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Andular III (Das Erbe der Schicksalsweber) (German Edition)

Andular III (Das Erbe der Schicksalsweber) (German Edition)

Titel: Andular III (Das Erbe der Schicksalsweber) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rene Fried
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seinen Köcher, hielt sie über Renyan hinweg und schleuderte sie im hohen Bogen hinter sich, worauf sie verstreut zu Boden fielen. Renyan sah ihnen eine Sekunde lang hinterher, dann ließ er den Bogen aus seiner Hand gleiten und schüttelte entmutigt den Kopf.
    „Du glaubst gar nicht, wie sehr mich dieser Anblick erfreut“, sagte Tenyon zufrieden. „Mein Bruder, gefeierter Held Panjans, stirbt hier im Nirgendwo weit ab der Heimat einen glanzlosen Tod. Und jeder wird erfahren, dass es sein eigener Bruder war, der ihn getötet hat.“
    Renyan sah ihm ins Gesicht. Doch obwohl er ihm genau in die Augen schaute, sah er ihn nicht wirklich. Sein Blick war verschwommen. Die Tränen in seinen Augen ließen Tenyons Gesicht unscharf und konturlos erscheinen, wie wässrige Farbe auf einer Leinwand. Dass sein Bruder jetzt einen Arm emporriss, um alles mit einem letzten Hieb zu beenden, bemerkte er nur schemenhaft. Er schloss die Augen und erwartete Tenyons tödlichen Schlag - aber nichts geschah. Und nun war ihm, als würde er Tenyon knurren hören, geradezu fauchen, doch in Sekundenbruchteilen wurde ihm klar, dass es nicht das Knurren seines Bruders war, sondern ein wilderes, ein animalischeres Knurren, gerade wie von einem –
    „Zardan!“, rief er und riss die Augen auf. Und tatsächlich, da stand er. Wankend, mit bluttriefendem Maul, stand Zardan hinter dem Hünen und fletschte knurrend die Zähne.
    Tenyon schnaufte und drehte sich langsam nach ihm um. „Ganz schön hartnäckig, du lästiger Kläffer!“, rief er und massierte sich die Knöchel seiner rechten Hand. Dann ging er auf den Wolf zu, der so regungslos an seinem Platz verharrte, als würde er unter keinen Umständen vor dem Hünen weichen.
    Instinktiv suchte Renyan nach Noiril, als der Schmerz in sein Bein zurückkehrte. Der Pfeil, dachte er und starrte auf das federlose Ende, das aus seinem Oberschenkel ragte. Was wäre, wenn…er sah zurück auf Tenyon und Zardan, der sich gerade im linken Bein des Hünen festgebissen hatte.
    Ich muss es versuchen, dachte Renyan und griff nach einem Stein am Boden, den er sogleich mit einem Ärmel seines Mantels umwickelte und sich in den Mund steckte. Dann biss er auf das Leder, zählte in Gedanken bis drei und riss den Pfeil aus seinem Bein. Der darauf folgende Schmerz schien unerträglich und seine Zähne gruben sich tief in das zähe Leder, bis sie auf den Widerstand des Steins trafen. Eine Flut von Tränen schoss in seine Augen und lief ihm in breiten Rinnsalen die Wangen hinunter, von wo aus sie auf die blutige Spitze des schwarzen Pfeils tropften, den er nun in seiner Hand hielt. Schließlich spuckte er den Ärmel wieder aus, griff nach Noiril, und ohne auf die Wunde zu sehen, legte er den Pfeil an die Sehne des Bogens.
    „Mögen unsere Eltern mir verzeihen“, keuchte er leise und gab den Pfeil frei. Ein hoher Ton erklang, und dieses Mal war es fast wie eine Melodie. Zunächst zittrig, beinahe zaghaft, doch dann wuchs sie zu einem hellen, widerhallenden Ruf an, der erst wieder abklang, als sich die Spitze des Pfeils in Tenyons Herz bohrte. Mit einem Ausdruck von Fassungslosigkeit und Zweifel starrte der Hüne auf die Stelle seiner Brust. Dann hob er seinen Blick und sah ein letztes Mal zu Renyan herüber, bevor er endgültig nach hinten kippte und auf den Boden aufschlug.
    Zardan, der kurz zuvor zum Sprung auf Tenyon angesetzt hatte, beugte sich nun knurrend über ihn. Und dann geschah etwas, das sich Renyan zunächst nicht erklären konnte. Denn plötzlich stieß sich der Wolf mit den Vorderpfoten vom Boden ab, sodass er nun auf seinen zitternden Hinterbeinen stand. Und da sah Renyan zum allerersten Mal, wie sich Zardan zurück in Cale verwandelte. Und
    auch Tenyon, der röchelnd unter dem Wolf am Boden lag, sah es.
    Die Wolfsgestalt schrumpfte, ihr Fell wurde kürzer und spärlicher, bald kaum mehr als weicher Flaum auf der Haut, die sich nun immer mehr straffte und nach und nach Cales kindliche Statur formte. Seinen Rücken zu Renyan gekehrt, stand er da, nackt und erschöpft, mit einer blutenden Schramme unter der Brust. „Siehst du mich?“, fragte er kraftlos und blickte zu Tenyon herab, der seinen Blick murmelnd erwiderte.
    „Du?“, fragte er und ein schwaches Lachen drang aus seinem Mund. „Der kleine verschwundene Junge…ein Kind…“
    „Gib mir das Amulett!“, sagte Cale mit erstickter Stimme und sah in die dunklen Augen des Hünen, deren lodernde Glut fast erloschen war.
    „Es…wird euch nichts

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