American Gods
na ja, eines Tages hatte er ihn eben lila angemalt, und, haha, sie konnte nur hoffen, dass Mike Ainsel Lila mochte, mehr wollte sie dazu nicht sagen, und sie könne es ihm nicht verdenken, wenn er unter diesen Umständen nicht …
Polizeichef Mulligan hatte sich etwa in der Mitte dieser Litanei entschuldigt. »Sieht so aus, als würde man mich im Büro brauchen. War schön, Sie kennen zu lernen, Mike«, hatte er gesagt und dann Shadows Einkaufstüten zu Missy Gunthers Kombi getragen, wo er sie in den Kofferraum packte.
Missy fuhr mit Shadow zu ihrem Haus, auf dessen Auffahrt er einen älteren so genannten Off-Roader erblickte. Der windverwehte Schnee hatte die eine Hälfte in ein blendendes Weiß gebleicht, während die andere Hälfte in einem getröpfelten Lila lackiert war, das schön zu finden man nur dann in Erwägung ziehen konnte, wenn man sehr oft sehr stoned war.
Immerhin sprang der Wagen schon beim ersten Versuch an. Sogar die Heizung funktionierte, wenn es auch fast zehn Minuten dauerte, bis der Innenraum bei laufendem Motor und voll aufgedrehtem Gebläse nicht mehr unerträglich kalt, sondern nur noch kühl war. Unterdessen führte Missy Gunther Shadow in ihre Küche – entschuldigen Sie die Unordnung, aber die Kleinen lassen ihre Weihnachtsgeschenke immer überall rumliegen, aber sie habe einfach nicht das Herz, ob sie ihm wohl einen Rest Truthahn anbieten dürfe? Na gut, dann eben Kaffee, dauert keine Sekunde, eine frische Kanne aufzugießen – und Shadow nahm ein großes rotes Spielzeugauto von einem Fenstersitz und setzte sich, während Missy Gunther sich erkundigte, ob er seine Nachbarn schon kennen gelernt habe, worauf er gestehen musste, dass es dazu noch nicht gekommen sei.
Es gebe dort, so wurde er, während der Kaffee tröpfelte, unterrichtet, vier weitere Bewohner des Apartmenthauses – damals, als es noch das Pilsen-Haus war, lebten die Pilsens im Untergeschoss und vermieteten die zwei Wohnungen im ersten Stock, und ihre Wohnung also, die werde jetzt von zwei jungen Männern bewohnt, Mr. Holz und Mr. Neiman, die eigentlich ein Paar seien, und wenn sie Paar sage, Mr. Ainsel, Himmel, wir haben alle möglichen Leute hier, im Wald stehen eben verschiedene Baumsorten, obwohl diese Art Leute meistens doch eher in Madison oder den »Twin Cities«, Minneapolis und Saint Paul, lande, aber, ehrlich gesagt, darüber mache sich hier niemand weiter Gedanken. Sie sind den Winter über in Key West, kommen im April zurück, dann werde er sie schon kennen lernen. Was Lakeside betrifft, so ist es eine gute Stadt. So, und nebenan von Mr. Ainsel, da wohnen Marguerite Olsen und ihr kleiner Sohn, eine liebe Frau, eine wirklich liebe, liebe Frau, aber sie habe ein hartes Leben, trotzdem ganz, ganz lieb, und sie arbeite für die Lakeside News . Nicht gerade die aufregendste Zeitung der Welt, aber, um die Wahrheit zu sagen, sie, Missy Gunther, glaube, das sei genau das, was die meisten Leute in dieser Gegend von einer Zeitung erwarteten.
Ach, sagte sie und schenkte ihm Kaffee ein, sie wünsche nur, Mr. Ainsel könne die Stadt im Sommer sehen oder spät im Frühling, wenn der Flieder und die Äpfel- und die Kirschbäume blühten, ihrer Ansicht nach gebe es nichts Schöneres, und zwar nirgendwo auf der ganzen Welt.
Shadow leistete eine Anzahlung von fünfhundert Dollar, stieg dann ins Auto, legte den Rückwärtsgang ein und setzte aus ihrem Vorgarten heraus auf die eigentliche Auffahrt. Missy Gunther klopfte gegen die Windschutzscheibe. »Das hier ist für Sie«, sagte sie. »Hätte ich beinahe vergessen.« Sie gab ihm einen gelbbraunen Umschlag. »Ist nur so ein Gag. Wir haben sie vor einigen Jahren drucken lassen. Sie brauchen sich das jetzt aber nicht gleich anzusehen.«
Er bedankte sich und fuhr vorsichtig in die Stadt zurück. Er nahm die Straße, die um den See herumführte. Er fand es wirklich wünschenswert, ihn im Frühling sehen zu können, oder im Sommer, oder auch im Herbst: Er würde wunderschön sein, da hatte er keinen Zweifel.
In zehn Minuten war er zu Hause.
Er parkte das Auto unten an der Straße und stieg die Außentreppe zu seiner kalten Wohnung hinauf. Er packte die Einkäufe aus, stellte die Esswaren in die Regale und den Kühlschrank und öffnete anschließend den Umschlag, den Missy Gunther ihm gereicht hatte.
Er enthielt einen Pass. Eine blaue, biegsame Hülle und darin eine Erklärung, dass Michael Ainsel (sein Name in Missy Gunthers akkurater Handschrift geschrieben) ein Bürger
Weitere Kostenlose Bücher