Amore macchiato: Roman (German Edition)
Motorroller.«
»Mit zwei Rädern?«, lacht er. »Vielleicht kann ich den Kreis nun auf zwanzig Personen eingrenzen.«
Jetzt werde ich ungeduldig.
»Und die wollen alle Geologen sein? Dunque – also, es ist so«, schlage ich einen verbindlicheren Ton an, »ich habe vorgestern am Spätnachmittag einen Ihrer Kollegen am Strand von Golfo Aranci getroffen. Er hat dort Wasserproben entnommen und mir gesagt, dass er Geologe in Siniscola sei. Er hat dort etwas verloren, das ich ihm gerne wiedergeben möchte.«
» Ho capito – ich verstehe«, nickt mein Gegenüber und blickt mich nun einen Hauch verständnisvoller an. »Was hat er denn verloren?«
»Sein Taschenmesser.«
Der Mann greift zum Hörer und drückt drei Tasten. » Salve , Massimo hier, kannst du bitte mal bei dir im Büro rumfragen, ob jemand von euch vorgestern sein Taschenmesser am Strand von Golfo Aranci verloren hat? … Ja, ich warte …«
Der Mann presst den Hörer ans Ohr und lächelt mich aufmunternd an. Vielleicht findet er mich jetzt nicht mehr total doof.
»Ah, Riccardo? Ach ja? Okay, komm rüber. Hier ist eine Dame, die es offenbar gefunden hat.« Er legt auf. »Da scheint sich aber gerade jemand zu freuen«, sagt er.
Da wird auch schon die Bürotür aufgerissen. Der halb ertrunkene Taucher steht im Türrahmen.
Mir geht unwillkürlich ein Blitz durch den Bauch. Himmel, sieht der Kerl gut aus.
»Guten Morgen, signorina . Wie schön, Sie … so wiederzusehen.«
So voll angezogen, würde ich am liebsten sagen, verkneife es mir aber. Stattdessen wühle ich in meiner Tasche, hole das Klappmesser hervor und reiche es ihm.
»Gehört das Ihnen?«
Als würde man einem frischgebackenen Vater sein Neugeborenes in den Arm legen, nimmt er das Messer mit beiden Händen entgegen und klappt es gerührt auf und zu.
»Ja, das ist meins.« Er klingt geradezu erlöst. »Wo lag es denn?«
»Mitten auf dem Sandweg auf der Strecke zur Hauptstraße.«
Ich habe dich wie ein Spion beobachtet und daher gesehen, wie du mit dem Roller auf der Stelle ins Rutschen gekommen bist, füge ich in Gedanken hinzu.
»Ich habe es auf dem Weg nach Hause dort liegen sehen und mir gedacht, es könnte vielleicht Ihnen gehören«, sage ich.
»Warum entnimmst du bei Golfo Aranci Meerwasserproben?«, mischt sich Massimo in unser Gespräch ein.
»Was mache ich?«, fragt Riccardo zurück.
»Die Dame sagte, sie habe dich getroffen, als du dort Wasserproben entnommen hast.«
»Ach so!« Riccardo schaut zu mir rüber wie ein aufgeschrecktes Huhn. »Das war … das war roba privata – eine private Angelegenheit …« Seine Wangen röten sich etwas.
Süß sieht er aus.
»Hm, Wasserproben. Eine private Angelegenheit. Du machst echt komische Sachen in deiner Freizeit«, gibt sich sein Kollege offenbar geschlagen.
Schnell wendet sich Riccardo nun mir zu. » Signorina , darf ich Sie zum Dank auf einen Espresso einladen?«, fragt er.
»Gerne«, freue ich mich.
» Torno subito – bin gleich wieder da«, informiert er Massimo und hält mir die Tür auf.
Was die Kollegen bei mir im Unternehmen wohl sagen würden, wenn ich einfach mal auf einen Kaffee aus der Firma ginge? Anscheinend ist das hier die normalste Sache der Welt.
Massimo winkt nur zum Abschied und wendet sich wieder seinem Rechner zu.
Nun stehen wir beide alleine auf dem Gang.
»Übrigens«, beginnt er, »darf ich mich vorstellen? Ich heiße Riccardo Pittu.«
»Annika Herrmann, piacere – angenehm.«
Ebenso angenehm warm ist seine Hand, die er mir hinhält.
»Annika, ich freue mich sehr. Steht Ihnen gut, Ihre Kleidung.«
Ich gucke ihn tadelnd an und verziehe den Mund. »Haha«, sage ich.
Zehn Minuten später bin ich wieder in der Bar, in der ich bereits vor einer halben Stunde mit den pensionierten Handwerkern stand. Dieses Mal sitze ich jedoch an einem Plastiktischchen vor der Tür und blicke auf eine zubetonierte dreieckige Piazza, auf deren Minibeet ein paar Frühlingsblumen versuchen, der prallen Sonne zu trotzen.
Riccardo kommt aus der Bar und balanciert ein Tablett vor sich.
»Ich dachte mir, auf einen Espresso ist es schon zu spät und wir nehmen einen aperitivo , so kurz vor dem Mittagessen«, sagt er.
Er stellt zwei Fläschchen mit knallig rotem Sanbitter, dazu Chips und Oliven vor mir ab. Er setzt sich neben mich und schenkt uns ein. Dann reicht er mir ein Glas.
»Auf mein Taschenmesser, Annika. Ich bin dir unendlich dankbar.« Ganz unauffällig ist er zum Du übergegangen. »Dieses Messer ist
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