anderbookz Short Story Compilation
berichtet hast?«
Mark nickte. »Carol-Celia-Cordray.« Er sprach meinen Namen wie ein Wort.
»Erzähle uns mehr von ihrer Geschichte!« Es war eine feine, wohlklingende Stimme mit dem Tonfall eines Bürgers.
»Später«, erklärte Mark, und ich wunderte mich darüber, daß er so mit ihnen zu sprechen wagte. »Bring uns erst auf den neuesten Stand, Carol!«
Ich begann. »Die Zeitfrequenz, die wir seit längerer Zeit beobachten, liegt nun bei vollständigem Gleichlauf. Theoretisch wären wir also in der Lage, materielle Güter hindurchzusenden oder entgegenzunehmen. Die beste Kontaktschärfe, die wir ausmachen konnten, liegt in dem Stockwerk über dem Standort der Möwe. Dies werden wir als Transferort nutzen, ehe wir durch weitere Versuche die Frequenz verlieren.«
Einer der D’drendt unterbrach mich. »Wie soll das Kunstobjekt von seinem Standort zum Transferort gebracht werden? Wirst du zu diesem Zweck selbst einen Durchstoß unternehmen? Das wäre ziemlich kostspielig. Und wird das nicht in den Unterlagen vermerkt werden müssen? Ich meine nicht ohne Grund, daß ...«
Mark konnte sie auch einfach unterbrechen. »Wir haben daran gedacht«, warf er energisch ein. »Erkläre es ihm, Carol!«
Ich wandte mich dem D’drendt zu, zwang mich, ihn anzusehen. Die Erfahrung wird dir gut tun, sagte ich mir. Und wenn die D’drendt wirklich überall gegenwärtig waren, würde ich es lernen müssen, damit umzugehen. »In diesem Fall ist kein Durchstoß vorgesehen«, erläuterte ich ruhig und gelassen. »Wir bedienen uns einer Person vor Ort, die im fraglichen Zeitrahmen lebt, uns die Möwe in den Bereich der Kontaktschärfe zu transportieren.«
»Wird diese Person nicht reden? Wir haben Gesetze für Interaktionen ...«
Jetzt war auch ich entschlossen, dem Gesprächspartner ins Wort zu fallen - wie die anderen. »Er wird nicht reden. Er wird innerhalb von vierundzwanzig Stunden seines Zeitlaufs tot sein.«
Der D’drendt verstummte, vermutlich um meine Frechheit zu verdauen.
Mark schien sehr zufrieden und zuversichtlich. »Du leistest gute Arbeit, Carol. Bleibe am Ball!«
Das war wirklich wahr, aber er könnte es auch nur gesagt haben, um den D’drendt zu versichern, daß ihr Projekt in guten Händen war.
Jedenfalls sagte ich: »Danke.«
Nun meldete sich der Lautsprecher des anderen D’drendt. »Du wolltest uns mehr von ihrer Geschichte berichten.« Es war eine warme, weibliche Stimme, etwa die einer fünfzigjährigen Frau. Das hatte ich nicht erwartet und sann darüber nach, welche Bedeutung das haben mochte.
Mark begann: »Bei ihrer Rekrutierung war Carols Zeit 1974. Das liegt dicht bei dem Zeitpunkt, den wir jetzt beobachten. Demnach ist sie für das Projekt absolut geeignet. Sie ist von Natur aus besonnen und wird nichts tun oder geschehen lassen, das 1957 Aufmerksamkeit erregen würde.« Von Natur aus besonnen, ja! Offenbar warf er seinen Gästen gerade das richtige Futter vor. Fast verpaßte ich, was er dann sagte. »Ich selbst habe Carol rekrutiert. Ich holte sie aus dem staatlichen Gefängnis von Kalifornien, wo sie die Verurteilung wegen Mordes erwartete.« Ich starrte ihn an, konnte es nicht glauben.
»Das klingt aber nicht nach einer zuverlässigen Rekrutin«, ließ der - vermutlich - weibliche D’drendt vernehmen.
Mark winkte ab. »Sie stand vor Gericht, weil sie ihren Vater getötet hatte. Er war einer der denkbar unangenehmsten Sorte Mensch, einer, den eine vernünftige, gesunde Gesellschaft ihr erspart hätte. Ich hatte gewiß genug Gelegenheit, eine ganze Reihe übler Menschen der Zeit zu beobachten, bin auch einigen begegnet, um Erfahrungen zu sammeln. Dieser Mann war es nicht wert, in irgendeiner Zeit zu leben, und gewiß nicht in Carols. Deshalb bot ich ihr einen Job an anstelle der Freiheitsstrafe.«
»Aber sie wurde dann doch sicher vermißt ...«
»Wir haben ihren Anwalt gut bezahlt und dafür gesorgt, daß sie in eine Nervenheilanstalt kam, wo sie wenig später Selbstmord begehen würde. Wir haben ein bißchen gemogelt.« Er lächelte zufrieden. »Niemand achtete genau darauf: eine andere Leiche - der Körper eines Ertrunkenen ist eh nicht leicht identifizierbar. Psych hatte anfangs mit ihr eine Menge Arbeit, aber ich muß wirklich sagen, für sie hat sich jede Ausgabe gelohnt.«
»Wir werden uns auf deine Einschätzung verlassen müssen. Wahrscheinlich war auch Psych von ihr überzeugt, sonst wäre sie nicht zum Trainingsprogramm zugelassen worden.«
»Oh ja! Man mußte ihre
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