Anastasija 08 - Im Antlitz des Todes
Schirokowa?
ANTWORT: Es ist nie zu Feindseligkeiten zwischen uns gekommen. Ich habe mich mit Mila immer sehr gut vertragen und kann ihr nichts vorwerfen. Als ich aus der Türkei zurückkam, habe ich erfahren, dass sie eine Liebesbeziehung zu Wladimir Strelnikow aufgenommen hat, aber das hat mich nicht besonders aufgeregt. Nach meiner Rückkehr aus dem Ausland habe ich Mila kein einziges Mal mehr gesehen.
FRAGE: Und Sie haben auch nicht mit ihr telefoniert?
ANTWORT: Nein.
FRAGE: Hat es Sie nicht erstaunt und gekränkt, dass zwei Menschen, die Ihnen nahe standen, Sie betrogen und verraten haben?
ANTWORT: Ich war auf so etwas vorbereitet. Strelnikow gefiel Mila schon lange, und sie hat mir das nicht verheimlicht. Und die Gefühle zwischen mir und Wladimir Alexejewitsch hatten sich in letzter Zeit abgekühlt, mir wurde klar, dass wir keine Zukunft hatten, da er offenbar nicht daran dachte, sich scheiden zu lassen. Das hat mich im Grunde auch dazu veranlasst, für einige Monate ins Ausland zu gehen, um dort zu arbeiten. Ich wollte mir über meine Gefühle klar werden und Strelnikow ebenfalls die Gelegenheit dazu geben. Eine sanfte Trennung sozusagen. Ich habe in der Türkei keinen Augenblick daran gezweifelt, dass ich nicht zu ihm zurückkehren, sondern wieder zu meinen Eltern gehen würde. Mila hat mich vor ihrer Rückkehr nach Moskau besucht, das war im Juni, und ich habe ihr gesagt, dass ich mich entschlossen habe, die Beziehung zu Strelnikow zu beenden. Sie fragte mich scherzhaft, ob sie nun davon ausgehen könne, dass sie ihn haben könnte. Und ich habe ihr gesagt, sie könne ihn sich nehmen. Für mich war er nicht mehr interessant.
FRAGE: Aber wenn es so war, wie Sie sagen, warum haben Sie dann nach Ihrer Rückkehr aus der Türkei keinen Kontakt zur Schirokowa aufgenommen? Sie war schließlich Ihre Freundin, und Sie hegten nach Ihrer eigenen Aussage keinerlei Groll gegen sie.
ANTWORT: Das war nicht ganz so. Man kann nicht sagen, dass Strelnikow und Mila mich betrogen und verraten haben, aber das, was geschehen war, hat mich natürlich trotzdem berührt. Wissen Sie, wenn man sich von einem Menschen trennt, mit dem man nicht mehr zusammen sein kann, ist das zu verschmerzen. Aber wenn man erfährt, wie schnell dieser Mensch sich mit einer anderen getröstet hat, sehen die Dinge irgendwie anders aus. Natürlich war das keine Tragödie für mich, aber es hat mich trotzdem verletzt. Allerdings vergeht so etwas schnell, das weiß ich aus Erfahrung.
FRAGE: Warum sind Sie nach Ihrer Rückkehr aus der Türkei nicht gleich nach Hause zu Ihren Eltern gegangen, sondern haben erst bei den Tomtschaks gewohnt?
ANTWORT:: Ich habe es Ihnen doch bereits gesagt. Mich hat das alles verletzt, und ich wollte nicht in schlechter Stimmung bei meinen Eltern auftauchen. Außerdem war ich nicht ganz gesund . . . Wenn meine Eltern erfahren hätten, dass ich krank aus dem Ausland zurückgekommen bin, hätte das Gesprächsstoff für ein ganzes Jahr abgegeben. Für mich war es einfacher, mich bei Larissa Tomtschak zu Hause auszukurieren und gesund und fröhlich bei meinen Eltern zu erscheinen. Sie waren sowieso von Anfang an gegen meine Reise in die Türkei. frage: Was hat Ihnen gefehlt?
ANTWORT: Darüber möchte ich nicht sprechen. frage: Was haben Sie am Montag, dem achtundzwanzigsten Oktober gemacht?
ANTWORT: Ich war zu Hause. Zweimal bin ich spazieren gegangen. frage: Zu welcher Uhrzeit?
ANTWORT: Tagsüber zwischen zwölf und zwei Uhr und abends von acht Uhr bis Mitternacht.
FRAGE: Und wo sind Sie von acht Uhr abends bis Mitternacht gewesen?
ANTWORT: Ich bin spazieren gegangen. Zuerst bis zur Zagorodnaja-Chaussee, eine Weile bin ich dort durch den Park gegangen, dann über den Serpuchowskij-Wall und die Ordshonikidze-Straße bis zum Lenin-Prospekt. Von dort ging ich nach Hause zurück, in die Schwernik-Straße.
FRAGE: Gingen Sie allein spazieren?
ANTWORT: Ja, allein.
FRAGE: Wer kann bestätigen, dass Sie sich um diese Zeit an den von Ihnen genannten Orten aufgehalten haben?
ANTWORT: Niemand. Nur meine Eltern können bestätigen, dass ich gegen acht Uhr das Haus verlassen habe und gegen Mitternacht zurückgekommen bin.
Die Sergijenko wohnte in der Schwernik-Straße. Das war ganz in der Nähe der Akademicheskaja. War sie vielleicht mit Mila Schirokowa spazieren gegangen? So könnte es durchaus gewesen sein. Sie konnte sich mit Mila getroffen haben und dann mit ihr an irgendeinen anderen Ort gefahren sein. Und nachdem sie sie
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