Amon: Mein Großvater hätte mich erschossen (German Edition)
Pemper traf sich heimlich mit Oskar Schindler. Schon früh habe er in Schindler den Retter gesehen, sagte Pemper später: «Niemand außer Schindler zeigte Interesse an unserem Schicksal.»
Das Lager Płaszów wurde bis Herbst 1943 als Arbeitslager geführt. Dann entschied die SS -Verwaltung, die letzten Zwangsarbeitslager in Konzentrationslager umzuwandeln. Gleichzeitig wurden immer mehr polnische Lager, in denen keine «kriegswichtigen oder siegentscheidenden» Güter hergestellt wurden, aufgelöst und die Häftlinge umgebracht.
Darum fasste Mietek Pemper einen Plan: Er wollte erreichen, dass Płaszów den formellen Status eines Konzentrationslagers erhielt: «Denn die Konzentrationslager werden mit Sicherheit bis zum Ende des Krieges bestehen bleiben», so Pemper. Oskar Schindler behauptete, er könne nicht mehr nur Töpfe und Pfannen, sondern auch Granatenteile herstellen. Amon Göth war ebenfalls daran interessiert, «sein» Lager zu erhalten. Er legte seinen Vorgesetzten von Mietek Pemper manipulierte Listen über die Produktion kriegswichtiger Güter vor. Tatsächlich wurde Płaszów offiziell ab dem Januar 1944 als Konzentrationslager betrieben. Die Häftlinge wurden neu registriert und erhielten andere Kleidung. Neue SS -Aufseher trafen ein, Amon Göth wurde strenger kontrolliert. Sein Schreiber Mietek Pemper berichtete in seinen Memoiren, dass Göth nun schriftliche Genehmigungen aus Berlin einholen sollte, um Häftlinge zu quälen: «Im Vordruck wurde die beantragte Zahl der Peitschenhiebe auf das entblößte Gesäß genannt», beschrieb Pemper ein Beispiel für die Bürokratie der Folter in dieser Zeit. Auch Wirtschaftsprüfer kamen nun öfter zur Inspektion.
Amon Göth sah sich in anderen Konzentrationslagern um und kehrte mit neuen Ideen zurück, die er aber nicht mehr in die Tat umsetzte, zum Beispiel die Häftlinge zu tätowieren oder ein Bordell für besonders fleißige Lagerinsassen einzurichten.
Mitte 1944 stand das Lager Płaszów vor der Auflösung: Die Wehrmacht war auf dem Rückzug, die Rote Armee eroberte Polen. Im Sommer 1944 führten Sondereinheiten der SS in Płaszów eine sogenannte «Enterdungsaktion» durch: Spuren sollten verwischt, die Massengräber mit den Opfern der Räumungsaktion im Krakauer Ghetto und anderer Morde geöffnet und alle Leichen verbrannt werden. Wochenlang lag über dem Lager ein unerträglicher Geruch, Lastwagen brachten die Asche weg.
Emilie Schindler berichtete, dass ihr Mann Oskar im August 1944 in Sorge um seine Arbeiter gewesen sei, weil Amon Göth beschlossen habe, das Lager Płaszów zu schließen und alle Häftlinge nach Auschwitz zu schicken.
Oskar Schindler hatte zu diesem Zeitpunkt einen Rüstungsbetrieb in Brünnlitz nahe seiner Heimatstadt Zwittau in Aussicht: Dorthin, in Sicherheit, wollte er seine Arbeiter bringen. Emilie Schindler beschrieb, dass ihr Mann Amon Göth immer wieder teure Geschenke überreichte. Am Ende, so heißt es in vielen Quellen, hätten sich die beiden Männer wohl auf einen «Handel» geeinigt: Amon Göth half Schindler, «seine» Juden nach Brünnlitz zu bringen; Oskar Schindler half Göth, einen Teil seines Vermögens wegzuschaffen. Letztlich stimmten aber auch höhergestellte SS -Leute dem Transport der «Schindler-Juden» nach Brünnlitz zu.
Auf der Liste der Menschen, die überleben durften, standen rund 800 Männer und 300 Frauen. Wer unter welchen Umständen auf diese lebensrettende Liste kam, ist nicht bis ins Letzte geklärt. Fest steht, dass ein jüdischer KZ -Häftling, Marcel Goldberg, sich von Lagerinsassen bestechen ließ und gegen Wertsachen Namen auf der Liste austauschte.
Nach dem Krieg blieb Oskar Schindler erfolglos. Einige Juden, die ihm ihr Überleben verdankten, unterstützten ihn finanziell. Schindler wurde für seine Rettung von über 1000 Juden in der israelischen Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem geehrt. 1974 starb er und wurde in Jerusalem begraben.
Es gibt viele Spekulationen darüber, was Schindler antrieb, aus welchen Motiven er die Juden rettete. Mietek Pemper resümiert zur Person Oskar Schindlers: «Er, der weder vor noch nach dem Krieg etwas Besonderes vorweisen konnte, führte zusammen mit seiner Frau eine Rettungsaktion durch, der heute, verstreut über die ganze Welt, … mit Kindern und Enkelkindern über sechstausend Menschen direkt oder indirekt ihr Leben verdanken. Das ist das Wesentliche. Alles andere ist unwichtig.»
Oskar Schindler ( 2 . v. l.) mit einigen seiner
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