog er eine große, ausgebleichte Tonscherbe aus seiner Jackentasche. Darauf befand sich eine Reihe mit schwarzer Farbe aufgemalter Hieroglyphen.
Miss Maudes fürsorglichen Vorschlag, uns in ihrem Haus zu stärken und medizinisch betreuen zu lassen, lehnten wir ab, da wir uns ohnehin schrecklich verspätet hatten. Das Wasser in meiner Flasche und meine kleine medizinische Ausrüstung reichten, um Emerson halbwegs wiederherzustellen. Er hatte zwar zahlreiche, aber glücklicherweise ungefährliche Kratzer und Hautabschürfungen davongetragen; Kopf- und Gesichtsverletzungen bluten immer sehr stark. Wir nahmen den direkten Weg zur Straßenbahnstation am Mena House, wo wir die Pferde Selims Obhut überließen und uns von unseren jungen Bekannten verabschiedeten. Jack Reynolds versicherte uns zum Abschied, daß sie uns mit dem größten Vergnügen bei den Ausgrabungen behilflich sein würden, da ihre offizielle Arbeit erst in einigen Wochen begann.
In Kairo angelangt, nahmen wir eine Droschke zum Hotel. Während der Fahrt nötigte ich Emerson die mitgebrachte Krawatte auf, glättete sein Haar mit meinem Taschenkamm und klopfte den Sand von seiner Jacke. Diese Aktivitäten nahm er mit stoischer Gelassenheit hin und meinte lediglich: »Willst du mir nicht auch noch gleich das Gesicht waschen und die Zähne putzen?«
Ich schüttelte den Kopf. »Ich habe mein Bestes versucht, Emerson, trotzdem befürchte ich, daß die Kinder, gelinde gesagt, schockiert sein werden. Du siehst grauenvoll aus.«
Die Kinder waren nicht die einzigen, die Emersons Erscheinungsbild mit Entsetzen quittierten. An allen Tischen
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