Anbetung
im Verhältnis zum Straßenverlauf und kam zu dem Schluss, dass der führerlose Laster sich entgegen der Logik verhalten hatte. Statt auf den Jungen zuzurasen, hätte er eigentlich neun Meter von diesem entfernt auf die Mauer aufprallen sollen. Offenbar war der leblose Körper des Fahrers aufs Lenkrad gesunken und hatte den Kräften entgegengewirkt, die den Jungen gerettet hätten.
Ich weiß mehr über die Geheimnisse des Universums als jene von euch, die nicht in der Lage sind, die hier verharrenden Toten zu sehen. Was die Wahrheit über unsere Existenz betrifft, verstehe ich zwar auch nur einen winzigen Bruchteil, auf der Grundlage dessen, was ich weiß, bin ich aber dennoch zu einem sicheren Schluss gelangt: Es gibt keine Zufälle.
Auf der Makroebene nehme ich wahr, was die Physik uns über die Mikroebene berichtet: Selbst im Chaos gibt es Ordnung, Zweck und eine merkwürdige Bedeutung, die uns dazu einlädt, sie zu erforschen und zu begreifen, sich diesem Bemühen aber auch häufig widersetzt.
Deshalb hielt ich an keinem der Häuser, an denen Bodachs herumtollten, und weckte niemanden auf, um meine dringenden Fragen zu stellen. Irgendwo brauchten ein gesunder Lastwagenfahrer und sein riesiger Truck nur ein Hirnaneurysma samt Bremsversagen zur rechten Zeit, um unvermutet meinen Weg zu kreuzen.
Stattdessen fuhr ich zum Haus von Chief Porter, obwohl ich mir noch nicht sicher war, ob ich ihn zu so nachtschlafender Zeit – es war drei Uhr – aufwecken sollte.
In den letzten Jahren hatte ich ihn nur zwei Mal im Schlaf gestört. Das erste Mal war ich nass und schlammig gewesen und hatte noch ein Stück Kette und eine der Handschellen getragen, mit denen ich von bösen Menschen an zwei Leichen gefesselt
und in den Mala Suerte Lake geworfen worden war. Das zweite Mal hatte ich ihn wegen einer Krise geweckt, um die er sich dringend kümmern musste.
Die momentane Krise hatte uns zwar noch nicht ganz erreicht, aber sie braute sich zusehends zusammen. Ich musste dem Chief berichten, dass Bob Robertson kein Einzeltäter gewesen war, sondern einen Komplizen hatte.
Dabei ging es darum, diese Nachricht überzeugend zu übermitteln, ohne zu verraten, dass ich Robertson tot in meinem Badezimmer gefunden und anschließend hemmungslos mehrere Gesetze gebrochen hatte, indem ich die Leiche an einen weniger belastenden Ort geschafft hatte.
Als ich kurz vor dem Haus des Chiefs um die Ecke bog, sah ich verblüfft, dass trotz der späten Stunde in mehreren Häusern Licht brannte, bei Porter noch auffälliger als anderswo.
Vier Streifenwagen standen vor dem Haus. Alle waren hastig geparkt worden, schräg zum Bordstein. Das Licht auf dem Dachträger eines Wagens drehte sich noch immer.
Auf dem Rasen, über den das rhythmisch blinkende Rotlicht blaue Schatten jagte, standen fünf Beamte zusammen. Es sah so aus, als sprächen sie einander Trost zu.
Ich hatte vorgehabt, auf der anderen Straßenseite zu parken und die Privatnummer des Chiefs erst zu wählen, wenn ich mir eine Geschichte ausgedacht hatte, bei der meine Bemühungen als Taxichauffeur eines Toten unerwähnt blieben.
Stattdessen ließ ich den Chevy jetzt auf der Straße neben einem der Streifenwagen stehen. Betroffen schaltete ich die Scheinwerfer aus. Den Motor ließ ich laufen und hoffte, dass keiner der Cops in den Wagen schaute und sah, dass kein Schlüssel in der Zündung steckte.
Die Polizisten auf dem Rasen kannte ich alle. Sie drehten sich zu mir um, als ich auf sie zulief.
Sonny Wexler, der Größte, Härteste und Freundlichste in der kleinen Gruppe, hob den stämmigen Arm. Offenbar wollte er mich davon abhalten, an ihm vorbei ins Haus zu stürzen. »Halt, Junge, bleib zurück! Da ist die Spurensicherung noch bei der Arbeit.«
Bisher hatte ich Izzy Maldanado auf der Veranda noch gar nicht gesehen. Er erhob sich von einer Aufgabe, der er sich kniend gewidmet hatte, und streckte sich, um seine Wirbel zu justieren.
Izzy arbeitet für den technischen Dienst des Sheriffs von Maravilla County, der auch für die Polizei von Pico Mundo tätig ist. Wenn man Bob Robertsons Leiche irgendwann in ihrer Wellblechbaracke fand, dann rief man wahrscheinlich Izzy herbei, um den Schauplatz penibel nach Indizien abzusuchen.
Obwohl ich dringend wissen wollte, was hier vorgefallen war, brachte ich kein Wort heraus. Ich konnte nicht einmal schlucken. Eine klebrige Masse schien mir die Kehle zu verstopfen.
Während ich erfolglos versuchte, den eingebildeten Pfropfen
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