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Angela Merkel - Ein Irrtum

Angela Merkel - Ein Irrtum

Titel: Angela Merkel - Ein Irrtum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cora Stephan
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der Mauer aufgewachsen, die mich von der Heimatstadt meiner Mutter, von Großmutter und Tanten und den Cousinen trennte. »Drüben« war weit weg. Noch weiter weg waren all die anderen Städte und Landschaften, die im Leben meiner Eltern eine Rolle gespielt hatten. Alles terra incognita , vergessene Orte und unbekannte Menschen auf verblassten Fotografien.
    Was für eine Faszination, als die Mauer aufging und Europa
wieder größer wurde. Was für Entdeckungen! Nichts gegen die Nachkriegssehnsuchtsländer der Westdeutschen, Italien, Griechenland, Spanien, Frankreich, Wiegen der europäischen Kultur. Doch jetzt locken die Geheimnisse der alten Kulturlandschaften im Osten, um- und umgewühlt von Krieg und erzwungener Völkerwanderung. An ihren überwindlich gewordenen Grenzen entsteht täglich Neues. Mich erschreckt es nicht, wenn Deutschland dadurch östlicher wird.
    Europa ist nicht, es wird. Ganz bestimmt ist es nicht die EU. Und ich weiß auch gar nicht, ob es dazu werden soll.
    Für viele Deutsche ist die europäische Währungsunion eine Angelegenheit, die ihre praktischen Seiten hat, aber keinen Charme. Schön, dass man kein Geld mehr tauschen muss, wenn man nach Frankreich fährt. Und die offenen Grenzen sind was Feines, obzwar nun der Kitzel entfällt, der früher, jedenfalls im Westen, mit dem Grenzübertritt verbunden war: Das war eine Zäsur, dahinter lag ein anderes Reich, das mit seiner Fremdheit lockte.
    Die wenigsten Deutschen dürften ein sentimentales Verhältnis zur EU haben – und schon gar nicht zum Euro. Sentimental war man, was die D-Mark betraf. Und auch damals schon fühlten viele sich erpresst von diesem Projekt, das insbesondere französischen Politikern am Herzen lag, nämlich den ewigen Konkurrenten Deutschland so einzubinden, dass er die Ellbogen nicht mehr hochkriegt. Die Aufgabe der D-Mark war der Preis, den die Franzosen für die Wiedervereinigung forderten.
    Die Väter Europas haben ihren Staatsvölkern von Anbeginn
verschwiegen, was sie planten. Wollten Schritt für Schritt vorangehen, bis die Sache – nun: alternativlos war. Jetzt ist sie vor allem verfahren.
    Wundert es, wenn die EU nicht geliebt wird, vor allem nicht von den Deutschen, die nicht erst seit gestern den Verdacht haben, dass sie bis in alle Ewigkeit den Zahlmeister spielen sollen? Dass sie Opfer zu bringen haben, immer und immer noch aus Gründen der Vergangenheit? 3 Und um die deutsche Wirtschaftsmacht nicht allzu stark werden zu lassen aus Rücksicht auf die anderen?
    Was auch immer geschieht, wenn nach Griechenland und Irland demnächst auch Spanien und Italien nach einem Rettungsschirm verlangen: Die Kanzlerin wird es schwer damit haben, ihre Europapolitik zu verteidigen. Sagt sie Nein, gilt Deutschland bei den europäischen Nachbarn als egoistisch, arrogant, erpresserisch oder gar terroristisch. Sagt sie Ja, verstößt sie gegen ihren Schwur, Deutschland und die deutschen Interessen zu vertreten, so wahr ihr Gott helfe.
    Denken zumindest die Deutschen, die sich nicht davon überzeugen lassen, dass es insbesondere ihnen diene, wenn die Eurozone gerettet wird, schließlich gehen ja rund 40 Prozent der deutschen Exporte in die Euroländer. Denn während sie selbst sich zurückgehalten haben – und das dank der vom Verfassungsgericht erzwungenen Schuldenbremse auch weiterhin tun müssen –, hat man sich in den nun zu rettenden Ländern auf Pump einen fröhlichen Lenz gemacht.
    Haben wir nicht bereits jetzt 1,8 Billionen Euro Schulden?
Unfassbar wie der Reichtum Dagobert Ducks. Für den Schuldendienst allein sind gut 12 Prozent des Bundeshaushalts vorgesehen, das waren knapp 39 Milliarden im vergangenen Jahr. Daran werden auch spätere Steuerzahler noch ihre Freude haben. Denn bei diesen Summen wird es mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht bleiben.
    Mit der Aufhebung der »Nichtbeistands«-Klausel (No-Bail-out), um die die Vertreter Deutschlands damals hart gekämpft haben, weil es auszuschließen galt, dass EU-Mitglieder für die Schulden eines anderen Mitglieds aufkommen müssen, ist die Illusion verpufft, die EU sei eine Vereinigung potenter Wirtschaftsmächte. Sie ist zu einer Transferunion geworden. Man kann am deutschen Föderalismus studieren, dass das nicht gut geht. Es verstärkt die Neigung, fremdes Geld auszugeben.
    Was tun? Wer ist schuld? Und wen kann man zur Verantwortung ziehen? Noch 2008 war man sich in der deutschen Öffentlichkeit einig darüber, dass die Finanzmärkte an der damaligen Krise schuld

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