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An einem Tag im Winter

An einem Tag im Winter

Titel: An einem Tag im Winter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Lennox
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kommen. Marguerite ist natürlich auch eingeladen.«
    Â»Das ist sehr nett, aber ich weiß gar nicht, wie unsere Pläne aussehen.«
    Â»Ach, es wird schon passen. So gegen acht. Ganz zwanglos, bloß keinen Aufwand.« Catriona winkte noch einmal und ging davon.
    Ellen wählte einen leichten cremefarbenen Rock und dazu einen zartlila Jerseypullover, als sie sich am Freitagabend für das Essen bei den Campbells zurechtmachte. Sobald sie fertig war, ging sie nach unten. Alec und Mrs. Hunter saßen im Salon, Alec im dunklen Anzug, seine Mutter in einem bodenlangen blauen Kleid.
    Bei ihrem Anblick kamen Ellen Zweifel. »Hätte ich mich eleganter anziehen sollen? Soll ich mich vielleicht umkleiden?«
    Â»Ganz bestimmt nicht.« Alec gab ihr einen Kuss. »Ich finde, du siehst hinreißend aus. Etwas zu trinken, Liebling?«
    Â»Ja, Sie sehen sehr niedlich aus in diesem blassen Lila«, sagte Mrs. Hunter. »Ich habe nur dieses eine Ausgehkleid, es muss für alle Gelegenheiten herhalten. Ziemlich langweilig, ich weiß.«
    Sie tranken noch einen Gin Tonic, dann zogen sie ihre Mäntel über und brachen auf. Das Wetter, das seit ihrer Ankunft auf der Insel beständig schön gewesen war, begann sich einzutrüben, und ein scharfer Wind rüttelte die Bäume im Garten. Als sie die Küstenstraße entlangfuhren, sah Ellen die weißen Schaumkronen auf den Wellen, die an die schwarzen Felsen schlugen.
    Ein halbes Dutzend Autos parkte auf der schmalen Straße vor dem Haus der Campbells, einem stattlichen Bau, der es an Größe jedoch nicht mit Kilmory House aufnehmen konnte. Die unteren Fenster waren erleuchtet, und als sie den Fußweg zur Haustür hinaufgingen, hörten sie Stimmengewirr und Gelächter durch das wilde Tosen des Windes und der See.
    Ein hochgewachsener Mann mit vollem weißem Haar und buschigen schwarzen Augenbrauen öffnete ihnen und begrüßte sie lächelnd. Nachdem er sich Ellen als Dr. Campbell vorgestellt hatte, ließ er ihnen von einem Mädchen die Mäntel abnehmen und führte sie in einen Salon mit dunkelroten Samtvorhängen an den Fenstern und Perserbrücken auf den dunklen Bodendielen. Die Gäste saßen auf Sofas oder standen in Grüppchen an den Fenstern oder vor dem offenen Kamin. Ein Blick genügte Ellen, um festzustellen, dass alle Frauen in Abendgarderobe waren; einige trugen Kleider im Stil der Vorkriegszeit, schräg geschnitten und ein wenig stramm über dem Busen, andere lange Tartanröcke mit weißen Blusen. Perlenketten schimmerten, goldene Armbänder klimperten. Ellen wäre am liebsten in den Boden versunken. Sie war die Einzige hier in kurzem Rock und Pulli. Sollte sie Alec bitten, mit ihr zurückzufahren, damit sie sich noch umziehen konnte? Nein – das würde albern und eitel wirken.
    Sie brauchte einen Moment, um in der jungen Frau, die auf sie zukam, Catriona Campbell zu erkennen. Wo war die Catriona früherer Begegnungen geblieben, unscheinbar in Kilt und Pulli oder windzerzaust in tropfnassem Ölzeug? Das Abendkleid aus schwarzem Samt schmiegte sich weich um die Rundungen ihres schlanken, langgliedrigen Körpers, das hochgesteckte dunkle Haar schmeichelte dem hellen Oval ihres Gesichts. Smaragdohrringe und ein raffiniertes Make-up brachten das Grün ihrer Augen zur Geltung.
    Ganz zwanglos, bloß keinen Aufwand . Hatte sie missverstanden, was Catriona zu ihr gesagt hatte? Nein, sicher nicht. Oder hatte Catriona es sich anders überlegt, und das zwanglose kleine Abendessen war irgendwie zur Abendgesellschaft ausgeufert? So etwas passierte manchmal, ehe man sich’s versah. Catriona hatte nicht erwähnt, dass noch andere Gäste eingeladen waren. Nur sie, Ellen, hatte angenommen, dass Alec, seine Mutter und sie die Einzigen sein würden. Als sie jetzt nachzählte, kam sie auf insgesamt vierzehn Personen. Aber so etwas wollte doch geplant sein, dachte sie, schon gar auf einer kleinen Insel wie Seil. Das Essen, die Getränke, die Blumen heranzuschaffen, eine Hilfe für den Abend zu finden, musste doch schwierig sein, wenn gar auf den letzten Moment.
    Sie fühlte sich unsicher, als Alec sie mit den anderen Gästen bekannt machte, in deren Blicken sie Verwunderung und Enttäuschung zu erkennen meinte. Vielleicht fanden sie, sie sei eine Blamage für Alec, ihr fehle es an guten Manieren. Oder sie hielten sie für eine typische, versnobte

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