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Anastasija 02 - Der Rest war Schweigen

Titel: Anastasija 02 - Der Rest war Schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Marinina
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angeordnet hatte und daß von dem Mädchen keinerlei Gefahr ausging. Aber Viktor Kostyrja war ein gewissenhafter und diensteifriger Mensch. Man hatte ihm befohlen, die Blonde zu beschatten, und er tat es ohne Widerspruch. Obwohl er wußte, daß es verlorene Liebesmüh war, daß das Mädchen völlig unverdächtig war.
    Viktor schlenderte am Schaufenster des »Orion« entlang, wandte den Kopf ein wenig, schielte nach rückwärts und erblickte Dascha, die wie gewöhnlich vor dem Verkaufstisch stand und in einer Zeitschrift blätterte. Aufgrund der horrenden Preise, die man hier bezahlen mußte, war es in ihrer Abteilung meistens leer. In einer Dreiviertelstunde würde Dascha Feierabend haben, sie würde zur Universität fahren, sich danach mit ihrem bleichgesichtigen Langweiler treffen oder nach Hause fahren. Nach drei Wochen kannten Viktor Kostyrja, Igor Jerochin und Surik Udunjan ihren Tagesablauf auswendig. In den ersten zwei Wochen hatte sie mit ihrem Galan noch da und dort Besuche gemacht, jetzt fand auch das nicht mehr statt. Unbegreiflich, worum es Artjom ging. Ein ganz einfaches, naives Mädchen mit einem sonnigen Lächeln, sie arbeitete, studierte und traf sich mit einem verheirateten Mann. Nein, Viktor konnte beim besten Willen nichts an ihr erkennen, das diese vielstündigen, aufreibenden Verfolgungen quer durch die Stadt rechtfertigte.
    Auf der Straße hielt der Wagen des bleichgesichtigen Galans, er stieg aus und betrat das Geschäft. Viktor sah durch das Schaufenster, wie er und das Mädchen sich küßten, danach begann Dascha, sich fertig zu machen, irgendwelche Utensilien in ihrer Handtasche zu verstauen, Mantel und Stiefel anzuziehen. Viktor entfernte sich vom Eingang, um nicht mit ihnen zusammenstoßen, wenn sie herauskommen würden, und um das Auto des Bleichgesichts besser im Auge behalten zu können.
    Nach einer Weile betraten die beiden die Straße, sie gingen langsam zum Auto, stiegen aber nicht ein. Das Bleichgesicht holte eine große Einkaufstasche aus dem Inneren des Wagens und schloß die Tür wieder ab. Sie schlenderten über den Twerskoj Boulevard, kauften in fast jedem Geschäft etwas ein, die Tasche füllte sich mit teuren, wahrscheinlich sehr schmackhaften Lebensmitteln. An einem Kiosk erstanden sie eine Flasche weißen Martini, aber vorher diskutierten sie so lange miteinander, daß es Viktor gelang, den Abstand zu verringern und so dicht an sie heranzutreten, daß er ihr Gespräch belauschen konnte.
    »Ich weiß genau, daß es kein roter Martini war und auch kein Rose. Er behauptet, daß er gegen Rotwein allergisch ist. Sollen wir diesen da nehmen oder lieber den Extra dry, was meinst du?«
    »Das mußt du wissen«, antwortete das Bleichgesicht, »er ist schließlich dein Chef und nicht meiner. Du kennst seinen Geschmack besser.«
    »Gut, riskieren wir es und nehmen den da. Den ganz trockenen finde ich nicht so gut.«
    Sie gingen in das nächste Geschäft, Kostyrja wartete auch diesmal draußen. Er sah keinen Sinn darin, ihnen in den Laden zu folgen, es wäre sogar gefährlich gewesen. In dem Gedränge, das im Innern des großen Geschäfts herrschte, hätte er sie leicht verlieren können. Seine Aufgabe bestand darin, herauszufinden, für wen die schöne Goldhaarige tatsächlich arbeitete, und die Antwort auf diese Frage würde er wohl kaum in einer Menschenschlange bekommen, die nach Räucherwurst oder Bananen anstand.
    Viktor besann sich, als das Geschäft sich bereits zu leeren begann und er eine Frau in einem weißen Kittel erblickte, die sich am Eingang aufgestellt hatte. Alle raus, niemand mehr rein, sagte ihre kategorische Pose. Er schritt schnell an den Schaufenstern entlang und suchte mit den Augen das Innere der schon fast völlig leeren Verkaufsräume ab. Dascha und das Bleichgesicht waren nirgends zu sehen. Wohin, zum Teufel, waren sie verschwunden?
    Kostyrja eilte um die Ecke des Hauses und suchte nach dem Lieferanteneingang. Er stellte fest, daß er ganz in der Nähe dieses Eingangs gestanden hatte, so daß die beiden das Geschäft unmöglich durch diese Tür verlassen haben konnten, ohne von ihm bemerkt zu werden. Sie waren wie vom Erdboden verschluckt.
    Im Innern des Geschäfts waren nur noch ein paar Leute zu sehen, und Viktor kam plötzlich der Gedanke, dem Mädchen oder dem Bleichgesicht könnte schlecht geworden sein, und sie hatten darum gebeten, die Toilette benutzen zu dürfen. Er verlor die Nerven, machte sich verrückt, während die beiden im nächsten Moment

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