Amnion 2: Verbotenes Wissen
Maschinenwaffen klang, überprüfte die Apparaturen und Dateninformationen. Etwas langsamer, ihrer Sache weniger sicher, machte sich auch Verone an die Arbeit.
Nick konnte sich nicht mehr beherrschen. »Gottverdammt noch mal!« brüllte er. »Ich will eure Statusmeldungen haben!«
Carmel drosch die Faust auf die Seite ihrer Kontrollkonsole, schwenkte ihren Sitz und drehte sich Nick zu. »Meine Funktionen sind gelöscht«, erteilte sie mit harter Stimme Auskunft. »Wir sind noch zum Orten imstande, können aber nichts mehr identifizieren.«
Sie brauchte nicht zu erläutern, daß Scanning ohne spektrografische Sternenanalysen, ohne die Möglichkeit zum Kompensieren der Dopplereffekt-Verschiebungen, ohne irgendwelche Mittel zum Ausfiltern interstellarer Schemen und Schatten, ohne die umfangreichen Datensammlungen, die die diversen Echos der Raumschiffe und Planeten, Asteroidengürtel und Solarwinde differenzieren konnten, keinerlei Nutzen hatte.
»Bei mir ist es das gleiche«, sagte Malda in gepreßtem Ton. »Ich kann nicht mal noch Simulationsprogramme laden.«
»Mackern…« Nick stellte keine Frage. »Du hast die Sicherstellungsdateien.«
Die Konzentration trieb dem neuen Hauptoperator der Datensysteme Schweiß auf die Stirn. Seine Stimme klang, als seien seine Nerven vollständig zerrüttet. »Ja, hab ich.«
»Wiederherstellung vornehmen!« ordnete Nick an. »Zuerst Scanning, dann Zielerfassung.«
Morn schüttelte den Kopf. Nicht gut genug. Ihr Kopf ruhte so leicht auf ihren Schultern, daß sie ihn ohne jede Mühe schütteln konnte. Auch wenn die Wiederherstellung der integrierten Programme zustande kam, behob sie kein Problem, klärte sie nichts.
Außer das Virus hatte sich selbst mitgelöscht.
Daran jedoch glaubte Morn nicht.
Was Nick tat, konnte die Schwierigkeiten höchstens verschlimmern.
Aber niemand erfragte Morns Meinung.
Doch anscheinend verliefen Mikkas Gedankengänge ähnlich. Sie wiederholte Carmels vorhin geäußerten Einwand. »Das geht auch durch dein Kontrollpult. Es könnte sein, daß uns diesmal das Datenbanksystem abhanden kommt.«
Fiebrig glitzerte Nicks Blick sie an. »Hast du bessere Einfälle?« fragte er mit gefährlicher Ruhe. »Oder möchtest du lieber blind und wehrlos durch All trudeln?«
»Nein.« Mikka gab nicht nach. »Ich glaube bloß, wir brauchen die Sache nicht derartig zu überstürzen. Scanning und Zielerfassung können wir schon abschreiben. Wenn wir die Kapazität zur Datenanalyse auch verlieren, sind wir endgültig erledigt.«
Nochmals schüttelte Morn den Kopf.
Für einen Moment erweckte Nick den Eindruck, als reizte Mikka ihn zu einem Wutausbruch. Er zeigte die Zähne, seine Narben schwollen, als wären sie entzündet. Seine Prellungen quollen auf. Die Käptens Liebchen stand unter Attacke: Orn hatte ihn angegriffen. Nick hatte das lebhafte Bedürfnis, sein Raumschiff zu verteidigen.
Aber sein Raumschiff brauchte die Menschen, die an Bord arbeiteten; er brauchte seine Besatzung. Statt in einen Wutanfall auszubrechen, hüllte er sich in einen Mantel der Gelassenheit.
»Sie ist nicht der Ansicht«, antwortete er, indem er in Morns Richtung nickte, »daß wir erledigt sind.« Sein Tonfall klang ebenso liebenswürdig wie unheilvoll.
Er wandte sich wieder Mackern zu.
»Worauf wartest du?«
Schweiß rann Mackern übers Gesicht; er troff ihm vom Kinn auf Hände und Kontrollkonsole. Er versuchte, sich an der Schulter die Augen auszuwischen. »Es dauert halt ’n Momentchen.« Seine Finger zitterten über der Tastatur. »Ich muß die Daten erst markieren und Übertragungswege für sie festlegen.« Schwächlich piepste seine Stimme. »Ich habe so was«, fügte er hinzu, »noch nie gemacht.«
»Und wie, zum Henker«, stellte Carmel eine rhetorische Frage, »bist du an Bord dieses Raumschiffs Hauptoperator der Datensysteme geworden?«
Nicks Narbengesicht feixte. »Durch Einarbeitung. So klappt’s am besten.«
Mackern gab keine Antwort.
Morn dachte, innerlich von der Spannung ringsherum gänzlich losgelöst, über ihre Situation nach. Die Gefährdung der Käptens Liebchen berührte sie nicht mehr; jedenfalls nicht im unmittelbaren Sinn. Aus irgendeinem Grund hatte sie vorher nicht erkannt, daß sie das Virusproblem ausräumen konnte. Vielleicht hatten Orn und all die Gewalt sie durcheinandergebracht; oder die Tatsache ihrer Schwangerschaft. Jetzt jedoch wußte sie, daß sie die Lösung greifbar hatte.
Sie gehörte der VMKP an. Sie hatte noch ihre Id-Plakette
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