ampir-Phantome
hinweg. Justine genoss einfach den anderen Körper. Das hier war für sie kein wildes Beißen, kein hastiges Trinken und Schlucken, es war ein reines Festmahl.
Lorna zitterte. Die Angst war da. Sie hatte schon einiges durchleiden müssen. Da ihr nach wie vor die Augen verbunden waren, hatte sie nicht sehen können, was mit ihr geschehen war. Lorna überwand sich selbst und fing an zu sprechen. Die Worte waren nur geflüstert, und sie brachte alles durcheinander. Aber sie wusste, dass da eine andere Frau war, und das wiederum gab ihr Mut. »Bitte, bitte, du...«
Justine zischte, und Lorna verstummte.
»Du bist hier, weil du bald zu uns gehören sollst«, hauchte Justine ihr ins Ohr. »Dein Blut ist unser Kraftspender. Du bist... du bist...«
Es war der Augenblick, in dem Lorna alles begriff und es war furchtbar für sie. »Nein!«
Ein Aufschrei, in den das Lachen einer Männerstimme klang. Jemand sagte etwas, und Justine stimmte dem zu.
Lorna schüttelte den Kopf. Aber sie war zu kraftlos, um sich zu wehren. Nicht mal das Anheben der Arme schaffte sie, und auch Justine vergaß alles.
Sie setzte endgültig zum Biss an!
In diesem Augenblick hämmerte jemand von der anderen Seite gegen die Holztür...
***
Justine Cavallo hatte ihr Vorspiel gehabt und sich darauf eingestellt, neue Kraft tanken zu können. Dazu brauchte sie Ruhe. Da war sie wie ein Tier, eine Katze, die sich in eine Ecke verzog, um in Ruhe die Beute zu verspeisen.
Erneut bekam Lorna zwei kleine Wunden zugefügt. Die Spitzen der Zähne fuhren über ihre Haut hinweg und hinterließen rötliche Streifen. Das Hämmern hörte nicht auf, die Störung blieb, und Justine wusste, wem sie das zu verdanken hatte.
»John Sinclair!«, schrie sie.
Die dröhnenden Schläge verstummten. Sofort danach antwortete eine Frauenstimme. »Nein, ich bin es.«
»Jane, meine Liebe!«
»Öffne die Tür, Justine!«
»Warum sollte ich das?«
»Was treibst du für ein Spiel?«
Die blonde Bestie lachte. »Gar keins, Jane. Ich dachte, dass John und du...«
»Hör auf zu denken und öffne!«
»Und dann?«
»Werden wir in Ruhe reden können.«
»Ich überlege es mir.«
»Na, hoffentlich!«, rief Jane.
»Ihr müsst euch nur noch einen Moment gedulden.«
»Wir haben schon zu lange Geduld gehabt, verdammt!«
»Ruhig, es wird sich alles ergeben.« Justine kümmerte sich nicht mehr um die Forderungen der Detektivin. Sie wandte sich von der Tür ab und schaute zu den fünf Männern, die in ihren langen Kutten dastanden und wie gemeißelt wirkten.
Mit hastigen und geflüsterten Worten sprach sie auf die Männer ein. Sie machte ihnen etwas klar, und sie appellierte dabei an ihre Vernunft. Dabei hatte sie das Glück, Sir Lionel Curtis auf ihre Seite ziehen zu können. Er verstand, dass es am besten war, wenn sie sich zurückzogen und später einen neuen Anlauf versuchten.
Justine sagte noch einen Satz und scheuchte die fünf Männer weg. Gil Moran ging als Letzter. Er stierte sie an und zischte ihr noch zu, dass er ihr nicht vertraute.
»Das musst du aber.« Justine grinste ihn so scharf an, dass er den Mund hielt. Denn die Zähne, die sie ihm präsentierte, besaß er nicht.
Einer zerrte an seiner Kutte und zog ihn somit tiefer in den Gang hinein, den sie als Fluchtweg benutzten. Erst als der letzte Fackelschein von der Dunkelheit verschluckt worden war, konnte sie zufrieden sein. Wieder hatte ein Teil ihres Plans geklappt, und sie konnte sich die Hände reiben.
Erneut hämmerte Jane Collins von der anderen Seite gegen die Tür und fing auch an zu fluchen.
»Ja, ja, keine Aufregung. Ihr bekommt ja alles, was ihr wollt. Lasst mich nur machen.« Neben Lorna blieb sie stehen und strich durch ihr Haar. »Aufgeschoben ist nicht aufgehoben!«, flüsterte sie, bevor sie den Riegel packte und ihn zur Seite zerrte...
***
Jane hatte sich viel stärker aufgeregt als ich. Aber schließlich ging alles sehr schnell. Der Riegel fiel, die Tür öffnete sich, und wir konnten erkennen, dass es sich bei dem Riegel um einen dicken Balken handelte. Die Tür hätten wir von allein nicht aufbrechen können. Es sei denn, wir hätten Herkules auf unserer Seite gehabt.
Jane Collins war so hastig nach vorn gelaufen, dass sie Justine beinahe umgerannt hätte. Jetzt ließ sie ihre Beretta sinken und schaute sich nur verwundert um.
Ich kannte Jane gut genug. Sie hätte sicherlich unzählige Fragen gehabt, doch da musste sie passen, denn wir bekamen einen Anblick geboten, mit dem wir nicht
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