Anastasija 02 - Der Rest war Schweigen
glaube, ich kann Informationen über den Mord an dem Milizionär Maluschkin beschaffen«, sagte sie vorsichtig, nachdem der offizielle Teil der Besprechung beendet war.
Gordejew nahm seine Brille ab und steckte den Bügel in den Mund, was bei ihm ein Ausdruck höchster Aufmerksamkeit war.
»Hat diese Möglichkeit etwas mit den Leuten zu tun, die dir dein liebenswürdiger Denissow zur Verfügung gestellt hat?«, fragte er ärgerlich.
»Ja und nein. Mit ihrer Hilfe habe ich einen Mann entdeckt, der vielleicht etwas Wichtiges weiß oder sogar gesehen hat. Doch dieser Mann steht in keinerlei Beziehung zu Denissows Leuten, er ist ein Fall für sich. Kurz gesagt, die Situation ist folgende: Wenn der Mann nichts weiß, sind wir mit diesem Mordfall offenbar in einer Sackgasse angelangt, und wenn er etwas weiß, dann wird er um keinen Preis etwas sagen, weil er selbst vorhat, denjenigen umzubringen, der Kostja Maluschkin erschossen hat. Im ersten Fall können wir nichts tun und im zweiten vermutlich auch nicht. Aber wir müssen es versuchen. Ich war heute in der Abteilung 37 und habe mit den Kollegen gesprochen, die Maluschkins Fall bearbeiten. Ihr Ermittlungsstand ist gleich Null, sie haben keinen einzigen Anhaltspunkt, keine einzige Spur. Und ich muß gestehen, daß sie mir nicht besonders gefallen haben. Wenn man ihnen eine Person überläßt, die vielleicht etwas weiß, werden sie alles verderben. Sie werden mit diesem Mann nicht fertig werden.«
»Hm. Willst du damit sagen, daß du mit ihm fertig wirst?«
»Ich fürchte, daß es auch mir nicht gelingen wird. Aber wenn Sie mir helfen würden . . .«
»Angenommen, ich würde es tun. Hast du einen konkreten Plan?«
»Vorläufig nicht. Ich muß über diesen Mann so viel wie möglich erfahren, um einen brauchbaren Plan entwerfen zu können.«
»Wo befindet sich die Akte zum Mordfall Maluschkin?«
»Bei der Bezirksstaatsanwaltschaft. Der Untersuchungsführer ist Boldyrew. Aber man wird den Fall wohl kaum aufklären, Viktor Alexejewitsch. Niemand hat gesehen, wie Maluschkin seinen Posten verlassen hat, man weiß nicht, aus welchem Grund er das getan hat, wem er gefolgt und wie er auf die Baustelle geraten ist. Das weiß auch ich nicht, aber ich ahne, warum man ihn umgebracht hat. Ich ahne es nur, Beweise habe ich nicht. Ich ahne auch, wer ihn umgebracht hat, und der Mann, von dem die Rede ist, könnte gesehen haben, mit wem Kostja die Metrostation verlassen hat und wem er auf diese verfluchte Baustelle gefolgt ist. Eine Aussage dieses Mannes könnte uns den Beweis liefern, und dieser Beweis wäre praktisch der einzige, auf den wir in diesem Fall hoffen können. Es geht nur darum, daß es uns gelingt, die Aussage zu bekommen.«
»Gut.« Knüppelchen nickte. »Ich werde sehen, was sich machen läßt. Aber das alles gefällt mir nicht, Anastasija. Erstens mißfällt mir deine Eigenmächtigkeit. Zweitens mißfällt mir dein Mißtrauen gegenüber den Ermittlungsbeamten der Abteilung 37. Du bist verpflichtet, ihnen zu helfen, wenn du schon die Möglichkeit hast, anstatt die Sache an dich zu reißen.«
Nastja war bereits drauf und dran, ihrem Chef zu sagen, daß die Möglichkeit bestand, die drei lang zurückliegenden Mordfälle aufzuklären, doch aus irgendeinem Grund unterließ sie es. Es hätte sich angehört, als wolle sie sich rechtfertigen.
»Überhaupt kann ich dein Verhalten in dieser ganzen Angelegenheit nicht billigen«, fuhr Gordejew indessen fort, »aber du mußt selbst, ohne meine Hilfe, aus deinen Fehlern lernen, nur dann wird etwas aus dir werden. Wenn du sicher bist, daß du niemals bereuen wirst, die Dienste von Denissow in Anspruch genommen zu haben – bitte sehr, tu, was du für richtig hältst. Nur wenn er dich irgendwann an der Kehle packt und Gegenleistungen von dir fordert, dann komm nicht zu mir gelaufen, und bitte mich nicht um Schutz. Ich habe dich gewarnt. Wenn du sicher bist, daß du etwas kannst, was unsere Jungs nicht können – meinetwegen, ich werde dir helfen. Aber wenn sich herausstellt, daß du dich geirrt hast, daß die andern es besser und effektiver gemacht hätten als du, mußt du dafür geradestehen. Nach oben werde ich dich natürlich decken, aber hier, an dieser Stelle, wirst du dann andere Töne zu hören bekommen.«
»Ich habe alles verstanden, Viktor Alexejewitsch«, sagte Nastja verdrossen.
»Gut, wenn du verstanden hast, dann fang an. Ich höre.«
Nastja verbrachte noch eine geraume Zeit im Büro ihres Chefs und verließ
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