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An einem Tag im Januar

An einem Tag im Januar

Titel: An einem Tag im Januar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Coake
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gleichen Rosaton. »Wie kannst du so reden? Ich hab dir das so viele Male gesagt – ich spüre ihn, ständig denke ich, er ist da –, wie soll ich das hier nicht ernst nehmen? Wie schaffst du es, es nicht ernst zu nehmen?«
    Er atmete so tief und so ruhig wie nur möglich. »Das heißt nicht, dass …«
    Chloe weinte jetzt. Er wusste, was als Nächstes kam. »Du hast mich nie ernst genommen«, sagte sie. »Und genauso wenig nimmst du Connie ernst. Für dich sind wir ein paar hysterische Weiber, die …«
    »Hör auf damit«, sagte er.
    »Das kann ich nicht.« Sie ballte die Hände in den Fäustlingen. »Ich war seine Mutter!«
    Auf zur nächsten Runde. Wie oft hatten sie das im Zuge ihrer Trennung durchgespielt. Stumpf griff er sein Stichwort auf: »Aber ich nicht sein Vater, oder wie?«
    Chloe schauderte. Ihr ganzer Körper schien zum Zerreißen gespannt.
    »Doch, Mark«, sagte sie. »O doch. Warum willst du also nicht hin? Warum willst du es nicht wissen? Was ist los mit dir?«
    »Gar nichts.«
    Ein grauenhafter, geborstener Laut kam aus ihrer Kehle. Auch das kannte er aus dem Endstadium ihrer Beziehung: In Chloe brodelte und schäumte es, bis zuletzt ein Wort von ihm sie zum Überkochen brachte, so dass sie ihre schrecklichsten Gedanken laut aussprach – Wenn ich daheim gewesen wäre und nicht du –, und dann war es aus mit ihrer Fassung, sie krümmte sich vornüber, die Sehnen an ihrem Hals schwollen an, aus ihrem Stöhnen wurde ein Schreien …
    Es gab nichts, was er an diesem Punkt noch tun oder sagen konnte.
    Das war auch ihr klar – abrupt drehte sie sich um und lief die Stufen hinab, beide Hände an den Mund gepresst. Sie öffnete die Tür ihres grauen Civic und stieg ein. Als sie den Motor anließ, krampfte ihr Oberkörper sich über dem Lenkrad zusammen, einmal, zweimal. Sie fuhr an, bremste jedoch auf Marks Höhe noch einmal ab. Ihr Fenster glitt herunter.
    »Du bist krank im Kopf!«, schrie sie. »Einfach nur krank!«
    Damit gab sie Gas.
    Mark sah die Straße auf und ab. Chloes Ausbruch schien keine Nachbarn auf den Plan gerufen zu haben. Er war müde. Nicht wütend – jetzt nicht mehr –, nur traurig und erschöpft. Er kehrte ins Haus mit seiner geballten Wärme zurück. Allison stand in der Diele, die Arme vor der Brust verschränkt, Lippen zusammengekniffen.
    »Hast du’s gehört?«, fragte Mark.
    »Das meiste.«
    »Ich möchte jetzt nichts sagen, was mir später vielleicht leidtut. Ich will sie nicht schlechtmachen.«
    »Du hast es ihr nicht erzählt?«, sagte Allie. »Ist es das, was …?«
    Er nickte.
    Allison drehte sich um und ging in die Küche. Er hörte die Gasflamme zischen, dann das Ticken des kupfernen Teekessels. Erst da folgte er ihr, rieb die taubgewordenen Hände gegeneinander.
    »Ich hätte es ihr sagen müssen«, sagte er. »Ich habe bloß immer überlegt, wie.«
    Allison stellte eine Teedose mit sehr viel Nachdruck auf die Anrichte. »Sie braucht einen Psychiater. Das ist mein Ernst. Aber, Mark …«
    »Es war der falsche Zeitpunkt. Es ist Weihnachten.«
    Nicht, dass das Connie abgehalten hätte.
    »Für so was gibt es keinen richtigen Zeitpunkt«, sagte Allison.
    »Als ob ich hier das Problem wäre, verdammte Scheiße!«
    Allie sog scharf die Luft ein. Er hob entschuldigend die Hände.
    Mit betont ruhiger Stimme sagte sie: »Ich will dir nicht vorschreiben, was du zu tun hast. Ich bin es nur leid, ständig irgendwelche Verrückten vor der Tür stehen zu haben, das ist alles.«
    Sie streckte einen Arm aus, aber Mark blieb, wo er war. Noch ein verdammtes Dreckswort von irgendwem darüber, was er zu tun und zu lassen hatte …
    »Das war nicht das erste Mal«, sagte er. »Dass sie so eine Szene gemacht hat. Wenn sie sich beruhigt hat, rede ich noch mal mit ihr. Und irgendwann wird sie sich bei dir entschuldigen, das verspreche ich dir.«
    Allie ließ ihren Arm sinken. »Das will ich gar nicht.«
    »Aber ich will es.«
    »Wir brauchen sie nicht zu demütigen.«
    Hatten sie plötzlich die Rollen getauscht? » Sie demütigt doch mich «, sagte er. »Sie hört fünf Minuten dieser Scheiß-Connie Pelham zu, und schon steht sie auf der Matte und behauptet, ich würde Brendan nicht genug lieben? Denn wenn ich das täte, würde ich …«
    Würde er was? Schlaflos im Bett liegen? Alpträume haben? Wieder zu trinken anfangen?
    Sich betrinken und zu seinem alten Haus gehen, ohne irgendjemandem davon zu erzählen?
    »Ich muss so was nicht glauben«, sagte er. »Ich muss ihr nicht

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