Amore macchiato: Roman (German Edition)
energisch auf den Boden schlägt, sodass der Asphalt unter uns knallt.
Erneut zucke ich verschreckt zusammen. »Signor Antonio …«, setze ich hilflos an.
»Runter von meinem Gelände!«, donnert es brüllend. Erneut schlägt er den Stock auf. »Weg mit dir«, brüllt er weiter, »verlasse sofort meinen Hof!«
Wie auf der Flucht drehe ich mich um und renne stolpernd und schnaufend davon. Als ich das Auto erreiche, drücke ich wild auf dem Schlüssel herum, um es zu entriegeln. Erst springt der Kofferraum auf, dann blinken alle Lichter. In Panik reiße ich an der Fahrertür herum, die schließlich nachgibt. Ich stecke den Schlüssel ins Zündschloss, fahre im zweiten Gang holpernd an, Kies knirscht unter den Rädern, endlich gewinne ich an Boden. So schnell ich kann, rase ich vom Hof.
Wie vom Teufel gejagt, heize ich die Serpentinenstraße herunter und schluchze verzweifelt vor mich hin. Was in Gottes Namen habe ich falsch gemacht? Was ist denn nur Schlimmes passiert, ohne dass ich davon etwas mitbekommen habe? Habe ich seine Großeltern beleidigt? Habe ich ihm wehgetan? Seine Verwandtschaft brüskiert? Was ist bloß geschehen?
Wie von Sinnen steuere ich den Wagen rechts, links, rechts durch die engen Kurven des Gebirges von Nuoro hinab, unfähig zu denken. Ein-, zweimal kommt mir ein Auto entgegen, dem ich im letzten Moment unter dem Hupkonzert meines Gegenübers ausweichen kann. Irgendwann dringt ein Klingelgeräusch, das mich irgendwie schon seit Minuten begleitet, bis in mein Gehirn vor.
Der Kofferraum ist offen.
Das Warnsignal, das seit meiner Abfahrt von Riccardos Hof ertönt, habe ich noch nicht mal wahrgenommen. Ich halte ein paar hundert Meter weiter in einer Parkbucht an, steige aus und schlage die Kofferraumklappe mit einem heftigen Schwung zu. Ich blicke mich um und habe das Gefühl, zum ersten Mal in den letzten zehn Minuten wieder Luft zu holen. Ich atme noch mal.
Das war mein Fehler.
Die Tränen des Schocks und der Enttäuschung schießen nur so aus mir heraus. Ich setze mich ins Gras, schlinge die Arme um die Knie und weine hemmungslos.
»Das kann doch nicht wahr sein!«, ruft Paula aufgeregt und läuft im Zimmer auf und ab. »Das glaube ich einfach nicht.«
»So ist es aber«, sage ich tonlos, kauere mich noch mehr auf ihrem Hotelbett zusammen und ziehe die Wolldecke enger um die Schultern. »Es war exakt so, wie ich es dir gerade erzählt habe.«
»Was hat die denn gestochen? Hast du denen das Tafelsilber geklaut, oder was?«, schimpft Paula weiter.
Ich zucke mit den Schultern. »Ich wünschte, das hätte ich«, sage ich, »dann wüsste ich jetzt wenigstens, warum sie so megawütend auf mich sind. So etwas ist mir echt noch nie passiert, dass man mich«, wieder kommen mir die Tränen, »wie einen räudigen Hund vom Hof jagt.« Ich weine leise.
»Klingt wirklich nach einer Geschichte wie bei erzkonservativen Moslems.« Paula lässt sich neben mich aufs Bett fallen und streicht mir über den Rücken. »Vielleicht haben sie herausgefunden, dass du keine Jungfrau mehr bist.«
»Sehr witzig«, schnaube ich. »Apropos, bist du schwanger? Hast du einen Test gemacht?«
»Die Apotheken hatten schon zu«, wiegelt sie resolut ab. Fehlt nur noch, dass sie ein »Papperlapapp« an die Info zu dem en passant gebrochenen Versprechen anhängt. Wahrscheinlich ist die Angst vor dem Ergebnis zu groß.
»Damit sind wir ja beide weiterhin in völliger Unklarheit über unser Leben«, fasse ich dramatisch zusammen. Dann werfe ich den Kopf aufs Bett und fange wieder an zu heulen.
»Hey«, sagt Paula sanft, »ich will auf dem Kopfkissen noch schlafen.« Sie reicht mir ein Taschentuch. »Nichtsdestotrotz: Ich kann das alles nach wie vor nicht glauben.«
» Du hast mich doch hingeschickt, weil du die schlimmsten Vermutungen hattest«, erinnere ich sie verheult an unser Gespräch, als ich noch dachte, meine Welt mit Riccardo sei in bester Ordnung.
»Ach«, wehrt Paula ab, »das war nur so. Das war nichts als eine Idee. Etwas, das sein könnte , aber nicht sein muss , verstehst du?«
»Ich verstehe. Dummerweise warst du damit näher dran, als mir lieb ist.«
»Geht mir auch so.« Paula steht wieder vom Bett auf und schreitet wie ein verdatterter Oberlehrer im Zimmer auf und ab. »Das kannst du so nicht auf dir sitzen lassen«, sagt sie dann und bleibt stehen.
»Wie meinst du das?«
»Ich meine, du hast nichts Besonderes verbrochen. Du hast keine Ahnung, was passiert ist, und jetzt liegst du verzweifelt
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