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Angel 01 - Die Engel

Angel 01 - Die Engel

Titel: Angel 01 - Die Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garry Kilworth
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Hilfe von Gates’ Wissen hatte Manovitch die sternförmige Kammer mit der hohen, gewölbten Decke gefunden, in der er Danny gefangen hielt. Der hing an Ketten von der feuchten Mauer unter dem kreuzförmigen Fenster der Kammer.
    Manovitch ging zu der Zelle. Als er näher kam, hörte er eine leise menschliche Stimme, die sich ständig hob und senkte. Neugierig blieb er stehen und lauschte.
    Es war eine Art Gesang.
    » Manovitch, was ist er,
    nur ein blöder Wichser.«
    Immer wieder wurden diese Worte gekrächzt, wie ein Mantra, nur hin und wieder unterbrochen von:
    » Danny Spitz,
    lebt im Ritz.«
    » Bruder Tuck, du Dummer,
    brauchst ne tolle Nummer.«
    Manovitch lächelte. Sein Opfer wurde langsam wahnsinnig. Danny Spitz verlor den Verstand.
    Als die tote Seele die Kammer betrat, fand er eine ausgemergelte, verdreckte Gestalt in den Ketten an der Wand vor. Bruder Tuck hatte es geschafft, sich so herumzudrehen, dass er nicht mehr zur Wand, sondern in die Kammer hineinschaute, auch wenn seine Ketten jetzt überkreuz hingen. Sein Gesicht war eingefallen, die Augen quollen hervor und die Lippen waren aufgeplatzt, aber er starrte Manovitch an. Auf seinen Schultern und seinem Rücken waren Geschwüre gewachsen: Selbst Gefangene in einem Kerker waren nicht immun gegen die Plage, als hätten sie nicht schon genug Schwellungen und offene Wunden. In den Falten seiner Haut, seinem verfilzten Bart und Haupthaar und um seine Genitalien wimmelte es von Insekten. Er schien eine Dauererektion zu haben, was allerdings eher vom Hunger kam als von Erregung.
    Als Manovitch auf ihn zutrat, pinkelte Danny, aber leider war seine Blase zu schwach, um sein Ziel zu treffen. »Netter Versuch«, höhnte Manovitch. » Bist du jetzt zum Poeten geworden, alter Junge? Ich habe deine Kinderlieder gehört.«
    » Manovitch, was ist er, nur ein blöder Wichser«, sang Danny leise. Seine Augen leuchteten hungrig wie zwei Kerzenflammen des Wahnsinns.
    » Sehr schön, sehr schön«, lobte Manovitch lächelnd. » Da muss sich Robert Frost warm anziehen. Ich habe dir etwas zu essen mitgebracht.«
    Manovitch holte ein wenig durchweichtes, altes Brot aus seiner Tasche, mit dem er sein Opfer fütterte. Obwohl Danny voller Hass war, war er doch zu schwach, um das Essen zu verweigern. Er lutschte daran und schluckte es, so wie er auch mit den Zähnen die Kakerlaken von seinen Schultern schnappte und sie genüsslich zerkaute, um an die Proteine zu kommen. Bevor man verhungert, isst man alles – Dreck, Läuse, alten Mörtel, Käfer, Fliegen, einfach alles.
    An Dannys Beinen, der Wand, dem Boden und überall um ihn herum klebten Exkremente, die zeigten, dass bereits die Diarrhö eingesetzt hatte. Danny starb, ganz langsam, und hielt sich nur mit seinen Mantras und der Hoffnung am Leben, dass irgendwann jemand anders als Stan Gates durch die Tür seiner Zelle treten würde.
    Nachdem Danny den letzten Bissen geschluckt hatte, gab Manovitch ihm etwas Wasser. Manovitch wollte ihn am Leben erhalten, bis sein Freund Peters sehen konnte, wie er gelitten hatte. Er sollte eine Art Vorbild für Peters sein, wenn Manovitch den großen Cop unter seine Kontrolle gebracht hatte.
    Manovitch wusste, dass Danny immer noch einen letzten Rest Hoffnung in sich hatte, und er beschloss, das für sich zu nutzen. Während Danny ihn anstarrte, erlaubte er Stan Gates, aufzutauchen.
    Gates sah sich hektisch um, als er sich plötzlich in einer feuchten Kammer im Mondlicht wiederfand: irgendein modriges Grab? Er war völlig durchnässt. Ein schrecklicher Gestank ließ ihn würgen. In seiner Kehle stieg ein Schrei auf, als ihm der Gedanke kam, er könnte für tot gehalten und lebendig eingemauert sein – eine seiner größten geheimen Ängste. An den feuchten Wänden und dem schlüpfrigen Boden klebte der Gestank des Todes.
    Vor ihm bewegte sich etwas – ein leichtes Zittern, wie ein Windhauch, der ein Stück Leinen packt –, und Gates bemerkte ein seltsames Wesen, das an der Wand hing. Es war eine ausgemergelte Gestalt, wie eine Christusfigur, mit hervorstehenden Rippen und dürren Armen und Beinen. Fiebrig glänzende Augen brannten in seinem Gesicht. Die von Blasen überzogenen Lippen bewegten sich, als das Wesen leise stöhnte.
    » AAAAHHHHGGGH!«, schrie Gates und wich entsetzt zurück. Er bekam eine Gänsehaut. In seiner Kehle hatte sich ein Klumpen von der Größe eines Apfels gebildet, und er wusste, dass das seine zusammengeballte Angst war, an der er ersticken würde, wenn er sich

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