Androiden im Einsatz
Gewändern ließen mit vielen Verneigungen die dritte Dame eintreten.
Andas erkannte sie nach dem Porträt an der Wand. Obwohl sie sich so steif bewegte, wie es die Hofetikette verlangte, wirkte sie viel jünger und menschlicher als auf dem Gemälde. Ihre Haare waren unter einem Diadem verschwunden, von dem Perlenschnüre heruntergingen, die die massiven Ohrgehänge etwas abstützen sollten. Ihre juwelenbesetzte rote Robe war so schwer, daß sie sich unter dieser Last nur langsam bewegen konnte. Andas kannte dieses Gefühl. Sie war sicher froh, endlich allein zu sein, um sich dieser Bürde zu entledigen.
Sie stand wie eine Statue da, als sie die beiden Hofdamen aus ihrer Robe schälten. Danach hob sie die Hände, nahm das schwere Diadem ab und fuhr sich so lange durch die Haare, bis diese in natürlichen Wellen auf ihre Schultern fielen.
Nachdem die Staatstracht von ihr abgefallen war, konnte sie Andas viel besser sehen. Obwohl sie keine ausgesprochene Schönheit war, wirkte sie auf einen Mann sehr attraktiv.
»Wünschen Ihre Hoheit …« Eine Hofdame kniete sich nieder und hob einen Pokal mit einem schäumenden Getränk.
Das Mädchen schüttelte den Kopf. »Ich habe genug. Den ganzen Abend über habe ich gegessen und getrunken, um die endlosen Reden, die zu nichts führen, zu ertragen.« Sie reckte sich. »Sie dürfen gehen, Jacamada. Warten Sie ein wenig, ehe Sie mir die Nachtzofen schicken. Ich muß mich ausruhen.«
»Ganz wie Ihre Hoheit befehlen.« Die Hofdamen zogen sich zurück.
Andas trat ungeduldig von einem Fuß auf den anderen. Zumindest in dieser Hinsicht war in Triple Towers alles beim alten geblieben. Ein Prinz oder eine Prinzessin mochten etwas freier reden – die Antworten, die sie erhielten, waren immer gleich stereotyp.
Wenn dieses Zimmer einer kaiserlichen Prinzessin gehörte, dann mußte es auf der anderen Seite zu den Blumengärten führen, die Kaiser Amurak vor einigen hundert Jahren für seine Frau, die Prinzessin Alaha, angelegt hatte.
Kaiserliche Prinzessin? Nein, die Hofdame hatte sie mit »Hoheit« angeredet. Das war nicht der offizielle Titel für eine Herrscherin. Während Andas vor der Tür stand und das Mädchen anstarrte, überlebte er, in welcher Beziehung sie zum Herrscherhaus stehen könnte.
»Spion!« unterbrach sie seine Gedankengänge mit kalter Stimme. »Ich weiß nicht, was Sie von mir wollen, aber bedenken Sie, daß zu einem Spiel immer zwei gehören. Daß Sie mich beobachten, hat mir die Stimme der Old Woman of Bones zugeflüstert.«
Andas zuckte zusammen. Old Woman of Bones! Wie konnte eine First Daughter im Herzen der bewachten Triple Towers Kontakt mit der Old Woman haben? Sollten die alten Geschichten von Intrigen, bei denen viele im Blumengarten gestorben waren, doch zutreffen?
Sie hob ihre Hand und griff nach einem Ring, den sie unter der Robe an einer Halskette getragen hatte. Als sie im Begriff war, den Ring über einen Finger zu streifen, lächelte sie böse.
»Ich glaube nicht«, sagte sie mit einem drohenden Unterton in der Stimme, »daß Sie zu Ihrer Geliebten so freudig zurückkehren werden, wie Sie sie verlassen haben.«
Die alten Geschichten waren für Andas auf einmal so wichtig, wie er es nie für möglich gehalten hätte. Nachdem er herausgefunden hatte, daß sich diese Geheimtür durch einen verborgenen Riegel öffnen ließ, schoß er vor, um sich auf sie zu stürzen.
Sie durfte diesen Ring, den sie schon halb an die Lippen geführt hatte, nicht benutzen! Sie durfte ihn durch ihren Hauch nicht in Aktion treten lassen.
Das Mädchen starrte Andas entsetzt an, als er ihr Handgelenk nach hinten verdrehte und ihr mit seiner anderen Hand den Mund zuhielt, damit sie nicht schreien konnte. Der Ring saß so fest an ihrem Finger, daß er ihn, so lange sie sich wehrte, nicht abziehen konnte. Sie schluchzte fast.
Dann hatte sie sich wieder in der Gewalt und sagte mit ruhiger Stimme:
»Sie haben Ihr Leben verwirkt, weil Sie an einer First Daughter Hand angelegt haben.«
»Das glaube ich nicht.« Er sprach zum ersten Mal. »Achten Sie auf Ihre eigene Sicherheit, First Daughter. Wenn Sie einem Auserwählten für den Thron gegenüberstehen, haben Sie die Macht der Bones verloren.«
Sie lachte. »Sie müssen verrückt sein! Es gibt keinen auserkorenen Prinz. Ich bin die First Daughter, habe keinen Bruder und bin von meinem Vater, dem Kaiser, gewählt worden, den Thron mit einem Ehemann, den man mir aussucht, zu teilen.«
»Wer ist der Kaiser?« Er
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