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Angélique - Am Hof des Königs

Angélique - Am Hof des Königs

Titel: Angélique - Am Hof des Königs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Golon
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und sie erinnerte sich noch an den Tag ihrer Hochzeit in Toulouse, als sie sich mit dieser kleinen Forke in der Hand so furchtbar ungeschickt vorgekommen war. Es gab mehrere Gänge aus Fisch, Eiern und Milchspeisen. Angélique hatte den Verdacht, dass ihre Schwester zwei oder drei fertige Gerichte aus einer Bratenküche hatte holen lassen, um das Menü zu vervollständigen.
    »Mach dir meinetwegen bloß keine Umstände, Hortense.«
    »Glaubst du etwa, die Familie eines Prokurators isst nur Roggenbrei und Kohlsuppe?«, erwiderte ihre Schwester bissig.
    Trotz ihrer Müdigkeit fand Angélique abends lange keinen Schlaf. Sie lauschte den Rufen der unbekannten Stadt, die von unten aus den schwülfeuchten Straßen zu ihr heraufstiegen.
    Ein Oblatenverkäufer kam vorbei und schüttelte seine Würfel in einem Horn. Aus den Häusern, in denen sich der Abend in die Länge zog, rief man ihn heran, und die Müßiggänger würfelten um die zarten Backwaren in seinem Korb.
    Kurz darauf erklang das Glöckchen eines Totenrufers.
    »Betet, ihr Schläfer, nach dem langen Tag,
    dass Gott die Toten bei sich aufnehmen mag …«
    Angélique erschauerte und vergrub das Gesicht in ihrem Kopfkissen. Sie tastete neben sich nach Joffreys hagerem und
warmem Körper. Seine Fröhlichkeit, seine Lebhaftigkeit, seine wunderbare, stets freundliche Stimme und seine liebkosenden Hände fehlten ihr so sehr!
    Wann würden sie einander endlich wiederfinden? Wie glücklich sie dann sein würden! Sie würde sich in seine Arme schmiegen und ihn bitten, sie zu umarmen und sie ganz fest an sich zu drücken …! Mit dem nach Lavendel duftenden Kopfkissen aus grobem, rauem Tuch im Arm schlief sie ein.

Kapitel 19
    A ngélique nahm die hölzerne Blende vor dem Fenster weg und stemmte sich gegen die Scheibe aus farbigen, in Blei gefassten kleinen Rauten. Nach einer Weile gelang es ihr, sie zu öffnen. Man musste wahrlich Pariser sein, um bei einer solchen Hitze mit geschlossenem Fenster zu schlafen. Sie atmete einen tiefen Zug der frischen Morgenluft ein, dann hielt sie verblüfft und bezaubert inne.
    Ihr Zimmer ging nicht auf die Rue de l’Enfer hinaus, sondern lag auf der anderen Seite des Hauses. Unter sich entdeckte sie Wasser. Glatt und funkelnd lag es da wie ein Schwert, von der aufgehenden Sonne mit einer Goldschicht überzogen und über und über mit Booten und schweren Lastkähnen bedeckt.
    Am gegenüberliegenden Ufer bildete ein mit weißem Leinen überdachtes Waschfrauenboot in der pastellfarbenen, dunstverhangenen Landschaft einen leuchtenden Fleck wie von Kreide. Die Rufe der Frauen und das Klatschen ihrer Bleuel vermischte sich mit dem Geschrei der Bootsleute und dem Wiehern der Pferde, die von Knechten zum Trinken geführt wurden.
    Plötzlich stieg ihr ein unangenehmer, gleichzeitig scharfer und süßlicher penetranter Geruch in die Nase. Angélique beugte sich vor und sah, dass die hölzernen Pfeiler, auf denen das alte Haus errichtet war, aus einem schlammigen Uferstreifen aufragten. Dort war ein Berg verfaultes Obst angeschwemmt worden, über das bereits Schwärme von Wespen herfielen.
    Zu ihrer Rechten, an der Inselspitze, entdeckte sie einen kleinen Hafen, an dem unzählige Lastkähne angelegt hatten. Dort
wurden ganze Tragkörbe voll Kirschen, Weintrauben und Birnen ausgeladen. Schöne junge Burschen standen aufrecht am Ende ihrer Boote und bissen herzhaft in einen Apfel. Dann warfen sie die restliche Hälfte über Bord, wo sie von den leise plätschernden Wellen an den Häusern entlanggetrieben wurde, zogen ihre zerlumpte Kleidung aus und sprangen ins fahle Wasser. Vom Hafen aus verband ein grellrot bemalter, hölzerner Steg die Île de la Cité mit einer weiteren kleinen Insel.
    Gegenüber, ein Stück hinter den Waschfrauen, erstreckte sich ebenfalls ein langer Anlegeplatz voller Kähne. Dort wurden Fässer hin und her gerollt, Säcke aufeinandergestapelt und Berge von Heu für die Ställe aufgehäuft.
    Mit langen Bootshaken hielten Flussschiffer die aus zusammengebundenen Holzstämmen gebildeten Flöße an, die den Strom herabgeschwommen kamen, und dirigierten sie ans Ufer, wo wandernde Tagelöhner die Stämme zur Seite rollten und aufschichteten.
    Und über diese ganze Geschäftigkeit ergoss sich ein leuchtend gelbes, unendlich sanftes Licht, das jede Szene in ein zartes, verwischtes, geradezu traumgleiches Gemälde verwandelte, in dem hin und wieder eine Spiegelung, ein helles Wäschestück, eine weiße Haube oder eine kreischende Möwe

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