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Ana Veloso

Ana Veloso

Titel: Ana Veloso
Autoren: Der Duft der Kaffeeblüte
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verabschiedeten
sich João Henrique und Pedro gerade, um sich frisch zu machen. León hatte auf
der Bank Platz genommen und nippte genießerisch an einem Glas Champagner.
    »Wir sind inzwischen zum Aperitif übergegangen.
Nehmen Sie auch ein Glas?«, fragte Vitória, während sie ihm bereits eines
einschenkte.
    »Nur, wenn auch Sie mit anstoßen.«
    »Selbstverständlich.«
    Aaron und Vitória lächelten sich an und hoben
die Gläser. León schienen sie nicht wahrzunehmen – bis auch er sein halb leeres
Glas hob und sagte: »Auf die schönste Sinhazinha Brasiliens!«
    »Ja«, stimmte ihm
Aaron zu, »auf die schönste Sinhazinha des Landes.«
    »Und auf die ... bemerkenswertesten Gäste, die
Pedro je mit nach Hause gebracht hat!« Vitória nickte León und Aaron zu. So
geschmeichelt sie sich auch fühlte – sie konnte nicht umhin, einen ironischen
Unterton aus Leóns Stimme herauszuhören, Ihre Aufregung hatte sich noch immer
nicht gelegt. Während Aaron auf seinem Zimmer war, hatte sie den Herren hier
unten Gesellschaft leisten und erzählen müssen, wie es zu dem Missverständnis
zwischen León Castro und ihr gekommen war. Pedro und João Henrique hatten sich
vor Lachen die Bäuche gehalten, und sie fühlte sich endgültig der Lächerlichkeit
preisgegeben. Sie trank ihr Glas fast in einem Zug leer.
    »Haben Sie sich das bei den Sklaven abgeguckt?«,
fragte León, sichtlich amüsiert über Vitórias Nervosität.
    »Nein, das habe ich mir bei den Freunden meines
Bruders abgeguckt.« Und sehr förmlich fügte sie hinzu: »Den Sklaven auf
Boavista ist der Genuss von Alkohol nicht gestattet, außer an Festtagen.«
    »Natürlich nicht«, erwiderte León in der
salbungsvollen Art eines zugeknöpften Amtmannes.
    Vitória beschloss, die Frechheiten Castros
einfach zu ignorieren. Sie wandte sich Aaron zu.
    »Erzählen Sie von der Reise, Aaron. Ich darf Sie
doch Aaron nennen, oder?«
    »Aber ja, Vitória.«
    »Vita. Meine besten Freunde nennen mich alle
Vita.«
    »Gut, Vita.« Aaron erzählte, was sie während der
Zugfahrt gesehen und worüber sie sich unterhalten hatten. Plötzlich fiel ihm
auch wieder der Artikel ein, den João Henrique vorgelesen hatte.
    »João Henrique hat uns außerdem an der Lektüre
des > Jornal do Commércio < beteiligt und uns einen sehr spannenden Beitrag
vorgelesen – dessen Autor nun höchstpersönlich vor uns sitzt.« Er sah León an. »Habt
ihr vorhin schon darüber gesprochen?«
    »Nein, und wir sollten es auch jetzt nicht tun.«
    »Du hast Recht. Wir sollten warten, bis Pedro
und João Henrique wieder hier sind. Es wird sie interessieren, wo du diese
Geschichte herhast.«
    Vitória wusste nicht, worum es ging, aber sie würde
auf keinen Fall nachfragen. Das würde Castro nur wieder eine neue Gelegenheit
verschaffen, sie bloßzustellen. Sie zwang sich zu einem nichts sagenden Geplauder,
und Aaron und León spielten ihr zuliebe mit. Auch ihnen war daran gelegen, die
unterschwellig angespannte Atmosphäre aufzulockern und vorerst kein heikles
Thema anzuschneiden.
    Gleichzeitig mit Pedro und João Henrique traf
auch Eduardo da Silva auf der Veranda ein. Die Gäste wurden vorgestellt, man
tauschte Höflichkeiten aus. Dann zog die Gruppe ins Esszimmer um. Der Tisch war
wie für ein Festbankett gedeckt, und die Männer überhäuften Vitória mit
Komplimenten für diese Augenweide.
    »Und was für herrliche Blumen Sie haben! Dass
man in der Provinz so etwas findet ...«
    »Aber ja, lieber Senhor de Barros, und zwar nur
hier. In Rio werden Sie lange danach suchen können.«
    »Wie heißen diese wundervollen Pflanzen denn?«,
wollte João Henrique wissen.
    Alle anderen warfen einander verschwörerische
Blicke zu, überließen es aber Vitória, João Henrique aufzuklären.
    »Kaffee.«
    »Kaffee?«
    »Ganz recht. Sie müssten eigentlich ein paar
tausend der Pflanzen schon aus dem Zug gesehen haben.«
    João Henrique brach in schallendes Gelächter
aus. »Das ist gut. Das ist wirklich gut. Mir war neu, dass Kaffee als
Zierstrauch gilt.«
    »Tut er auch nicht«, mischte sich Eduardo da Silva ein. »Jeder
abgeschnittene Zweig geht zu Lasten der Ernte.«
    »Aber Papai, bei zwölftausend arrobas Kaffee,
die Sie alljährlich produzieren, fällt das doch nun wirklich nicht ins Gewicht.«
»Demnächst fast sechzehntausend.«
    »Soll das heißen ...? Pai, es hat geklappt!« Vitória
fiel ihrem Vater um den Hals.
    Pedro sah die beiden fragend an.
    »Ich habe heute den Vertrag mit Senhor Afonso
unter Dach und
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