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Amnion 2: Verbotenes Wissen

Amnion 2: Verbotenes Wissen

Titel: Amnion 2: Verbotenes Wissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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nachzuschauen. Während er mit den Amnion verhandelte und ihr Sohn auf Thanatos Minor zuraste, hielt sie sich dort auf und durchsuchte sie mit äußerster Sorgfalt nach seinem Bestand des Medikaments, das ihn gegen die Amnion-Mutagene immunisierte.
    Aber man fing sie erst später wieder ein, als sie den Versuch unternahm, sich in einer der Kosmokapseln zu verbergen.
    In wortloser Erbitterung legte Mikka ihr Handschellen an, während Liete die Brücke anrief, um Meldung zu machen.
    »Schafft sie ins Krankenrevier«, fauchte Nick, als ob er Säure versprühte. »Legt sie schlafen. Ich habe keine Zeit, um mich mit ihr zu befassen, bevor wir auf Reede sind. Und nehmt ihr das gottverdammte Zonenimplantat-Kontrollgerät ab.«
    Morn zuckte nur die Achseln, als hätte sie inzwischen das Sterben erlernt. Sie begegnete ihrem Verhängnis mit stoischer Miene und leistete keinen Widerstand, während Mikka und Liete sie zum Krankenrevier schleppten, auf einer Polsterliege ausstreckten und ihr Kat in die Venen spritzten.

 
ANGUS
     
     
    Seit Angus wußte, was sein Ziel sein sollte, fiel das Warten ihm schwerer. Von hier wollte er nichts als fort: weg aus den keimfreien Räumen und Fluren des Chirurgischen Trakts der VMKP-Abteilung DA; weg von Ärzten und Technikern, Therapeuten und Programmierern, die vortäuschten, wenn sie an ihm herumspielten, sie hätten dafür wichtige berufliche Gründe. Die Vorstellung, nach Thanatos Minor geschickt zu werden, hatte auf ihn eine ähnliche Wirkung wie ein Versprechen der Flucht. Und der Gedanke, im Fernraum mit niemandem, der ihn quälen könnte, unterwegs zu sein – außer Milos Taverner –, rief bei ihm ein mit Hoffnung vergleichbares Gefühl hervor.
    Bringt die Sache hinter uns, fuhr er Hashi Lebwohls Personal an, obwohl es nicht hören konnte, was er in der Stille seines Bewußtseins wetterte. Laßt mich endlich hier raus!
    Das Personal mißachtete seine Ungeduld und erledigte seine Tätigkeit mit peinlichster Genauigkeit. Theoretisch hatte es über ihn vollkommene Macht. Der Computer zwischen seinen Schulterblättern hatte ihn völlig in der Gewalt. Trotzdem arbeitete man daran, über Angus’ theoretische Unterwerfung hinaus auch seine praktische Unterordnung zu sichern; zu garantieren, daß jede Hoffnung, die er sich womöglich machte, Illusion blieb.
    Also unterzog man ihn stundenlang schlichten Rückkopplungstests; zum Beispiel, um Unterschiede in seinen Reaktionen auf die Befehle »Lauf!« und »Lauf, Josua!« zu messen. Wenn man ihm »Lauf!« befahl, konnte er wählen, ob er gehorchen wollte, oder nicht; hieß es »Lauf, Josua!«, mußte er, getrieben durch die Kontrolle des Computers über seine Z-Implantate, wohl oder übel laufen. Dabei maßen die ihm implantierten Neurosensoren und Computerverknüpfungen den Grad seines Gehorsams oder Widerwillens und ermöglichten eine Verbesserung seiner Programmierung.
    Weitere Tests erfolgten nicht durch äußere Instruktion, sondern direkt durch seinen Computer, der ihm durch die internen Schnittstellen anspruchsvolle körperliche und geistige Aufgaben stellte; und jede Einzelheit seiner Reaktionen trug zur Vervollkommnung der Programmierung bei.
    Wieder andere Tests bestanden darin, ihm extern verbindliche Befehle zu geben, die gegen seine aufgezwungenen inneren Gebote verstießen. »Josua, brich mir den Arm.« Weil er bis ins Innerste seines Wesens Wut empfand, bemühte Angus sich redlich ums Ausführen der Anweisung; er hätte gerne jemandem ein wenig Schmerz zugefügt. Aber sein Computer sagte nein, und darum blieb seine ärgste Wildheit ergebnislos. Er konnte keiner Person etwas antun, die in seiner Programmierung erfaßt war als VMKP-Mitarbeiter.
    Unter solchen Bedingungen hatte die Konzeption der Hoffnung keinerlei Bedeutung. Angus war ein Werkzeug, mehr nicht: eine ausgefeilt raffinierte organische Verlängerung eines elektronischen Geräts. Solang er lebte, würde er nie wieder eine wichtige Entscheidung in eigenen Belangen treffen.
    Hätte er einen Hang zur Verzweiflung gehabt, er wäre ihm bestimmt erlegen – und hätte mit einer derartigen Selbstaufgabe nichts erreicht. Weder seine Programmierung noch seine Programmierer scherten sich um seine emotionale Verfassung. Suizid stand ihm so wenig frei wie Flucht oder Ungehorsam. Ganz gleich, wie sehr ihm danach hätte zumute werden können, sich einfach hinzulegen und zu sterben, es wäre ihm von seinem Computer nicht gestattet worden.
    Aber Angus neigte nicht zum Verzweifeln.

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