Angel 01 - Die Engel
ist keine große Schönheit, genauso wenig wie ich, also kann sie es sich nicht leisten, allzu wählerisch zu sein. Aber sie ist irgendwie ganz nett, und ich glaube, aus uns könnte echt was werden.«
» Was macht sie denn beruflich?«
» Sie unterrichtet Theologie.«
Dave pfiff anerkennend.
» Unscheinbares Äußeres und dann auch noch Hirn.«
Später trennten sie sich, nachdem Dave versprochen hatte, dass er am nächsten Tag zur Arbeit erscheinen würde. Er machte sich einen letzten Drink, dann starrte er auf den Anrufbeantworter. Er änderte nichts daran. Er beließ die Ansage auf dem Band. Manchmal, wenn er mit Danny unterwegs war und sich mies fühlte, gab er vor, jemanden anrufen zu müssen, und wählte seine eigene Nummer, nur um noch einmal ihre Stimme zu hören.
Eines Tages war es plötzlich Dannys Stimme.
» Dave, wenn du das bist – ich weiß, dass du wütend sein wirst, aber ich denke, das musste sein. Das ist nicht gesund. Du kannst mich gerne schlagen, wenn du willst …«
Danny war offenbar allein in die Wohnung gegangen und hatte die Ansage geändert, nachdem er sie selbst gehört und dann eins und eins zusammengezählt hatte.
Dave erwähnte es nie wieder.
8
Vanessa Vangellen saß Stan Manovitch an dessen breitem Schreibtisch gegenüber, der mit fleckigen Abdrücken von Kaffeetassen und Stellen übersät war, an denen der Lack abgesplittert war. An der Wand hinter seinem Kopf hing ein Bild, das irgendeinen kanadischen Wald im Herbst zeigte. Eine dieser langweiligen Panoramaansichten, die wie Tapeten in Massenproduktion produziert wurden. Es deprimierte sie. Die feurigen Farben der Blätter deprimierten sie.
Im Büro stank es nach kaltem Zigarrenrauch. Er schien aus den Rissen in Manovitchs altem Ledersessel zu dringen. In dem Aschenbecher zwischen ihr und dem Bewährungshelfer lag ein qualmender Stummel, dessen Rauch ihr in den Augen brannte. Auf Manovitchs Weste war ein Aschefleck.
Vanessa verzog ihr schmales Gesicht auf eine ganz bestimmte Art und Weise, damit der Mann auf der anderen Seite des Schreibtischs keinerlei Zweifel daran hatte, was sie von ihm hielt. Seine fahlen blauen Augen registrierten diesen Ausdruck mit Abscheu, und in den Winkeln seines wulstigen Mundes sammelte sich Feuchtigkeit.
» Du hast mich also verpfiffen, was?«
» Ich habe die Polizei darüber informiert, dass mein Bewährungshelfer mich sexuell belästigt hat. Sie hatten noch Glück, dass ich nicht Ihre Frau angerufen habe.«
» Dafür könnte ich dich büßen lassen.«
Sie starrte ihn mit brennenden Augen an.
» Diese Bemerkung werde ich ebenfalls melden müssen.«
Er hob die Hände.
» Mach mir einfach keinen Ärger mehr, Vanessa. Und nur für’s Protokoll: Es interessiert mich einen Scheißdreck, was du meiner Frau erzählst. Eins weiß ich sicher, sie würde nicht heulend zur Polizei rennen, wenn ein Typ wie ich es bei ihr probieren würde. Sie würde es als Kompliment auffassen. Fühlst du dich nicht ein wenig schuldig, dass du zu den Cops gegangen bist und mich angeschwärzt hast? Ich meine, in unserer Gesellschaft hält man nicht gerade viel von Verrätern. Versteh mich nicht falsch, ich bin bloß neugierig.«
» Was versuchen Sie da mit mir abzuziehen? Wollen Sie mich genauso verrückt machen wie die anderen, die Sie terrorisieren? Ich bin nicht eine von Ihren Kriminellen. Der Psychiater …«
» Ja, ja, wegen des Gutachtens dieses Seelenklempners bist du mit einem blauen Auge davongekommen, aber das bedeutet nicht, dass du völlig unschuldig bist, sonst hätte der Richter dir wohl kaum eine Bewährungsstrafe verpasst. Ich muss gar nicht bei dir landen, um dir das Leben zur Hölle zu machen, denn weißt du, egal, zu wem du noch rennst mit deinen Geschichten, solange die sehen, dass ich meinen Job mache, ist es für sie in Ordnung. Oder meinst du etwa, ich hätte Angst vor Spitz? Ist es das?«
Er schob einige Papiere auf seinem Schreibtisch zusammen, und die Geste allein war schon Antwort genug. Danny Spitz jagte diesem Kerl eine Heidenangst ein, was seltsam war, denn Danny war klein und auf eine lustige Art niedlich.
» Läuft da was zwischen euch beiden?«, fragte Manovitch lächelnd.
Er hatte sie eiskalt erwischt, als ihre Deckung unten gewesen war, mitten in einem Tagtraum, und sie war stinksauer auf sich selbst, dass sie das zugelassen hatte. Außerdem reizten sie Manovitchs plumpe Art und seine Andeutungen. Warum glaubten solche Männer eigentlich, sie könnten zu den Menschen, die
Weitere Kostenlose Bücher