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Anastasija 08 - Im Antlitz des Todes

Anastasija 08 - Im Antlitz des Todes

Titel: Anastasija 08 - Im Antlitz des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Marinina
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geglaubt, dass ich der Erste sein würde, zu dem du kommst, wenn es dir eines Tages schlecht gehen sollte. Aber leider habe ich mich getäuscht. Du bist nicht zu mir gekommen, sondern hast dich auf der Datscha versteckt und grämst dich hier in stolzer Einsamkeit. Es wird ein langer Trinkspruch werden, Slawa, aber hab bitte Geduld, denn es ist sehr wichtig für mich, dir alles zu sagen.«
    Strelnikow schwieg einen Moment und sah nachdenklich auf das Glas in seiner Hand.
    »Ich muss mich bei dir entschuldigen. Ich bin immer davon ausgegangen, dass ein enger Freund wie du ähnlich ist wie ich selbst, dass er ähnlich denkt und fühlt wie ich. Und da ich selbst in einem schweren Augenblick Zuflucht bei dir gesucht hätte, habe ich geglaubt, dass du genauso handeln würdest. Aber du bist nicht gekommen, und ich habe gedacht, dass bei dir alles in Ordnung ist, dass du nichts brauchst. Doch ganz offensichtlich habe ich mich getäuscht. Du bist anders als ich, und darüber hätte ich mir im Klaren sein müssen. Ich habe immer gedacht, dass Freunde einander nichts nachtragen und nichts verheimlichen, dass sie einander immer gleich die Wahrheit sagen und Missverständnisse ausräumen, bevor es zu anhaltenden Konflikten kommt. Mein Fehler besteht darin, dass ich immer von mir auf dich geschlossen habe. Aber du bist anders als ich, und ich habe das leider erst sehr spät begriffen. Ich bitte dich um Verzeihung, Slawa. Ich fühle mich sehr schuldig vor dir. Verzeih mir bitte.«
    »Was redest du da«, murmelte Tomtschak verwirrt. »Du hast keinen Grund, dich schuldig zu fühlen . . .«
    »Doch, ich bin schuldig. Und wenn du mir verzeihst, dann stoße einfach mit mir an und trink dein Glas aus.«
    Die Freunde leerten schweigend ihre Gläser, und Strelnikow goss erneut ein. Er stand nach wie vor und erlaubte Tomtschak nicht, sich ebenfalls zu erheben.
    »Jetzt, Slawa, möchte ich dir noch etwas sagen. Ich weiß, du nimmst mir übel, dass ich Gena und dich verlassen habe, dass ich aus dem Fonds ausgeschieden bin und euch dort euch selbst überlassen habe. Aber das ist nicht so. Wenn du wüsstest, wie alles in Wirklichkeit war, würdest du mir nicht zürnen. Ich hätte schon viel früher mit dir sprechen müssen, aber ich kann nur wiederholen, was ich schon gesagt habe. Ich ging davon aus, dass du es mir ganz offen sagen würdest, wenn dich etwas kränkt oder dir gegen den Strich geht. Aber du hast geschwiegen, und ich habe geglaubt, dass mit dir alles in Ordnung ist. Ich habe den Fonds nur verlassen, Slawa, weil man mir eine sehr interessante, verantwortungsvolle und viel versprechende Stellung bei der Regierung angeboten hat. Und zum Komitee bin ich nur deshalb gegangen, weil es keinen guten Eindruck macht, wenn ein Mann aus der freien Wirtschaft in die Politik wechselt, das muss man von einer staatlichen Einrichtung aus tun. Nur deshalb habe ich den Fonds verlassen. Nur deshalb, das kannst du mir glauben. Und natürlich habe ich von Anfang an vorgehabt, dich und Gena zu mir zu holen, wenn es so weit ist. Ohne euch würde ich es schwer haben, und ich wollte euch bitten, mich in meinem neuen Amt nicht allein zu lassen. Vor zwei Monaten wäre es einfach nur zu früh und etwas unheimlich gewesen, schon darüber zu sprechen, zumal man mich gebeten hat, die Sache vorläufig für mich zu behalten. Aber jetzt steht meine Amtsübernahme unmittelbar bevor, es ist nur noch eine Frage von Wochen oder Tagen. Und ich bitte dich um dein festes Versprechen, Slawa, dass du mir helfen wirst. Ich brauche dich.«
    »Ich weiß nicht, Wolodja, das kommt so überraschend . . .«
    »Hast du ein besseres Angebot?«
    »Nein, bis jetzt habe ich überhaupt kein Angebot.«
    »Na, siehst du. Denke darüber nach, Slawa. Ich bleibe drei Tage hier, bis zum Montag, und ich hoffe, dass du mir bis dahin deine Zusage geben wirst.«
    »Und Gena? Hast du schon mit ihm gesprochen?«
    »Nein, du bist der Erste«, erwiderte Strelnikow mit einem strahlenden Lächeln und zeigte seine blendend weißen, gerade gewachsenen Zähne. »Weißt du, ich wusste in letzter Zeit nicht, wo mir der Kopf steht, ich kam einfach nicht dazu, mit euch zu reden, und dann das Unglück mit Mila . . .«
    Er kippte sein Glas hinunter und setzte sich. Schweigen breitete sich aus. Tomtschak wusste nicht, wie er sich verhalten sollte. Ihm war klar, dass Strelnikow versuchte, ihn erneut in ein Abenteuer hineinzuziehen, aber er fand keine Kraft in sich, um sich ihm zu widersetzen. Wolodja liebte und

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