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Anastasija 01 - Auf fremdem Terrain

Anastasija 01 - Auf fremdem Terrain

Titel: Anastasija 01 - Auf fremdem Terrain Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Marinina
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herumscharwenzelt.«
    Jetzt hat er mich überzeugt. Genug Dummchen gespielt. Es ist an der Zeit, anzufangen.
    »Damir«, sagte Nastja langsam, ohne ihr Gesicht vom Teller zu heben, »was soll die Aufregung? Wenn du wirklich nicht lügst, dann macht sich der Polizist ja an mich heran und nicht an dich. Was bist du so nervös?«
    »Weil ich der letzte Idiot bin«, erwiderte Damir wütend, »weil mein Herz für dich blutet. Weil ich dir helfen will, soweit das überhaupt in meinen Kräften steht. Wenn schon nicht mit einem Ratschlag, dann zumindest mit Beistand und Anteilnahme. Bist du überhaupt imstande, so einfache Dinge zu begreifen, oder kannst du nur um die Ecke denken?«
    Treffer! Wenn du wüßtest, Ismailow, wie recht du hast. Genau das hat mich die letzten Tage gequält. Ist das wirklich so deutlich? Oder ist es nur ein Zufall?
    »Kann ich wirklich mit deinem Rat und deiner Unterstützung rechnen?« – Deine Stimme kann ruhig ein wenig zittern, wie vor einem ernsten Bekenntnis.
    »Du kannst. Ich habe ohnehin dem Leiter der Untersuchung versprochen, noch hierzubleiben, er möchte mich noch einmal befragen. Ich verlängere meinen Kuraufenthalt und werde die ganze Zeit in deiner Nähe sein. Ist dir das recht?«
    Nastja nickte, dann warf sie ihm einen schuldbewußten Blick zu.
    »Und du wirst über mich nicht schlechter denken als vorher, auch wenn . . .«
    »Wenn – was?«
    »Wenn sich herausstellen sollte, daß dieser Polizist Gründe hat. . . Damir, ich bin in eine komplizierte Lage geraten. Ich kann dir jetzt nicht alles erzählen, aber später wirst du vielleicht alles erfahren. Natürlich bin ich nicht ganz unschuldig. Aber diesen Burschen, den Alferow, hab ich nicht umgebracht. Glaubst du mir das?« Aus, Schluß. Das sollte reichen.
    »Ich glaube dir, Nastjenka, natürlich glaube ich dir. Ich muß dich nur ansehen, um dir zu glauben. Als könntest du jemanden niederschlagen. Komm, trinken wir einen.«
    »Prost«, sagte sie erleichtert. Der erste Vorhang war gefallen. Sie konnte eine Pause einlegen.
    * * *
    Denissow betrachtete sich aufmerksam im Spiegel. Er war alt und müde geworden. Solange Lilja bei ihm war, war er feurig und dynamisch, aktiv und voller Elan. Er hatte Lilja nicht genug geschätzt, er hatte geglaubt, er habe ihre Jugend und Zärtlichkeit nur gekauft, und zum Dank für ihren treuen Dienst hatte er ihr einen reichen Mann besorgt, einen Industriellen aus Österreich. Er hatte sich damit beruhigt, daß sie es dort besser haben würde, daß sie sich das verdient hatte.
    Und dann war Vera gekommen, seine herzallerliebste Enkelin, und hatte erzählt, wie sie mit Lilja vor ihrer Abreise auf die Datscha gefahren war, und wie Lilja geweint hatte. Wer hätte denn denken können, daß sie ihn wahrhaftig liebte – in seinem Alter? Eduard Petrowitsch hatte sich nicht selbst betrügen wollen, um danach nicht enttäuscht zu sein. Und am Ende hatte er sich doch selbst betrogen. Eine zweite Lilja würde es nicht mehr geben, und mit der Zeit würde er an allem das Interesse verlieren. Er war so reich, da machte das Anhäufen von Geld keine Freude mehr. Jetzt gab es für ihn nur mehr eine Freude – das Geld ausgeben und seine Macht spüren.
    Alt war Eduard Petrowitsch geworden. Solange es Lilja gab, war er mit ihr an die Strände des Mittelmeers und in die Schweizer Berge gefahren, mit leicht gebräuntem Gesicht und durchtrainiert, und auch die Falten waren damals weniger. Jetzt blickte Denissow in ein Gesicht, das schon ein wenig aufgedunsen war. Er sah die rotgeäderten Wangen, der Körper war erschlafft, und er hatte einen Bauch. Vor dem Alter gibt es kein Verstecken . . .
    Plötzlich lächelte er sein Spiegelbild an. Immerhin gibt es noch interessante Momente in seinem Leben. Ab und zu gibt es noch welche. Jetzt zum Beispiel hat er eine interessante Aufgabe zu lösen: einen Menschen dazu zu bringen, seine Berufspflicht für Geld zu erfüllen, aber nicht für staatliches Geld, sondern für sein, Denissows Geld, einfacher gesagt: für schmutzige Mafiarubel. Vielleicht auch ausländische Währung. Dieser Mensch soll – wie man hört – nicht einfach sein, sogar widerspenstig. Was soll’s, um so besser, um so interessanter. Eduard Petrowitsch wußte, daß die Frauen ihn nicht unwiderstehlich fanden. Ihm fehlte der männliche Charme. Der Kamenskaja mußte er anders kommen.
    Wo bleibt nur unser Starkow? Denissow blickte auf die Uhr: Bis zum vereinbarten Treffen waren es noch sieben Minuten. Er drückte

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