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Anastasija 08 - Im Antlitz des Todes

Anastasija 08 - Im Antlitz des Todes

Titel: Anastasija 08 - Im Antlitz des Todes
Autoren: Alexandra Marinina
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Sergijenko und Larissa Tomtschak auf das Konto ein und desselben blutrünstigen Geisteskranken ging. Der erste Mord und der darauf folgende Selbstmord hatten erkennbare Motive, auch wenn noch unklar war, auf welche Art und Weise Mila Schirokowa ermordet wurde, aber was tat hier der Geisteskranke zur Sache? Und was Larissa Tomtschak betraf, so war es noch zu früh, um Hypothesen aufzustellen. Bis jetzt hatte man weder den Tatort besichtigt noch die Leiche untersucht. Vielleicht bestand gar kein Zusammenhang zwischen diesen drei Todesfällen.
    Konstantin Michailowitsch verfügte aufgrund seiner langjährigen Berufserfahrung als Untersuchungsführer über eine außergewöhnliche kriminalistische Intuition, und manchmal tat er Dinge, deren Sinn er niemandem hätte erklären können, nicht einmal sich selbst. Er ließ sich einfach von seinem Gefühl leiten. Allerdings kam das nicht sehr oft vor. Meistens folgte er streng der Logik und dem gesunden Menschenverstand. Und vom Standpunkt der Logik deutete im Mordfall Schirokowa nichts auf einen geisteskranken Täter hin. Ein Mädchen hatte einem anderen übel mitgespielt, sie hatte sie um ihr Geld gebracht und ihr schließlich den Freund weggenommen. Das so betrogene Mädchen vergoss ein paar Tränen und wandte sich an einen Magier, der ihr helfen sollte, ihre Freundin zu verwünschen. Dann, als diese Freundin, die für ihre sexuelle Unersättlichkeit und ihre Bedenkenlosigkeit bei der Auswahl ihrer Liebhaber bekannt war, ermordet aufgefunden wurde, vergoss das Mädchen erneut ein paar Tränen und brachte sich aus Schuldgefühl selbst um. Was hatte hier ein geisteskranker Frauenmörder zu suchen? Er hatte in diesen Zusammenhängen keinen Platz. Doch in seinen Gesprächen mit den Vorgesetzten operierte Olschanskij trotzdem mit dem Wahnsinnigen als Täter, weil er eines mit Sicherheit wusste: Für die Aufklärung eines gewöhnlichen Mordes, der aus Eifersucht oder Rache begangen wurde, würde man ihm nicht die angeforderten Leute zur Verfügung stellen. Aber wenn es sich um einen geisteskranken Täter handelte, würde er diese Leute bekommen. Der Untersuchungsführer wollte diesen Fall so schnell wie möglich abschließen, weil er sich unbehaglich fühlte. Derbyschew saß in der Gefängniszelle, aber am Abend des heutigen Tages musste man ihn wieder freilassen. Selbst dann, wenn er tatsächlich ein Mörder war und Mila Schirokowa umgebracht hatte, ließ sich hier kein Zusammenhang mit der Ermordung von Larissa Tomtschak hersteilen. Jemand, der sich im Gefängnis befand, konnte diese Frau nicht umgebracht haben. Und wenn beide Morde zusammenhingen, dann hatte Viktor Alexandrowitsch nichts mit der Sache zu tun. Oder etwa doch?
    Olschanskij bekam Anrufe von Abgeordneten der Staatsduma: Wir bürgen für Viktor Alexandrowitsch . . . Er ist ein ehrlicher Mensch . . . Was erlauben Sie sich . . . Das ist reinste Willkür . . . Dafür werden Sie sich verantworten müssen . . . Und so weiter. Nicht dass Olschanskij Angst vor den Repräsentanten der Staatsmacht gehabt hätte, er fürchtete sich schon seit langem vor niemandem mehr, weil er nur allzu gut über den katastrophalen Personalmangel bei den Justizbehörden Bescheid wusste. Ein Untersuchungsführer musste schon eine schwere Straftat begehen, um entlassen zu werden. Ansonsten konnte er tun, was er wollte. Und Rügen und Verwarnungen stellten in der heutigen Zeit auch keine große Gefahr mehr dar. Früher, in den »gesegneten Zeiten des Sozialismus«, konnten drei Rügen dazu führen, dass man von der Warteliste für ein Auto oder eine neue Wohnung gestrichen oder im Dienstgrad herabgesetzt wurde. Jetzt interessierte die Leute vor allem das Geld, die Ehre kam erst an zweiter Stelle, und mit einer Herabsetzung im Dienstgrad konnte man kaum noch jemanden erschrecken. Der Unterschied im Gehalt war so gering, dass es nicht der Rede wert war. Die Wartelisten für Wohnungen waren längst eine Fiktion. Der staatliche Wohnungsbau hatte seinen Kopf in den Sand gesteckt und tat so, als hätte es ihn nie gegeben. Die Wartelisten für Autos hatten ihren Sinn verloren. Jetzt gab es Autos wie Sand am Meer, jeder konnte sich sofort jede beliebige Marke kaufen, vom Zaporoshez bis zum Chrysler. Insofern hatte Olschanskij keine große Angst vor dienstlichen Schwierigkeiten, in dieser Hinsicht war er abgehärtet. Aber etwas an dem Fall selbst irritierte ihn. Hier stimmte etwas nicht . . . Es war nicht mit Worten zu beschreiben, aber Konstantin
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