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Anastasija 08 - Im Antlitz des Todes

Anastasija 08 - Im Antlitz des Todes

Titel: Anastasija 08 - Im Antlitz des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Marinina
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selbst Geld verdienen musst.«
    »Aber Mam, lass mich das Leben doch noch ein bisschen genießen. Ich werde noch lange genug arbeiten müssen, ich habe schließlich noch das ganze Leben vor mir. Ich verspreche dir, dass ich mich bald am Riemen reißen werde, Ehrenwort. Aber jetzt brauche ich Geld. Warum sollte mein Vater wieder heiraten wollen? Du willst mir nur Angst einjagen.«
    »Ich will dir keine Angst einjagen, ich will dir nur vor Augen führen, dass so etwas immerhin möglich ist.«
    »Quatsch«, raunzte Sascha. »Nach allem, was jetzt mit seinen Weibern passiert ist, wird er es sich hundertmal überlegen, bevor er sich wieder eine neue Tussi zulegt. Er wird uns schon nicht sitzen lassen. Komm schon, Mam, rück raus mit der Kohle. Ich bin sowieso schon spät dran.«
    Alla spürte, wie sich ihr der Hals zusammenkrampfte bei dem schrecklichen Gedanken, der in ihr aufstieg. Wenn es jemanden gab, der ihre Scheidung von Strelnikow nicht wollte, dann war es in erster Linie Sascha. Ob er womöglich irgendwie beteiligt war an dem, was geschehen war? Nein, nein, nein! Alla verscheuchte diesen unerträglichen Gedanken. So etwas konnte ihr Junge, ihr geliebter Sohn, nicht getan haben. Er könnte so etwas nicht einmal denken. Sicher, er war ein Taugenichts, ein Spieler, aber im Grunde seines Herzens ein guter Junge, der niemandem etwas zuleide tun konnte.
    Alla zog eine Schublade der Schrankwand auf und holte einige Geldscheine hervor.
    »Hier, nimm. Aber ich bitte dich, Söhnchen . . . Ich weiß nicht, wann ich das nächste Mal wieder Geld haben werde. Gib nicht alles auf einmal aus.«
    »Ist gut, Mamilein. Danke.«
    Sascha küsste seine Mutter schnell auf die Wange und eilte aus der Wohnung. Er sprang die Treppe hinunter, lief auf die Straße und stieg schnell in den auf ihn wartenden Wagen. Das Mädchen, das hinter dem Steuer saß, sah ihn fragend an.
    »Und?«
    »Alles bestens, Süße. Ich hab die Kohle, wir können los.«
    »Super«, sagte das Mädchen erfreut. »Wir leben nicht schlecht. Wohin sollen wir fahren?«
    Sascha überlegte einen Moment, dann verzogen sich seine Lippen zu einem wollüstigen Lächeln.
    »Zuerst fahren wir zu mir und trinken eine Kleinigkeit. Wir müssen schließlich unseren Erfolg begießen. Dann gehen wir essen, und abends – wie immer. Ich fühle, dass ich heute Glück haben werde. Ich fühle es.«
    Das Mädchen nickte schweigend und ließ den Motor an.
    * * *
    Nachts wurde Larissa Tomtschak vom Läuten des Telefons geweckt. Ohne Licht zu machen, tastete sie nach dem Hörer.
    »Hallo«, meldete sie sich mit verschlafener Stimme.
    Am anderen Ende der Leitung blieb es still. Man hörte nicht einmal ein Atmen.
    »Wer ist da?«, fragte sie, diesmal mit lauterer Stimme.
    Erneut Schweigen. Larissa wurde unbehaglich. Schnell legte sie den Hörer wieder auf, drehte sich zur Wand und verkroch sich tiefer unter der Decke.
    Nach etwa einer Stunde läutete es erneut. Dieses Mal konnte Larissa deutlich hören, dass jemand atmete. Sie erschrak, weil sie dachte, ihrem Mann könnte etwas zugestoßen sein. Man versuchte, sie von außerhalb anzurufen, aber die Fernverbindung war, wie immer, gestört.
    »Hallo!«, rief sie. »Slawa! Slawa, bist du es?«
    Aber es kam keine Antwort. In der Leitung war jetzt undeutlicher Lärm zu hören, entfernte Stimmen und Gelächter, aber niemand sagte etwas.
    Den Rest der Nacht verbrachte Larissa schlaflos, und am Morgen fing es wieder an mit den Anrufen. Während der Stunde, in der Larissa sich für die Arbeit fertig machte, meldete sich der schweigsame Anrufer viermal. Als sie bereits mit dem Schlüssel in der Hand in der Wohnungstür stand, begriff sie, dass sie dabei war, die Nerven zu verlieren. Ihre Hände zitterten, die Beine waren wie aus Watte.
    Mit Mühe absolvierte sie ihren sechsstündigen Dienst an der Poliklinik, am liebsten hätte sie ihre Patienten angeschrien: Lasst mich in Ruhe! Ich brauche nicht weniger Hilfe als ihr, und ihr redet mich mit eurem Unsinn voll. Nachdem der letzte Patient endlich gegangen war, zog sie sich schnell an und lief aus dem Gebäude. Als sie im Auto saß, merkte sie plötzlich, dass sie Angst vor dem Fahren hatte. Sie schien sämtliche Verkehrsregeln vergessen zu haben und war sich sicher, sie würde im nächsten Moment einen Unfall bauen. Nachdem es nach einer Viertelstunde immer noch nicht besser war, beschloss sie, das Auto stehen zu lassen und in die öffentlichen Verkehrsmittel umzusteigen. Für den Rest des Tages würde

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