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An einem Tag im Januar

An einem Tag im Januar

Titel: An einem Tag im Januar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Coake
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Herz fing heftig zu klopfen an. Fehlte ihr etwas? Wusste sie es schon? Was wollte sie sagen?
    Also, sagte sie dann, eine Tür, die sich schloss. Tschüs.
    Am Sonntagabend, als Mark sich bei Barnes & Noble im Easton Town Center Bücher ansah – Allie suchte in einem Kunstgewerbeladen ein paar Ecken weiter nach einem Geschenk für ihre Mutter –, stand plötzlich Connie Pelham vor ihm.
    Sie waren nett essen gewesen, das Hochgefühl des Verlobtseins hielt an, aber trotzdem genoss Mark es, für sich zu sein. Die vergangene Woche mit ihren Telefonaten und endlosen Planungen – ganz zu schweigen von dem Dutzend Notrufen, die seine Kunden zwischen Mittwoch und Freitag abgesetzt hatten – war anstrengend gewesen. Einmal ein Stündchen einfach nur nach Büchern und vielleicht einer neuen cd zu stöbern, war jetzt genau das, was er brauchte.
    Sein Behagen hatte eine Vorgeschichte. In dem kalten, gefühlstauben Jahr nach der Trennung von Chloe war Mark ständig in Buchläden gewesen, besonders abends, wenn er am wenigsten mit sich anzufangen wusste. Einen Kaffee in der Hand war er die Regale entlanggestreift – meistens Belletristik, manchmal auch Geschichte – und hatte Bücher herausgezogen, blind. Mit geschlossenen Augen fuhr er mit den Fingerspitzen den Buchrücken entlang, bis ein Buch sich richtig anfühlte, den Druck sanft erwiderte. Er blieb immer, bis der Laden zumachte, ehe er widerstrebend in seine enge Wohnung zurückkehrte oder sich (um möglichst gefasst und normal wirken zu müssen) in einen 24-Stunden-Imbiss setzte, wo er sich über das neue Buch hermachte, mit einer wilden Gier, die seinen eigenen Gedanken keinerlei Raum ließ.
    Es tat gut, nun wieder als er selbst hier zu sein: glücklicher, entspannter, frei von dem Zwang, sich durch irgendwelche Tricks von seinem Leben abzulenken. Trotzdem, ein klein wenig vermisste er die Zeit damals manchmal auch. Vor allem diese eigenartige Phase, als er langsam angefangen hatte, das Geschehene zu akzeptieren. Als der Schmerz nachzulassen begann, ganz allmählich abebbte.
    Einmal, in dem Frühling, als Brendan fünf war, hatte Mark mit ihm im Goodale Park Frisbee werfen geübt, und Brendan war mitten im Rennen mit dem Fuß umgeknickt – war zwanzig Meter von Mark entfernt ins Gras gestürzt wie abgeschossen und hatte laut losgeheult. Mark war zu ihm geeilt und hatte ihn in den Arm genommen, ihn in sein Hemd schniefen lassen – und dann hatte Brendan ihn verblüfft.
    Das ist so ein schönes Gefühl, hatte er gesagt.
    Wie, sich den Knöchel vertreten ist ein schönes Gefühl?
    Nein, sagte Brendan. Das ist grässlich. Aber wenn es dann weggeht? Das ist schöner als alles andere.
    Und er hatte gelacht und den Knöchel hin und her gedreht, seine Schnürsenkel schlappend und schmutzig, und Mark hatte auch gelacht.
    Eine Frauenstimme sagte seinen Namen: »Mr Fife?«
    Erschrocken wandte Mark sich um und sah sie, keine zwei Meter hinter ihm: die Frau, die durch das Fenster des Coffee Shops zu ihm hereingestarrt hatte. Aus der Nähe war sie jünger, als er gedacht hatte – vielleicht sogar jünger als er –, aber es waren dieselben schmalen braunen Augen, dasselbe runde, gebräunte Gesicht, derselbe wuschlige Kranz dunkler Locken. Auch der schwarze Mantel war derselbe. Nur die Farbe ihres Schals hatte sich verändert, von Silber zu Himmelblau.
    Und sie hatte eindeutig immer noch Angst vor ihm. Ihr Blick huschte unstet über sein Gesicht, ihre Finger schlangen sich nervös ineinander. Vielleicht war sie ja doch nur eine Verrückte, und gleich würde sie von den verbrecherischen Umtrieben der Demokraten anfangen oder ihn fünfmal hintereinander fragen, wie spät es war. Verrückte mochten Buchläden – das wusste er noch aus der Zeit, als er selber einer von ihnen gewesen war.
    »Ja«, sagte er, »ich bin Mark Fife.«
    Die Frau wich einen Schritt zurück – typisch, empfand Mark. »Ich bin Connie Pelham. Ich habe bei Ihnen angerufen?« Ihre Stimme – jetzt erkannte er auch die Stimme von der seltsamen Nachricht wieder – war hoch und bebte ganz leicht. Sie passte zu ihren Haaren, fand er: kraus, flusig, unkontrolliert.
    Sie hielt ihm ungeschickt die Hand hin, und er verschüttete fast seinen Kaffee, als er sie zu schütteln versuchte.
    Er wusste nicht, was er sonst sagen sollte, deshalb fragte er. »Kennen wir uns … Connie?«
    Connie Pelham sah durch das Fenster der Buchhandlung zum Parkplatz hinüber, in den kalten Regen, der schon den ganzen Abend herabrauschte und

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