Amore macchiato: Roman (German Edition)
zurück zum Auto spazieren.
»Den Eindruck habe ich auch«, stimme ich fröhlich zu. Ich schöpfe wieder Hoffnung. »Nun haben wir am Wochenende erst mal einen Haufen Schreibarbeit mit den Restanträgen, die wir Signora Alberti zurückbringen müssen, und dann sehen wir weiter.«
Wir haben den Wagen erreicht.
Paula klopft an die Scheibe der Fahrertür, um Enzo zu wecken, der mal wieder eingeschlafen ist. Er schreckt auf und entriegelt das Auto. Wir steigen ein.
»Was ist das eigentlich für ein Päckchen?«, fragt Paula, greift zur Fußmatte und zieht, ehe ich sie aufhalten kann, ein halb unter den Vordersitz gerutschtes, in Zeitungspapier eingewickeltes Bündel hervor. »Ihh!«, schreit sie, als ihr eine meiner schafverdreckten Sandalen von gestern auf den Schoß fällt. »Sind das deine? Was hast du denn mit denen gemacht?«, fragt sie angewidert.
»Das ist Schafkacke, und ich möchte nicht darüber reden«, sage ich bestimmt, nehme ihr das Päckchen aus der Hand und wickele die Sandale wieder in das Papier ein. »Das ist ein Erinnerungsstück an den schrecklichsten Moment in meinem Leben. Aber damit meine ich nicht die Schuhe.«
»Ach, das war gestern, als du auf das leere Gelände gekommen bist?«, fragt Paula.
Ich nicke.
»Das würde ich übrigens gerne mal live sehen. Könnten wir da eben hinfahren?«
Ich blicke auf die Uhr. Es ist kurz vor fünf.
»Jaaa«, antworte ich zögernd, »könnten wir. Oder aber …« Ich habe noch eine andere Idee und wende mich nach vorne an unseren Fahrer, der ungerührt dreinblickend und mit beiden Händen am Lenkrad auf unsere Marschrichtungsangabe wartet. »Wie lange fährt man von hier nach Siniscola, Enzo?«, frage ich.
»Nach Siniscola? Oh, signora , da brauchen wir von hier oben fast zwei Stunden.«
»Ach so, das ist für heute zu spät«, antwortet ich. »Okay, dann fahren Sie uns jetzt bitte zu dem Gelände, wo wir beide gestern früh waren.«
»Siniscola?«, fragt Paula. «Was ist das?«
»Ein Ort weiter im Süden«, sage ich ausweichend.
»Und was willst du da?«
»Ich möchte im Rathaus etwas fragen.«
»Noch ein Rathaus? Wozu?«
»Nichts, was mit dem Projekt zu tun hat«, weiche ich aus. »Es ist eher … privat.«
»Ein privater Rathausbesuch in einem sardischen Kaff. Wie nett«, spottet Paula und nestelt an ihrem Sicherheitsgurt herum. »Als wenn du nicht gerade Besseres zu tun hättest.« Sie mustert mich auffordernd.
»Es ist mir eben wichtig«, beharre ich.
»Ein wichtiger privater Rathausbesuch auch noch«, bohrt Paula fröhlich weiter, und ich merke, dass ich rot werde.
»Ist ja schon gut«, lässt sie endlich von mir ab. »Jetzt zeig mir erst mal unsere Neuwagen-Schafweide.«
7.
Siniscola ist ein kleiner, geschäftiger Ort im Herzen der Baronia, einer Landschaft in der oberen Nordhälfte der Insel. Eigentlich kein wirklich schönes Städtchen, trotzdem fühle ich mich inmitten des montagmorgendlichen Trubels auf den Straßen sofort wie zu Hause.
»Wir sind jeden Moment da, signorina «, informiert mich Enzo.
Er konzentriert sich mal wieder gefährlich lange auf die Anzeige seines elektronischen Wegweisers und überfährt zu meinem grenzenlosen Erstaunen einen Zebrastreifen, an dem eine Mutter mit Kinderwagen steht und wartet.
»Ist schon gut, schon gut«, rufe ich eilig. »Ich möchte den Rest des Weges gerne laufen. Bitte lassen Sie mich hier am Straßenrand raus.«
Erstens kann Enzo dann keinen Schaden anrichten, und zweitens möchte ich in diesem ehrlichen Arbeiterort nicht in einer Limousine samt Chauffeur eintrudeln. Lieber mische ich mich für einen Moment unter das Treiben der Kleinstadt.
Zu Fuß schlendere ich also zum Rathaus oder eher in die Richtung, in der Enzo das Rathaus vermutet hat, und denke über die letzten beiden Tage nach. Den ganzen Samstag über haben Paula und ich auf Hochtouren über den Anträgen gebrütet. Am Spätnachmittag rief dann Bräunlich an, der endlich meine Mail vom Vorabend gelesen hatte. Fast wäre ich über sein Portiönchen Wochenendarbeit beeindruckt gewesen, wäre das Telefonat nicht so schauderhaft verlaufen.
»Was hat Ihre Mail zu bedeuten?«, motzte er zur Begrüßung, wie gewohnt leicht cholerisch, wenn ihm der Hintern auf Grundeis zu gehen droht.
Etwas konkreter als in meiner vagen Nachricht schilderte ich ihm die Sachlage.
»Das bringen Sie mir wieder in Ordnuuung!«, unterbrach er mich lautstark mitten im Satz, als ich gerade zur Beschreibung der Lösungswege ansetzte. »Ja,
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