Ange Pitou, Band 2
wurden. Feinde gewesen sind.
Sagen Sie uns doch, Herr Gilbert, sprach Billot halblaut, ich habe den König gut angeschaut, ich habe ihm wohl zugehört. Nun! meiner Ansicht nach ist der König ein braver Mann.
In seinem Enthusiasmus betonte Billot diese letzten Worte so, daß der König und der Generalstab sie hörten.
Der Generalstab lachte.
Der König lächelte, nickte mit dem Kopf und sagte:
Das ist ein Lob, das mir gefällt.
Diese Worte wurden laut genug gesprochen, daß Billot sie hörte.
Oh! Sie haben recht, Sire, denn ich spende es nicht jedermann, erwiderte Billot, der mit seinem König geradeswegs ins Gespräch eintrat, wie Michaud mit Heinrich IV.
Das schmeichelt mir um so mehr, sagte der König verlegen, denn er wußte nicht, wie er es machten sollte, um freundlich sprechend seine Königswürde und doch auch als guten Patrioten sich zu behaupten.
Ach! der arme Fürst war noch nicht gewöhnt, der König der Franzosen zu heißen.
Er glaubte noch der König von Frankreich zu sein.
In seinem freudigen Entzücken gab sich Billot nicht die Mühe, darüber nachzudenken, ob Ludwig vom philosophischen Standpunkt aus den Königstitel niedergelegt habe, um den Titel eines Menschen anzunehmen.
Billot, der fühlte, wie sehr sich diese Sprache der ländlichen Gutherzigkeit näherte, Billot wünschte sich Glück, daß er einen König verstand und von ihm verstanden wurde. Von diesem Augenblick an hörte Billot nicht mehr auf, sich für den König zu begeistern. Er trank aus den Zügen des Königs, nach dem Virgilschen Ausdruck, eine lange Liebe für das konstitutionelleKönigtum und teilte sie Ange Pitou mit, der, zu voll von seiner eigenen Liebe und von dem Überfluß der Liebe Billots, das ganze Gefühl nach außen verbreitete, indem er mächtig, dann kreischend, und endlich, indem er nur noch unbestimmt schrie:
Es lebe der König! es lebe der Vater des Volkes!
Dieser Wechsel in der Stimme Pitous bewerkstelligte sich nach Maßgabe seines Heiserwerdens.
Pitou war völlig heiser, als der Zug am Point-du-Jour ankam, wo Herr Lafayette, das berühmte weiße Roß reitend, die undisziplinierten und bebenden Scharen der Nationalgarde in Atem erhielt, die seit fünf Uhr morgens aufgestellt waren, um das Geleit des Königs zu bilden.
Es war nun zwei Uhr.
Die Zusammenkunft des Königs mit dem neuen Chef der französischen Armee ging auf eine für die Anwesenden befriedigende Weise vor sich.
Der König fing an müde zu werden, er sprach nicht mehr und lächelte nur.
Der Obergeneral der Pariser Milizen seinerseits befahl nicht mehr und gestikulierte nur.
Der König bemerkte zu seiner Befriedigung, daß man beinahe ebenso sehr: Es lebe der König! als: Es lebe Lafayette! rief. Leider war es das letzte Mal, daß er dieses Vergnügen der Eitelkeit kosten sollte.
Gilbert befand sich immer am Wagenschlage des Königs, Billot bei Gilbert, Pitou bei Billot.
Gilbert hatte, seinem Versprechen getreu, Mittel gefunden, seitdem er Versailles verlassen, vier Kuriere an die Königin abzusenden.
Diese Kuriere hatten nur gute Nachrichten gebracht, denn überall auf seinem Wege sah der König die Mützen in die Luft fliegen; nur glänzte an allen diesen Mützen eine Kokarde mit den Nationalfarben, eine Art von Vorwurf gegen die weißen Kokarden gerichtet, welche die Garden des Königs und der König selbst an ihrem Hut trugen.In seiner Freude und in seiner Begeisterung war diese Verschiedenheit das einzige, was Billot unangenehm berührte. Er trug an seinem Dreispitz eine ungeheure dreifarbige Kokarde.
Der König hatte eine weiße Kokarde an seinem Hut, der König und der Unterthan hatten folglich keinen ganz gleichen Geschmack.
Dieser Gedanke beschäftigte ihn der maßen, daß er sich Gilbert in dem Augenblick, wo der Doktor nicht mehr mit Seiner Majestät sprach, eröffnete.
Herr Gilbert, fragte er, warum hat der König die Nationalkokarde nicht angenommen?
Mein lieber Billot, weil der König entweder nicht weiß, daß es eine neue Kokarde gibt, oder weil er denkt, seine Kokarde müsse die der Nation sein.
Nein, nein, weil seine Kokarde weiß und die unsre dreifarbig ist.
Geduld, versetzte Gilbert, der Billot in dem Augenblick zurückhielt, wo er sich kopfüber in die Zeitungsphrasen stürzen wollte, die Kokarde des Königs ist weiß, wie die Fahne von Frankreich weiß ist. Das ist nicht die Schuld des Königs. Kokarde und Fahne waren weiß, lange ehe der König zur Welt kam; übrigens, mein lieber Billot, hat die
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