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Androidenträume

Titel: Androidenträume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Scalzi
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den Wunsch verspürt, sich anzuschauen, wie es auf der anderen Seite des Tisches aussah.
    Also hatte er mit Webster einen Handel geschlossen: Er verschaffte ihm Philadelphia, und Webster verschaffte ihm einen Posten im Kabinett. Soram hatte sich das Handelsministerium gewünscht, das er für das passendste hielt, da er (beziehungsweise sein Börsenmakler) so großen Erfolg mit den internationalen und interplanetaren Investment-Portfolios gehabt hatte, und selbst Soram war sich im Klaren, dass er sich etwas zu weit aus dem Fenster gelehnt hätte, wenn er um das Wirtschaftsministerium gebeten hätte. Aber jeder hatte gewusst, dass die Wahl auf ein Kopf-an-Kopf-Rennen hinauslaufen würde, und Webster brauchte Philadelphia, wenn er den Bundesstaat Pennsylvania als wahlentscheidenden Wackelkandidaten gewinnen wollte.
    Die Entscheidung wurde gefasst. Das Handelsministerium wurde vom Keller bis zum Dachgeschoss mit lebenslangen Bürokraten besetzt. Selbst nachdem man die Behörde von Anti-Nidu-Elementen gesäubert hatte, gab es noch genügend kompetente Leute, die rund um Soram herum die Arbeit erledigten. Soram war sich nicht bewusst gewesen, dass dieser letzte Punkt natürlich Teil der Gleichung war, obwohl er im Verlauf seiner Amtszeit immer mehr den Eindruck gewann, dass man immer weniger auf ihn hörte. Aber auch in diesem Punkt war er sich nicht ganz sicher, was er dagegen tun konnte. Wenn man grundsätzlich überflüssig war, hatte man große Schwierigkeiten, die Dinge so zu verändern, dass man nützlich wurde. Doch selbst Soram war klar, dass es an der Zeit war, sich ganz schnell nützlich zu machen.
    Als nun die vertrauliche, verschlüsselte, angeblich von Ben Javna kommende Nachricht in Sorams Mailbox landete und dem Handelsminister einen rettenden Ausweg bot, fasste er sie genau so auf, wie sie beabsichtigt war: als Geschenk und ohne sie genauer zu überprüfen. Hätte Soram über die geistige Vielschichtigkeit verfügt, die für einen so hohen Posten normalerweise eine Voraussetzung war, oder auch nur über das gesunde Misstrauen eines Karrierepolitikers, wäre er vielleicht auf die Idee gekommen, die Herkunft dieser Nachricht zurückzuverfolgen, worauf er (beziehungsweise sein technischer Stab) sehr schnell bemerkt hätte, dass die Nachricht äußerst geschickt, aber unbestreitbar gefälscht war. Sie kam nämlich gar nicht vom Außenministerium, sondern von einem anonymen Remailer in Norwegen. Dieser hatte sie von einem zweiten anonymen Remailer in Katar empfangen, der sie wiederum von Archie McClellan bekommen hatte, der sie nach dem Kommunikatoranruf von Phipps erstellt hatte. Die Nachricht war recht kurz und lautete:

Minister Soram,
    Minister Heffer hat mich gebeten, Ihnen folgende Informationen bezüglich des Nidu-Problems zukommen zu lassen.

    Danach folgte eine kurze Erklärung, wer Robin Baker war und welche Bedeutung sie für die Nidu hatte.

Nach Absprache mit dem Präsidenten und dem Generalstabschef wurde beschlossen, dass es das Beste wäre, wenn Sie den Botschafter der Nidu über diese Informationen in Kenntnis setzen, um die aktuelle Krise zu entspannen. Ich wurde angewiesen, Ihnen mitzuteilen, dass die Zeit drängt und es ratsam wäre, den Kontakt mit dem Botschafter der Nidu ohne weitere Verzögerung in die Wege zu leiten, nachdem Sie diese Nachricht empfangen haben.

    Soram brüllte nach seinem Sekretär, damit er ihm sofort einen Termin in der niduanischen Botschaft verschaffte, noch bevor er den letzten Absatz ganz gelesen hatte.
    Eine Stunde später wurde Soram in das Allerheiligste von Narf-win-Getag geführt, der das Volk der Nidu bei den UNE vertrat und gerade niduanischen Sarf-Tee trank (von dem allgemein behauptet wurde, dass er für menschliche Zungen wie Kuhurin schmeckt, obwohl die menschlichen Besucher ihn dennoch niemals ablehnten, wenn die Nidu darauf bestanden, jedem Erdbewohner eine dampfende Tasse mit dem Zeug zu servieren, kaum dass sie das Botschaftsgebäude betreten hatten). Zunächst erzählten sie sich Segelgeschichten, da ihre Jachten zufällig im gleichen Hafen lagen. Narf-win-Getag war natürlich entzückt, von Miss Baker zu hören, und versicherte Soram, dass die Handelsgespräche sofort wieder aufgenommen würden, wenn das Mädchen zur Krönungszeremonie anwesend war. Soram lud Narf-win-Getag zu einem Wochenendausflug auf seiner Jacht ein, und Narf-win-Getag bot Soram eine weitere Tasse Sarf-Tee an.
    Auf dem Rückweg zum Handelsministerium dachte Soram über die

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