Angélique - Am Hof des Königs
nicht?«
Sie ließ sich in einen Sessel fallen, wo sie allmählich wieder zu Atem kam.
»Ich muss Euch sagen, heute Morgen hätte ich Monsieur um ein Haar erwürgt. Und das wäre mir sicher nicht schwergefallen. Er verjagt mich aus diesem Palast, in dem ich seit meiner Kindheit lebe, was sage ich … herrsche. Von hier aus habe ich meine Knechte und Geiger ausgesandt, an der Porte de la Conférence, die Ihr dort hinten seht, mit den Männern von Monsieur de Mazarin die Klingen zu kreuzen. Der Kardinal wollte vor dem Zorn des Volkes fliehen, aber dank meines Eingreifens
konnte er die Stadt nicht mehr verlassen. Es hätte nicht viel gefehlt, und man hätte ihn umgebracht und seine Leiche in den Fluss geworfen …«
»Seine Eminenz scheint Euch diesen Vorfall nicht nachzutragen.«
»Oh, er ist äußerst liebenswürdig. Was wollt Ihr? Die Fronde ist vorbei. Aber es war eine große Zeit. Wenn ich durch Paris galoppierte, jubelten die Menschen mir zu und nahmen die Ketten fort, mit denen sie die Straßen versperrten. Heutzutage ist mir bloß noch langweilig. Alle sagen, ich solle heiraten. Was haltet Ihr von diesem Alfons von Portugal?«
»Ich muss gestehen, dass ich noch nie etwas über ihn gehört habe.«
»Préfontaines hat mir etwas erzählt, das mich nicht gerade lockt. Offenbar ist er ein kleiner Dicker, der nicht sonderlich gut riecht und ständig Geschwüre in den Falten seines Wanstes hat …«
»Dann verstehe ich, dass Eure Hoheit sich nicht für ihn erwärmt …«
Angélique fragte sich, wie sie zu dem Thema überleiten sollte, das ihr am Herzen lag.
Schließlich nahm sie allen Mut zusammen.
»Eure Hoheit möge mir verzeihen«, sagte sie, »aber ich weiß, dass Ihr über alles auf dem Laufenden seid, was am Hof geschieht. Ist Euch vielleicht zu Ohren gekommen, dass sich mein Gemahl in der Bastille befindet?«
Die Prinzessin wirkte aufrichtig überrascht und erschüttert.
»In der Bastille? Welches Verbrechen hat er denn begangen?«
»Das ist es ja gerade: Ich weiß es nicht, und ich hoffe sehr, Hoheit, dass Ihr mir helfen könnt, Licht in dieses Rätsel zu bringen.«
Sie berichtete ihr von den letzten Tagen in Saint-Jean-de-Luz
und dem geheimnisvollen Verschwinden des Grafen de Peyrac. Die Siegel an der Tür ihres Hauses in Saint-Paul bewiesen, dass seine Entführung mit einer Anklage in Zusammenhang stand, aber ansonsten wurde in der gesamten Angelegenheit strengstes Stillschweigen gewahrt.
»Also gut«, sagte Mlle. de Montpensier, »lasst uns nachdenken. Euer Gemahl hatte zweifellos Feinde, wie jeder andere auch. Wer könnte Eurer Meinung nach versucht haben, ihm zu schaden?«
»Mein Gemahl lebte nicht im besten Einvernehmen mit dem Erzbischof von Toulouse. Aber ich glaube nicht, dass dieser etwas hätte gegen ihn vorbringen können, was den König zum Eingreifen veranlasst hätte.«
»Hat der Graf de Peyrac vielleicht einige der Großen beleidigt, die über einen gewissen Einfluss bei Seiner Majestät verfügen? Ich erinnere mich da insbesondere an einen Vorfall, meine Kleine. Monsieur de Peyrac hat einst meinem Vater gegenüber eine seltene Unverschämtheit an den Tag gelegt, als dieser seinen Antrittsbesuch als Gouverneur des Languedoc in Toulouse machte. Mein Vater war ihm deswegen nicht böse, außerdem ist er bereits tot. Mein Vater war kein eifersüchtiger Mensch, auch wenn er seine ganze Zeit damit verbrachte, Komplotte zu schmieden. Ich gebe zu, dass ich diese Leidenschaft von ihm geerbt habe, deswegen bin ich beim König auch nicht immer sehr gut angesehen. Er ist ein so empfindlicher junger Mann … Ach, da fällt mir ein, könnte Monsieur de Peyrac möglicherweise sogar den König selbst vor den Kopf gestoßen haben?«
»Mein Gemahl pflegt sich nicht in Schmeicheleien zu ergehen. Aber er respektiert den König. Schließlich hat er sich ja auch bemüht, ihm zu gefallen, so gut er konnte, als er ihn damals in Toulouse empfangen hat.«
»O ja, was für ein wundervolles Fest«, rief Mademoiselle begeistert und schlug die Hände zusammen. »Diese kleinen Vögel,
die aus einem Felsen aus Zuckerwerk aufflogen …! Aber das ist es ja gerade. Ich habe mir sagen lassen, der König sei darüber ein wenig verstimmt gewesen. Genau wie bei diesem Monsieur Fouquet in Vaux-le-Vicomte … Diese ganzen hohen Herren erkennen nicht, dass der König zwar lächelt, aber seine Zähne dabei gereizt sind, als tränke er Saft von unreifen Trauben, weil seine eigenen Untertanen ihn mit ihrer
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