Angélique - Am Hof des Königs
Prachtentfaltung zu übertreffen suchen …«
»Ich kann nicht glauben, dass Seine Majestät so kleinmütig sein soll.«
»Es mag ja sein, dass der König sanft und aufrichtig erscheint. Aber ob es einem gefällt oder nicht, er hat die Zeit nicht vergessen, als die Prinzen von Geblüt gegen ihn Krieg führten. Und ich gehörte dazu, das stimmt, auch wenn ich heute gar nicht mehr weiß, warum eigentlich. Kurzum, Seine Majestät misstraut allen, die ihr Haupt ein wenig zu hoch erheben.«
»Mein Gemahl hat niemals versucht, sich gegen den König zu verschwören. Er war ihm immer ein treuer Untertan und zahlte persönlich ein Viertel des gesamten Steueraufkommens aus dem Languedoc.«
»Wie leidenschaftlich Ihr ihn verteidigt! Ich gebe zu, dass mich sein Äußeres ein wenig ängstigte, aber nachdem ich in Saint-Jean-de-Luz mit ihm geplaudert habe, beginne ich zu verstehen, worauf sein Erfolg bei den Frauen beruht. Weint nicht, meine Liebe, man wird Euch Euren verführerischen Hinkefuß schon wieder zurückgeben, und wenn ich dafür den Kardinal persönlich mit Fragen bestürmen und wie üblich dabei ins Fettnäpfchen treten müsste!«
Ein wenig aufgemuntert verließ Angélique die Grande Mademoiselle.
Sie vereinbarten, dass diese sie rufen lassen würde, sobald sie etwas herausgefunden habe. Da die Prinzessin ihrer Freundin eine Freude machen wollte, erklärte sie sich bereit, den jungen
Giovani solange in die Reihen ihrer Violinenspieler aufzunehmen, bis sich die Gelegenheit ergab, ihn Jean-Baptiste Lully, dem Balletttänzer des Königs, vorzustellen.
»Er wird mir keinen Gefallen abschlagen können, denn mein Vetter Monsieur de Lorraine hat diesen bezaubernden jungen Komödianten einst zu meiner Unterhaltung aus Italien mitgebracht. Diese Aufgabe hat er auch wunderbar erfüllt, aber gleichzeitig hat sich dieser Halunke unter meinem Schutz zum König durchgeschmuggelt!
Was jedoch Eure Angelegenheit angeht, können wir ohnehin nichts unternehmen, solange der König nicht wieder zurück in Paris ist«, schloss sie. »Bis zu seinem feierlichen Einzug hängt alles in der Schwebe. Vielleicht ist die Königinmutter schon wieder in den Louvre zurückgekehrt, aber der König und die Königin müssen einstweilen in Fontainebleau oder Vincennes bleiben. Das macht es uns nicht leichter. Also werdet nicht ungeduldig. Ich werde Euch nicht vergessen und lasse Euch rufen, sobald es nötig ist.«
Nachdem Angélique sich von ihr verabschiedet hatte, schlenderte sie ein wenig durch die Gänge des Palastes, weil sie hoffte, Péguilin de Lauzun zu begegnen, von dem sie wusste, dass er sich unablässig um Mademoiselle bemühte. Ihn entdeckte sie zwar nicht, dafür aber Cerbalaud, der mit recht finsterer Miene herumlief. Auch er wusste nicht, was er von der Verhaftung des Grafen de Peyrac halten sollte. Alles, was er sagen konnte, war, dass niemand darüber redete oder auch nur etwas zu ahnen schien.
»Bald werden alle davon erfahren«, entgegnete Angélique zuversichtlich, voller Vertrauen in die geschwätzige Grande Mademoiselle.
Nichts erschien ihr schrecklicher als diese Mauer des Schweigens, mit der Joffreys Verschwinden umgeben wurde. Wenn
erst einmal darüber gesprochen wurde, musste unweigerlich alles ans Licht kommen.
Sie erkundigte sich nach dem Marquis d’Andijos. Cerbalaud sagte ihr, dass dieser wegen eines Duells zum Pré-aux-Clercs gegangen sei.
»Er duelliert sich?«, rief Angélique entsetzt.
»Nicht er, Lauzun und d’Humières haben einen Ehrenhändel auszutragen.«
»Begleitet mich dorthin, ich will sofort zu ihnen.«
Als sie die Marmortreppe hinabgingen, wurde sie von einer Frau mit großen schwarzen Augen angesprochen. Sie erkannte die Gräfin de Soissons, Olympia Mancini, eine der Nichten des Kardinals.
»Madame de Peyrac, ich freue mich, Euch wiederzusehen«, sagte die schöne Frau. »Aber mehr noch als Ihr selbst begeistert mich Euer ebenholzschwarzer Leibwächter. Ich hatte schon in Saint-Jean-de-Luz daran gedacht, Euch zu bitten, ihn mir zu überlassen. Wollt Ihr ihn mir nicht verkaufen? Ich würde Euch einen guten Preis für ihn bezahlen.«
»Kouassi-Ba ist nicht zu verkaufen«, protestierte Angélique. »Zwar hat mein Gemahl ihn als kleinen Jungen in Narbonne gekauft, aber er hat ihn niemals als einen Sklaven betrachtet und zahlt ihm einen Lohn.«
»Einen Lohn soll er bei mir auch bekommen, einen sehr guten sogar.«
»Ich bedauere, Madame, aber ich kann Euren Wunsch leider nicht erfüllen.
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