Amore macchiato: Roman (German Edition)
jedenfalls behaupten sie ernsthaft, sie hätten von alledem nichts mitbekommen.«
»Rufen Sie sofort die Polizei, Herr Pittalis«, trete ich mit meiner ersten konstruktiven Idee des Tages auf den Plan, »ich bin in spätestens einer halben Stunde da.«
Als Erstes rufe ich Paula an, ihr Handy ist jedoch abgeschaltet. Cleveres Fräulein, die gönnt sich ihren Schlaf. Also wähle ich die Nummer der Rezeption, um mich in ihr Zimmer durchstellen zu lassen.
»Die Leitung ist besetzt, signora «, erklärt mir die Dame am Empfang, » mi dispiace – tut mir leid.«
»Ja, mir auch.« Ich ärgere mich, dass Paula auf die Idee kommt, nachts den Hörer ihres Festnetzapparates danebenzulegen. Sicherlich die Berufserfahrung einer gebeutelten Eventmanagerin, die es versteht, Prioritäten zu setzen. Soll ich jetzt in ihren Zimmertrakt hinüberlaufen und an die Tür wummern, bis auch alle anderen Hotelgäste wach sind? Oder wen könnte ich sonst um Unterstützung bitten?
Da kommt mir eine Idee. Warum auch nicht?
Schon beim zweiten Klingeln ist er dran und klingt sogar hellwach.
»Ich bin in zehn Minuten unten in der Lobby«, antwortet er knapp, nachdem ich ihm kurz die Sachlage zusammengestottert habe.
»Danke, Markus«, sage ich, »bis gleich.«
Das Eventgelände, auf dem in nur wenigen Stunden eine der wichtigsten Neuwagenpräsentationen unserer Firmengeschichte starten soll, sieht aus, als hätte eine Bombe eingeschlagen.
Umgestürzte Pflanzenkübel mit den mickrigen Resten jahrzehntealter und nebenbei horrend teurer Oliven- und Zitrusbäume, an denen sich ohne Zweifel eine Horde Wiederkäuer vergangen hat, und dazu deren Stoffwechselendprodukte, so weit das Auge reicht.
Das Pressezelt gleich vorne rechts auf dem Gelände wurde mit einem gezielten vertikalen Schnitt aufgeschlitzt, danach hat der starke Wind sein Übriges getan, um den Riss weiter voranzutreiben. Nun schlackert das Zelt wie ein lädiertes Segel auf dem offenen Meer. Eine Gruppe Arbeiter ist dabei, die sich wie Wimpel im Sturm gebärdenden Tücher zu fassen zu bekommen und festzuzurren, bevor die gesamte Konstruktion davongeweht wird.
Hinter einem davor positionierten Dakar mit schlammverschmierten Scheiben schießt Pittalis hervor und stürzt auf Markus und mich zu. Er wirkt derart aufgelöst, dass ich ihn am liebsten in den Arm genommen hätte, obwohl wir beide im selben vollgekackten Boot sitzen.
» Signorina, signorina Herrmann«, ruft er verzweifelt, » è terribile – es ist einfach schrecklich. Glauben Sie mir, wir versuchen alles, was in unserer Macht steht, um das hier wieder in Ordnung zu bringen.«
»Was ist denn genau passiert?«, unterbricht ihn Markus, ganz Manager und jederzeit Herr der Lage.
Pittalis schaut den ihm unbekannten Markus kurz an und dann wieder zu mir. »Kurz nach vier hat mich ein Mitarbeiter angerufen, der mit dem Bäcker verwandt ist, der heute früh das Gebäck anliefern sollte«, erzählt er. »Der Bäcker hat ihm berichtet, es sei so etwas wie ein Tornado über das Gelände hinweggezogen, aber weit und breit kein Mensch zu sehen. Ich bin natürlich sofort losgefahren. Als ich ankam, standen die Wachleute tatenlos herum und erklärten mir, sie hätten von diesem Überfall nichts bemerkt.«
»Wo sind die Männer jetzt?«, will ich wissen.
Pittalis wedelt mit der Hand in eine unbestimmte Richtung. »Keine Ahnung«, sagt er schulterzuckend, »ich konnte mich nicht weiter um diese nutzlosen Verbrecher kümmern, sondern musste meine Leute zusammentrommeln. Per mettere a posto – um hier aufzuräumen. Alles werden wir bis zum späten Vormittag nicht ersetzen können, aber …«
Er wird durch den ohrenbetäubenden Sirenenlärm eines anfahrenden Polizeiautos unterbrochen, das mit Blaulicht und quietschenden Reifen direkt neben uns zum Stehen kommt.
Trotz allem Desaster muss ich innerlich darüber lachen, dass die polizia , wenn die Welt noch schläft, mit Alarm durch die menschenleere Gegend rast und höchstens von ein paar Kaninchen auf dem Weg aufgehalten werden könnte.
Zwei Polizeibeamte in blassblauer Uniform steigen aus und kommen auf uns zu.
»Guten Morgen«, begrüßt uns der ältere der beiden und blickt sich auf dem demolierten Feld um. »Hier ist ein … Einbruch passiert?«
Pittalis wiederholt die ihm bekannte Version der Geschichte.
Der Mann zückt seinen Block. »Sind auch Dinge gestohlen worden oder wurde hier nur randaliert?«, fragt er.
»Das wissen wir derzeit noch nicht«, kommt mir Markus mit
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