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Anastasija 08 - Im Antlitz des Todes

Anastasija 08 - Im Antlitz des Todes

Titel: Anastasija 08 - Im Antlitz des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Marinina
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genau das gleiche. Diese Bücher werden auf der Straße verteilt oder den Leuten ins Haus gebracht. Ich zum Beispiel habe es an meiner Wohnungstür bekommen und Ljoscha in der Metro, nur in Blau. Ich bin übrigens der Meinung, dass es gar nicht schlecht ist, so ein Buch zu besitzen. Unser Wissensstand in Bezug auf die Weltreligionen ist ja gleich null, und dabei baut doch die ganze Kunst und Kultur auf den Religionen auf. Man muss ja nicht gläubig sein, aber für die Allgemeinbildung ist es unbedingt notwendig, sowohl das Neue als auch das Alte Testament zu kennen. Wenn Ljuba Sergijenko das gelesen hat, will das noch nicht besagen, dass sie eine Frömmlerin war.«
    »Vielleicht«, sagte der Untersuchungsführer nachdenklich, »vielleicht. Hier, blättere mal ein bisschen, ich gehe inzwischen hinüber zu Subow. Und beachte die angestrichenen Stellen. Sehr interessant, sage ich dir, sehr interessant.«
    Sie öffnete das Neue Testament an der Stelle, wo Olschanskij zu lesen aufgehört hatte: der zweite Brief des Petrus. Nastjas Blick fiel auf die mit einem gelben Markierstift angestrichenen Stellen.
    So wendet allen euren Fleiß daran und beweist in eurem Glauben Tugend und in der Tugend Erkenntnis und in der Erkenntnis Mäßigkeit und in der Mäßigkeit Geduld und in der Geduld Gottesfurcht und in der Gottesfurcht brüderliche Liebe und in der brüderlichen Liebe die Liebe zu allen Menschen. Denn wenn solches reichlich bei euch ist, werdet ihr nicht faul noch unfruchtbar sein in der Erkenntnis unseres Herrn Jesus Christus. Wer aber solches nicht hat, der ist blind und tappt im Dunkeln und hat vergessen, dass er rein geworden ist von seinen vorigen Sünden.
    Am Rand dieser markierten Zeilen stand mit Kugelschreiber: Ich bin blind geworden vor Hass und vergaß, dass ich selbst gesündigt habe. Welches Recht hatte ich, über sie zu richten?
    Nastja blätterte um und stieß erneut auf angestrichene Stellen.
    Denn Gott hat selbst die Engel, die gesündigt haben, nicht verschont, sondern hat sie in finstere Höhlen hinabgestoßen und übergeben, dass sie zum Gericht behalten werden; und hat nicht verschont die vorige Welt, sondern bewahrte allein Noah, den Prediger der Gerechtigkeit, mit sieben andern und brachte die Sintflut über die Welt der Gottlosen; und hat die Städte Sodom und Gomorra zu Asche gemacht, umgekehrt und verdammt und damit ein Beispiel gesetzt den Gottlosen, die hernach kommen würden. Der Herr weiß die Frommen aus der Versuchung zu erretten, die Ungerechten aber zu behalten auf den Tag des Gerichts, sie zu strafen.
    Auch hier eine handschriftliche Notiz am Rand: Er weiß selbst, wen er bestrafen muss und warum. Ich bin dumm und sündig und habe kein Recht, mich einzumischen.
    Auf der nächsten Seite befand sich eine erneute Markierung, an einer noch eindrucksvolleren Stelle:
    Es ist ihm widerfahren das wahre Sprichwort: Der Hund frisst wieder, was er gespien hat; und: Die Sau wälzt sich nach der Schwemme wieder im Kot.
    Und daneben wieder handschriftlich: Nach dem, was ich getan habe, kann mich das Wort Gottes nicht mehr retten. Ich bin in schreckliche Sünde gefallen, indem ich einem Nächsten den Tod gewünscht habe. Und auch die Erkenntnis dessen, was ich angerichtet habe, kann mich nicht mehr reinwaschen. Ich kann nur noch in das zurückkehren, was ich gespien habe, in meinen eigenen Schmutz, ich kann nur noch mir selbst den Tod wünschen. Obwohl ich weiß, dass diese Sünde genauso schwer wiegt wie die andere.
    Nastja vernahm Olschanskijs dünne Tenorstimme neben sich.
    »Na, ist es nicht beeindruckend?«
    Sie hob den Kopf und sah den Untersuchungsführer verwirrt an.
    »Durchaus. Es sieht nach einem Geständnis aus.«
    »So ist es. Wir müssen nur noch überprüfen, ob die Randnotizen wirklich von Ljubas Hand stammen. Aber alles scheint darauf hinzudeuten, dass die Schirokowa von ihrer Freundin ermordet wurde. Wir hatten sie ja ohnehin in Verdacht, wie du weißt, zumal sie für die Tatzeit kein Alibi nachweisen konnte. Und deine Bekannte hat gesehen, wie die Schirokowa etwa zwei Stunden vor ihrer Ermordung an der Metrostation Akademicheskaja ausstieg, genau da, wo die Sergijenko wohnt. Also passt eines zum andern.«
    Nastja gab dem Untersuchungsführer das Buch zurück und wollte sich vom Sofa erheben. Ein scharfer Schmerz durchzuckte sie, und sie plumpste zurück auf das Polster.
    »Was soll das denn sein?«, fragte Olschanskij missvergnügt.
    »Das ist ein Hexenschuss«, murmelte Nastja und

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