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Amsterdam-Cops 04 - Tod eines Strassenhaendlers

Amsterdam-Cops 04 - Tod eines Strassenhaendlers

Titel: Amsterdam-Cops 04 - Tod eines Strassenhaendlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janwillem Van De Wetering
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hochgebürsteten Schnurrbart betonte – einer Frau in mittleren Jahren zuhörte, die mit ihren falschen Wimpern klimperte. Cardozo schaute auf ein Fernsehgerät, das ein niedliches kleines Mädchen zeigte, das von einem großen, schlanken, schwarzhaarigen Mann durch einen endlosen und wildwachsenden Garten verfolgt wurde.
    Das Zimmer war ebenso mit Möbeln wie mit Menschen vollgestopft, und erst nach dem dritten Glas Genever fand Grijpstra die Tapete annehmbar, Goldfolie bedruckt mit Rosen so groß wie Blumenkohl. Onkel Bert war gut situiert, daran war nicht zu zweifeln. Klar war auch, daß er keine Steuern zahlte. Grijpstra drehte sich um, machte die linke Hand flach und nahm mit der rechten aus jedem der zehn Schüsselchen je ein Dutzend Nüsse. Damit war er eine Weile beschäftigt. Inzwischen überlegte Grijpstra, und als er damit fertig war, kam er zu dem Schluß, daß ihn Onkel Berts Steuerzahlungen nicht kümmerten. Seine linke Hand war jetzt voll. Er steckte ihren Inhalt in den Mund und kaute.
    «Magst du Musik?»
    Grijpstra nickte.
    «Ich hab vor kurzem einen Plattenspieler gekauft», sagte Onkel Bert und zeigte in eine Ecke des Zimmers. Die Ecke war voller elektronischer Kästen, jeder mit einer Serie von Knöpfen und Skalen und verbunden mit Lautsprechern, von denen Bert jeden einzelnen zeigte.
    «Ich leg eine Platte auf», sagte Onkel Bert. «Der Klang ist herrlich. Du kannst direkt hören, wie der Dirigent seinen Arsch kratzt.»
    «Mehr tut er nicht?» fragte Grijpstra.
    «Das tut er, bevor die Musik beginnt. Kratzen, kratzen und dann ‹tick› (das ist sein Taktstock, weißt du) und dann das WRRAMMM, das ist die Tuba. Die Musik ist schön. Russisch. Viele Blechinstrumente und dann Stimmen. Sie singen Kampflieder. Ich liebe die Russen. Eines Tages werden sie kommen und die Kapitalisten hier beseitigen. Ich bin mein ganzes Leben lang Parteimitglied gewesen. Ich bin auch schon in Moskau gewesen, sechsmal.»
    «Wie ist Moskau?» fragte Grijpstra.
    «Wunderschön, wunderschön», sagte Onkel Bert und breitete seine Arme mit den großen Händen aus. «Die Metrostationen sind wie Paläste, und alles ist für die Menschen, für Menschen wie du und ich, und sie spielen dort einen guten Fußball, und der Markt ist besser.»
    «Aber du kannst keine Profite machen.»
    Onkel Berts Blick verdunkelte sich, als er sich weigerte, diesen Gedanken in sich aufzunehmen. «Doch, doch.»
    «Nein», sagte Grijpstra. «Die gestatten dir keine Profite. Die bekommen alle den gleichen Lohn. Es gibt keine Privatinitiative.»
    «Der Straßenmarkt ist gut und das Gemüse besser. Hier. Ich spiel dir die Schallplatte vor.»
    Die Platte lief an. Um sie herum herrschte zuviel Lärm, um zu hören, wie sich der Dirigent kratzte, aber als die Tuba ertönte, ging in dem Getöse alles im Zimmer unter, und die Gäste sahen einander an, wobei sie die Lippen noch bewegten, betäubt von dem Klamauk, und sich fragten, was da über sie hereinbrach.
    «KARUMPF, KARUMPF», brummte die Tuba, und der lange, schlanke Mann jagte noch immer das niedliche Mädchen durch den endlosen, wildwachsenden Garten in strahlenden Farben auf einem Bildschirm von der Größe einer kleinen Tischdecke. Grijpstra setzte sein Glas ab und schüttelte den Kopf. Sein Rückgrat schien plötzlich jegliche Statik verloren zu haben. Jeder Rückenwirbel klapperte frei herum unter dem kombinierten Angriff des puren Alkohols und der Blechexplosionen. Ein Chor tiefer Stimmen war jetzt dazugekommen und intonierte ein durch Mark und Bein gehendes Lied, dessen Worte anscheinend aus Vokalen bestanden, die durch weiche sylies und sylaas miteinander verbunden waren. Onkel Bert tanzte allein mitten im Zimmer, die Augen zu und auf dem Mund ein breites Lächeln ekstatischer Seligkeit.
    «Was …» begann Grijpstra, aber er ließ die Frage fallen. Er würde sich ein Bier nehmen, überlegte er, und es langsam trinken.
    Cardozo knuffte de Gier in den Rücken. Der Knuff war zu hart, so daß de Gier seinen Whisky über das Kleid der Dame in mittleren Jahren schüttete, die immer noch versuchte, mit ihm zu sprechen. Im Whisky waren Eiswürfel gewesen; die Frau kreischte vergnügt und versuchte, die Eiswürfel zwischen ihren großen Brüsten zu entfernen, wobei sie einladende Worte murmelte, die niemand verstehen konnte.
    De Gier wirbelte herum und hielt die Faust in Brusthöhe, aber Cardozo lächelte und zeigte auf das Fenster und winkte, daß er mitkommen solle. Sie gingen am Fernsehgerät

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