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Anastasija 08 - Im Antlitz des Todes

Anastasija 08 - Im Antlitz des Todes

Titel: Anastasija 08 - Im Antlitz des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Marinina
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Menschen besteht, und die anderen, die weniger schönen, sind ein Missverständnis der Natur, ein Irrtum des lieben Gottes. Solche wie mich oder Olschanskij lügen sie bedenkenlos an, weil wir, die weniger Schönen, es überhaupt nicht wert sind, die Wahrheit aus ihrem Mund zu erfahren. Aber mit solchen wie dir haben sie es schwerer. Ich möchte, dass du Strelnikow einwickelst. Nimm Kontakt zu ihm auf, erfinde etwas, bring ihn zum Reden, dazu, dass er Dinge sagt oder noch besser tut, die es ihm anschließend schwer machen werden, den Untersuchungsführer anzulügen. Binde ihm die Hände.«
    »Heißt das, du bist dir sicher, dass er die Wahrheit über die Schirokowa weiß?«
    »Ich bin mir überhaupt nicht sicher. Aber ich will wissen, wie es wirklich ist. Ich will wissen und mich nicht auf das verlassen, was Strelnikow gesagt hat.«
    »Weil du ihm nicht glaubst«, fügte Tatjana hinzu.
    »So ist es. Ich kann ihm nicht glauben, weil er zu schön ist und außerdem zu selbstgewiss, um mir sympathisch zu sein. Weißt du, Tanja, es gab in meinem Leben einmal eine herzzerreißende Geschichte, und seitdem existieren für mich keine schönen Männer mehr. Ich sehe, ich bemerke sie nicht. Und vor allem glaube ich ihnen nicht.«
    »Nun mach aber halblang«, sagte Tatjana mit einer wegwerfenden Handbewegung. »Stassow hat mir gesagt, was für einen Mann du hast. Du wirst doch nicht behaupten wollen, dass er hässlich ist.«
    »Nein, das behaupte ich nicht«, erwiderte Nastja, während sie den Wasserkocher anstellte, Tassen, Würfelzucker und die gerade erst erstandene Dose mit Pulverkaffee der Marke »Kapitän Columbus« aus ihrem Schreibtisch holte.
    »Tschistjakow ist nicht hässlich, sondern ein in jeder Hinsicht anziehender Mann. Aber ich kenne ihn bereits, seit ich fünfzehn bin, das heißt seit einundzwanzig Jahren. Als wir uns kennen lernten, war er ein baumlanges, rothaariges, ungelenkes Geschöpf, das an einen Grashüpfer erinnerte. Aber er war absolut genial. Und aus diesem genialen Grashüpfer hätte Gott weiß was werden können, eine furchtbar hässliche, sommersprossige Vogelscheuche, ein zwei Meter langer hirnloser, muskulöser Apoll oder ein spindeldürres, zänkisches verhindertes Genie. Für mich zählte nur sein Intellekt, das Äußere spielte überhaupt keine Rolle. Ich habe einfach Glück gehabt, weil er nichts von seiner Genialität eingebüßt hat und heute wesentlich schöner ist als vor zwanzig Jahren. Möchtest du Tee oder Kaffee?«
    »Tee bitte. Vielleicht sollte ich ein wenig spazieren gehen? Ich störe dich wahrscheinlich.«
    »Du störst mich überhaupt nicht, schließlich arbeiten wir. Und außerdem warten wir auf die Neuigkeiten, die Selujanow uns überbringen wird.«
    Die anderthalb Stunden bis zu seiner versprochenen Rückkehr waren allerdings noch lange nicht verstrichen. Nastja nippte an dem starken heißen Kaffee und versuchte, Ordnung in den Wirrwarr ihrer Gedanken zu bringen. Es war immer schwierig, wenn sich in einem Mordfall keine einzige Version herauskristallisierte, die ein Motiv für das Verbrechen lieferte. Und genauso schwierig war es, wenn es zu viele mögliche Versionen gab. Je mehr Versionen, desto mehr musste man sich auf seine Intuition verlassen, Prioritäten setzen und immer wieder neu entscheiden, was sofort zu tun war und was man auf später verschieben konnte. Und umso höher war natürlich die Fehlerquote. Denn wenn es nicht genügend Leute gab, musste man immer zwischen dem Erst- und dem Zweitrangigen wählen. Und Leute gab es natürlich nie genug.
    Wladimir Alexejewitsch Strelnikow also. Er hat für die Tatzeit ein Alibi, wenn auch nur ein dünnes. Korotkow ist gerade dabei, dieses Alibi zu überprüfen, aber ganz beiläufig muss man natürlich auch ein Motiv finden. Strelnikow kann nur ein Motiv haben. Ljudmilas wahllose sexuelle Aktivitäten. Aber wusste er davon? Das muss Tatjana herausfinden.
    Ljuba Sergijenko. Das Motiv liegt auf der Hand. Ein Alibi hat sie nicht. Sie wird ständig beobachtet, und sie verhält sich nicht gerade so, wie man es von einer betrogenen, verlassenen Frau erwartet, die ein reines Gewissen hat. Ganz offensichtlich leidet sie unter einer schweren Depression, wobei ihr Verhalten sich nach Ljudmilas Tod stark verändert hat. Die Sergijenko ist natürlich die Verdächtige Nummer eins.
    Nastja erinnerte sich an das Vernehmungsprotokoll, das Olschanskij ihr zu lesen gegeben hatte.
    FRAGE: Seit wann hatten Sie ein feindseliges Verhältnis zur

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