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Angelika Mann - Was treibt mich nur?: Autobiografie (German Edition)

Angelika Mann - Was treibt mich nur?: Autobiografie (German Edition)

Titel: Angelika Mann - Was treibt mich nur?: Autobiografie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angelika Mann
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überkommt mich einfach. Mitvöllig verschmierten Augen aber beseelt kehrte ich auch nach diesem Konzert brav wieder nach Hause zurück.
    Im November 1978 kam ich eines Nachmittags zu Lacky. Auch wenn wir nicht mehr zusammen auf Tournee waren, ging ich doch ein und aus bei ihm. Lacky und Moni waren für mich immer gute Ratgeber. Als ich an diesem Tag zu beiden kam, sagte Moni, dass die Sängerin Dina Straat, die in der Nähe wohnte, auf dem Weg nach Polen sei, um ihren Mann zu identifizieren. Dinas Mann war der Musiker Gerhard Zachar, Bandleader von Lift . Die Band war zu einem Konzert in Polen und eines der Autos war verunglückt. Bekannt war nur, dass drei Musiker im Auto saßen, von denen zwei das Unglück nicht überlebt hatten. Als Dina hinfuhr, wusste sie nicht einmal, ob ihr Mann noch am Leben war. Leider wurde es zur traurigen Gewissheit: Gerhard Zachar und der Sänger der Band, Henry Pacholski, waren tot. Ein großer Verlust. Lift hat Musikgeschichte geschrieben. Ich liebe vor allem die Songs, die Wolfgang Scheffler komponiert hat. Und Henry Pacholski war ein begnadeter Sänger. Er hatte ein ganz warmes Timbre, und das Lied „Komm her“ gehört noch heute zu meinen Lieblingsliedern. Wir waren alle geschockt. Es war das erste Mal, dass eine DDR-Band auf so brutale Weise zerstört wurde. Lift hat zum Glück mit dem großartigen Werther Lohse als Sänger weiter gemacht, und die Band hat bis heute ein treues Publikum.
    Auf der Beerdigung von Gerhard Zacher war fast die gesamte DDR-Rockszene versammelt. Gerhard war eigentlich der erste, große Verlust unter uns Musikanten. Und wenn ich heute zurückblicke, ist mir, als hätte uns dieses Ereignis alle ein wenig mehr zusammengeschweißt. Im Konzertleben war natürlich auch Konkurrenz zu spüren – es kam vor, dass wir uns gegenseitig die Musiker abgeworben haben aber wir haben uns auch gegenseitig geholfen.
    Das Leben ging weiter und bald hatte uns der Konzertalltag wieder. Und wir hatten eine Menge Spaß miteinander. Das lag vor allem an unserem Bassisten Ekke Kremer, der uns mit seinem intelligenten, trockenen Humor immer wieder zum Lachen brachte.
    Mir war ein angenehmes Bandklima immer wichtig. Wenn man miteinander Musik machen und dem Publikum ein schönes Konzerterlebnis bieten will, sollte man sich gut verstehen und miteinander lachen können.
    Aber irgendwann fing die gute Stimmung an zu bröckeln. Mir war endlich die Ehre zuteil geworden, bei unserer einzigen Schallplattenfirma AMIGA eine Platte herauszubringen. An mir waren schon viele Neuentdeckungen vorbeigezogen, die sich – kaum auf dem Markt – mit eigener LP in den Musikläden wiederfanden. Einem Mauerblümchen gleich hatte ich das Gefühl, nun endlich auch einmal dran sein zu wollen. Im Gegensatz zu heute ging man nicht für ein paar Wochen ins Studio und wurde produktiv. Erst einmal wurde das verwendet, was schon da war. Und da konnten wir aus dem Vollen schöpfen. Für mich war klar, dass die Lieder von Lacky auf die Platte sollten. Sie waren bekannt, beliebt und mir wie auf den Leib geschrieben. Die Band hingegen wollte am liebsten alles neu produzieren und setzte mir die Pistole auf die Brust. Das war keine gute Idee, ich lass mich nur ungern unter Druck setzen. Und so stand ich plötzlich ohne Band da.
    Aber das Glück stand auf meiner Seite. Gerade zu dieser Zeit sollte die Geff-Harrison-Band eine Tournee durch die DDR machen. Sie war sehr beliebt bei uns, sicher auch, weil Geffs Timbre ein wenig dem von Rod Stewart ähnelte. Geff kam auf die Idee, dass ich doch als Special Guest mit auf Tour gehen könnte. Die Konzert- und Gastspieldirektion hatte merkwürdigerweise nichts dagegen.

    Mit Geff Harrison (l.) und dem Gitarristen Peter Oehler (r.), 1978
    Ich hatte es nicht für möglich gehalten aber auf einmal war ich mit einer richtigen West-Band in unserem abgeschotteten Land unterwegs. Ich habe mich gern eingebracht in den Tourneeablauf und meinen Wartburg als Bandfahrzeug zur Verfügung gestellt. Da dieser nicht mehr ganz taufrisch aussah und um mich nicht mit so einer schäbigen Kutsche zu blamieren, habe ich ihn vorher zum Lackieren gebracht. Jeder der in der DDR gelebt hat, weiß, dass das nicht so einfach war. Aber ich hatte glücklicherweise Beziehungen und die Werkstatt hat mich dazwischengeschoben. Um das Auto schön lackieren zu können, mussten die Dichtungsgummis aus den Türen entfernt werden. Leider hat die Werkstatt vergessen diese danach auch wieder einzusetzen – was

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