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Anatomie einer Affäre: Roman

Anatomie einer Affäre: Roman

Titel: Anatomie einer Affäre: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Enright , Hans-Christian Oeser , Petra Kindler
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behelligt werden. Aileen darf nicht noch mehr gedemütigt werden. Es wäre Aileen niemals möglich, an meiner Haustür zu klingeln oder mich auf der Straße zu treffen, um mir ihr Kind zu übergeben. Ihr Kind. Mir. Das wäre nicht möglich. Das wäre wie sterben. Und niemand möchte Aileen ausgerechnet auf diese Art sterben sehen.
    Ich werde diese Frau nie loswerden.
    Während unserer ersten gemeinsamen Monate in Terenure erinnerte Seán alles daran, wie sehr er Aileen hasste. Besonders ich. Alles, was ich tat, erinnerte ihn an seine Frau.
    Eines Morgens sagte ich zu ihm, er werde sich noch eine Erkältung holen. Das war in der Anfangszeit, nachdem er sich ein Fahrrad gekauft hatte, ohne sich die passende Montur zu überlegen. Und so fuhr er in Hemdsärmeln los, das zusammengefaltete Anzugjackett über dem Lenker.
    »Pass auf, dass du dir keine Erkältung holst«, sagte ich, als ich ihm von der Haustür aus nachsah, und er verharrte einen Moment regungslos, bevor er aufstieg und davonradelte.
    An jenem Abend stritten wir über irgendetwas Dummes – unser erster häuslicher Zwist –, und als der Krach ausgestanden war, stellte sich heraus, dass ich ihn an seine Frau erinnert hatte. Denn wann immer, ganz gleich, in welcher Jahreszeit, Frühjahr oder Herbst, Seán ein Flugzeug bestieg, um in ein wärmeres oder kälteres Land zu reisen – er wusste nie, wohin –, sagte Aileen: »Du wirst dich erkälten, weißt du.« Und immer, aber auch immer hatte sie recht. Und das hasste Seán. Es war, als gehöre ihr sein gesamtes Immunsystem. Und überhaupt, was hätte er denn tun sollen – zu Hause bleiben?
    Es lag eine vergeudete Intensität in der Art, wie er über sie sprach; als würde er den Deckel eines Sargs zunageln, in dem sich nichts befand – oder doch: ein Scherzartikel. Irgendeine Zombie-Ehefrau, die, wenn Licht auf sie fiel, noch immer zuckte. Ich verbrachte meine Tage damit, zu erraten, was wohl Aileen sagen würde, damit ich etwas anderes sagen konnte, und lernte sehr geschwind, Krankheiten jedweder Art nicht zu erwähnen. Oder auch nur Schwächen. Ich lernte, ihm nicht das Gefühl zu geben, schwach zu sein.
    Ich weiß nicht, was sie mit ihm gemacht hatte – aber sie hatte es gut gemacht.
    Es war ein heikles Geschäft, die Nicht-Ehefrau zu sein. Wie an jenem Morgen, als er das saubere Hemd aus dem Schrank nahm, es betrachtete und fragte: »Stimmt was mit dem Bügeleisen nicht?« Genau da hielten wir beide inne. Nicht dass Aileen ihm die Hemden gebügelt hatte. Aileen hatte ein junge Polin, die Seáns Hemden für zwölf Euro die Stunde bügelte. Aber wenn Seán wie ein jüngerer Mann leben wollte, würde er sich ändern müssen.
    Und er änderte sich tatsächlich.
    Eine zweite Intimität kann sehr reizvoll sein. Es gibt so viele Fehler, die man nicht mehr machen muss. Ich konnte nicht glauben, dass er neben mir lag, wenn ich einschlief. Ich konnte nicht glauben, dass er neben mir lag, wenn ich aufwachte. Wir gingen wie Bonnie und Clyde zum Supermarkt und verglichen Kartons mit Waschmitteltabs.
    »Wie wär’s mit denen? Was meinst du?«
    Unsere Schuhe hinterließen blutige Fußspuren auf dem Gang.
    Wir taten alles, was langweilige Paare tun: Manchmal kochte Seán Abendessen, und ich zündete die Kerzen an. Wir gingen ins Kino und flogen für das bewusste Wochenende nach Budapest. Wir gingen sogar spazieren – Seite an Seite in die Welt hinaus. Seán hielt meine Hand. Er war stolz auf mich. Er interessierte sich für mein Aussehen und sagte mir, was ich anziehen solle. Er wollte, dass ich gut aussah. Er wollte, dass ich Kellnern und anderen Fremden gefiel, denn noch trafen wir uns nicht mit seinen Freunden. Was mir nur recht war, denn den Druck hätte ich nicht ertragen.
    Eines Abends saßen wir bei Fallon and Byrne, als eine Frau an unserem Tisch stehen blieb.
    »Sieh mal einer an«, sagte sie. »Wen haben wir denn da?«
    Ich erkannte sie nicht.
    »Stimmt«, sagte Seán.
    Sie war betrunken. Und mittleren Alters. Es war die Globalsteuerfrau von der Konferenz in Montreux. Sie schwatzte eine Minute lang und schlängelte sich dann zu ihrem eigenen Tisch zurück, wobei sie auf eine gezierte, ironische Art zu mir herüberwinkte, bevor sie sich wieder zu ihren Freundinnen setzte.
    »Mach dir nichts draus«, sagte Seán.
    »Keine Sorge.« Ich wandte mich wieder meiner Mahlzeit zu. Ich sagte: »Sie sieht nur so alt aus.«
    Seán blickte mich an, als würde er mich aus neuer und einsamer Distanz betrachten.
    »Das war

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