Angel 01 - Die Engel
herumrannten. Irgendwie beneidete Dave ihn. Muss toll sein, dachte er, in einer Welt zu leben – selbst wenn es eine Fantasiewelt ist –, in der sich Gut und Böse so eindeutig definieren lassen und leicht zu erkennen sind, ohne Grauzonen dazwischen. Schwarz und Weiß. Ganz einfach.
»› Es wird aber des HERRN Tag kommen wie ein Dieb in der Nacht, an welchem die Himmel zergehen werden mit großem Krachen; die Elemente aber werden vor Hitze schmelzen, und die Erde und die Werke, die darauf sind, werden verbrennen.‹«
Dave hob den Blick zu ebenjenem Himmel.
Er schob den Irren sanft zur Seite und schaffte es auf den Bürgersteig, ohne noch einmal belästigt zu werden.
Auf der anderen Straßenseite entdeckte er Danny, der ihm zuwinkte. Sein Partner erwartete ihn. Das fühlte sich gut an. Er passte eine Lücke im Verkehr ab und hoffte, nicht dabei erwischt zu werden, wie er bei Rot über die Ampel ging.
Die beiden Männer umarmten sich, bis Danny peinlich berührt als Erster losließ.
» Wie fühlst du dich, Dave?«
» Nach sechs Wochen in der Fremde? So gut wie neu.«
» Ja, klar. Egal, lass uns was trinken gehen. Kommst du jetzt auch zurück in den Job?«
» Worauf du deinen Arsch verwetten kannst.«
Er sah den Blick in Dannys Augen und wusste, dass sein Partner auf diese Antwort gehofft hatte. Danny brachte allein einfach nicht viel auf die Reihe.
Sobald sie in der Bar waren, stellte Danny die unvermeidliche Frage: » Und, wie fühlst du dich wirklich?«
Dave war ehrlich: » Nicht gut. Beschissen. Ich glaube, ich werde in absehbarer Zeit auch keine andere Antwort geben können, aber ich verfaule nicht mehr innerlich, Danny. Manchmal bin ich ziemlich verzweifelt, kurz davor aufzugeben, besonders nachts, aber … tja, so ist das nun mal. Ich schätze, ich muss einfach weitermachen. Die einzige Alternative wäre zu sterben, und ich habe mich dagegen entschieden. Oh ja, ich habe darüber nachgedacht. Aber im Moment ist das Leben einfach ein ganz klein bisschen reizvoller als der Tod.«
Danny nickte und starrte in sein Glas.
» Tja, du weißt ja, was ich denke, Dave.«
» Allerdings, Danny. Also, was haben wir? Habt ihr in letzter Zeit irgendeinen guten Fang gemacht?«
» Einen Versicherungsbetrug. Wir haben sie erwischt, noch bevor das Benzin an ihren Händen trocken war. Ein Lagerhaus am Hafen. Außerdem haben wir diesen Typen erwischt, der Börsenmakler angezündet hat – ach ja, da warst du ja nicht dabei. Ungefähr einen Monat her. Dieser Typ hat Börsenmaklern vor ihren Häusern aufgelauert, sie morgens auf dem Weg zur Arbeit abgefangen oder abends, wenn sie aus dem Büro kamen. Er hatte eine Coladose mit Benzin dabei, hat es über den Opfern ausgeschüttet und sie dann angezündet.«
» Verdammte Scheiße! Mal was anderes, als Penner in Brand zu stecken.«
» Stimmt. Normalerweise hat er sie am Kopf erwischt, also haben die Haare Feuer gefangen. Wir hatten da ein paar wirklich üble Fälle – Typen, die blind geworden sind, einige sind sogar draufgegangen, Herzversagen. Einen hat es mit offenem Mund erwischt, und seine Kehle ist von innen verbrannt. Insgesamt zwölf Opfer. Ich bin undercover gegangen, habe mich als Börsenmakler ausgegeben …«
» Was, du?«, lachte Dave. » Du gewinnst ja nicht mal beim Kartenspielen Geld.«
» Behauptest du. Jedenfalls hatte ich einen schicken Mantel, schicken Anzug, habe ausgesehen wie ein König und kam aus den Büroräumen von Rheinholt, Baker und Johnson, als dieser Wichser plötzlich hinter meinem Rolls-Royce hervorkam …«
» Rolls-Royce?«, rief Dave begeistert.
Danny grinste breit.
» Jawohl. Ich habe die Hand mit der Coladose gesehen. Ich habe mir nicht mal das Gesicht von dem Typen angesehen, sondern ihm einfach die Dose gegen das Kinn getreten, wobei ich gebetet habe, dass da nicht einfach nur Cola drin ist. Zum Glück war es Benzin und der Typ war jetzt voll damit. Er rennt los, ich hinterher, habe ihn in einer Gasse gestellt. Er zieht ein Messer, ich mein Zippo …«
» Verdammt, hast du nicht!«, rief Dave, der begeistert war von der Geschichte, auch wenn Danny sie wahrscheinlich etwas aufgepeppt hatte.
» Ich ziehe mein Zippo und sage: › Komm schon, Arschloch, du bist dran.‹ Da fällt er auf die Knie, fleht mich an, ihn nicht anzuzünden, weil er doch seinen Mohairmantel anhätte. Wie dem auch sei, wir haben ihn festgenommen, und ich musste die teuren Klamotten abgeben und durfte nicht mehr im gemieteten Rolls rumfahren, sondern
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