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Amelia Peabody 12: Der Donner des Ra

Titel: Amelia Peabody 12: Der Donner des Ra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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sein markantes Kinn.
    »Wer?«, stöhnte ich und blickte mich hektisch in der kleinen Zelle um.
    »Ich, vermutlich«, erwiderte Ramses. »Innerfamiliären Differenzen zufolge. Ich hatte mich schon gewundert –«
    »Versuche, nicht zu reden, Ramses!«, schrie ich. Keuchend stützte er sich auf Nefret und unter den blutenden Wunden war sein Gesicht aschfahl.
    »Das wäre vermutlich besser«, entgegnete Ramses schwer atmend. »Kantara ist lediglich ein Täuschungsmanöver. Der eigentliche Angriff wird zwischen Tussum und Serapeum stattfinden, gegen halb vier. Sie haben Pontons gestohlen, um den Suezkanal zu überbrücken. Zwei Infanterie-Brigaden und sechs Kanonen sollen die Stellung zwei Meilen nordöstlich von Serapeum halten –«
    »Um halb vier – heute?«, mischte sich der Offizier ein. »Es ist bereits nach Mitternacht. Zum Teufel, Mann, sind Sie sicher? Das Hauptquartier ist davon ausgegangen, dass der Angriff weiter nördlich stattfindet. Wir brauchen mindestens acht Stunden, um unsere Reservetruppen von Ismailija nach Serapeum zu bewegen.«
    »Dann fangen Sie am besten gleich damit an, oder?«, versetzte Ramses.
    »Hölle und Verdammnis«, brüllte Emerson. »Die einzige Truppe in der Nähe von Tussum ist die indische Infanterie und die meisten Soldaten sind Moslems. Wenn sie die Stellung nicht halten –«
    »Sie werden sie halten.« Ramses blickte zu dem Mann, dessen Kopf auf meinem Schoß ruhte. »Wie gesagt, hatte ich mich schon über Major Hamilton gewundert. Sein Vorschlag, mich am Leben zu lassen, war einfach zu unglaubwürdig. Doppelagent, überlegte ich – flehte ich, um genau zu sein –, aber mir ist nie der Gedanke gekommen, dass er …« Ihm versagte die Stimme. »… Onkel Sethos ist?«
    Emerson war blass geworden. »Sie waren der Junge im Schneetreiben. Meines Vaters …«
    »Das uneheliche Kind Ihres Vaters, ja«, flüsterte Sethos. »Ist Ihnen nie in den Sinn gekommen, warum ich Sie so hassen könnte? Ihr Anblick in jener Nacht, der junge Herr und Erbe, in Ihrer feinen Kutsche, während ich einer geschwächten Frau durch den Schneesturm half … Sie starb eine Woche später im Armenhaus und wurde in einem Armengrab beigesetzt.«
    »Sie hat dich geliebt«, sagte Emerson, und seine Stimme schnitt mir ins Herz. »Wenigstens blieb dir das. Das war mehr, als ich hatte.«
    »Ich gebe offen zu, dass mich das freut«, erwiderte Sethos mit festerer Stimme. »Du hattest alles andere. Wir sind uns ähnlicher, als du denkst, Bruderherz. Du hast deine Talente der Wissenschaft verschrieben, ich meine dem Verbrechen. Ich wurde dein düsteres Alter Ego, dein Rivale … Ich versuchte, sie dir wegzunehmen, Radcliffe; aber ich bin gescheitert, wie in allem anderen …«
    »Hör mir zu.« Emerson beugte sich vor. »Ich möchte, dass du das weißt. In jener Nacht habe ich versucht, dich zu finden. Nachdem meine Mutter mir offenbart hatte, was sie getan hatte, ging ich auf die Suche. Sie schickte mir zwei Diener nach, die mich zurückholten und in mein Zimmer sperrten. Falls ich irgendetwas zur Wiedergutmachung tun kann –«
    »Zu spät. Wie dem auch sei; alle Beteiligten würden es ein bisschen schwierig finden, sich an die neuen verwandtschaftlichen Beziehungen zu gewöhnen.«
    »Wirst du mir deine Hand reichen?«, meinte Emerson mit Grabesstimme.
    »Zum Zeichen der Vergebung? Es scheint so, als hätte ich weniger zu verzeihen als du.« Seine Hand bewegte sich fahrig. Emerson fasste sie. Langsam wanderten Sethos’ Augen über die Gesichter der anderen und kehrten dann, wie von einem Magneten angezogen, zu meinem zurück. »Ausgesprochen sentimental«, murmelte er. »Ich hätte nie gedacht, dass meine liebevolle Familie bei meinem Tod um mich versammelt ist … Hol das Licht näher heran, Radcliffe. Mein Blick ist getrübt und ich möchte ihr Gesicht deutlich sehen. Amelia, wirst du mir einen letzten Wunsch erfüllen? Ich möchte mit deinem Kuss auf den Lippen sterben. Das ist die einzige Belohnung, die ich für die Rettung eures Sohnes fordern kann, ganz zu schweigen vom Suezkanal.«
    Ich hob ihn in meinen Armen und küsste ihn. Für Augenblicke berührten seine Lippen mit verzweifelter Intensität die meinen; dann jagte ein Schauer durch seinen Körper, sein Kopf sank zurück. Sanft legte ich ihn zu Boden und faltete seine blutigen Hände über seiner Brust. »Geht, heißt die Truppen feuern«, murmelte ich. »Und tragt ihn wie einen Krieger auf die Bühne; denn er hätte, wäre er hinaufgelangt

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