Angélique - Am Hof des Königs
Monsieur Gaston d’Orléans, der vor kurzem gestorben ist.«
»Du urteilst hart über deine Fürsten, Barbier«, bemerkte Joffrey de Peyrac.
»Das ist mein einziger Besitz, Graf. Meine Zunge und das Recht, sie zu benutzen.«
»Lügner! Durch mich bist du reicher geworden als der Perückenmacher des Königs.«
»Das stimmt schon, Graf, aber ich rühme mich dessen nicht. Es ist nie klug, sich Neider zu schaffen.«
Joffrey de Peyrac tauchte das Gesicht in eine Schüssel mit Rosenwasser, um seine vom Rasiermesser glühende Haut zu kühlen. Bei seinem von Narben entstellten Gesicht war das Rasieren immer eine langwierige und heikle Angelegenheit, für die es der geschickten Hand von Binet bedurfte. Er warf den Hausmantel ab und begann sich, unterstützt von seinem Kammerdiener und Alfonso, anzukleiden.
Unterdessen hatte Angélique ein Mieder aus Goldstoff angezogen und stand reglos da, während Marguerite den Brusteinsatz befestigte, ein wahres Kunstwerk aus Goldfäden und Seide. Goldene Spitze bauschte sich wie funkelnder Schaum um ihre entblößten Schultern und verlieh ihrer Haut eine leuchtende Blässe wie von durchscheinendem Porzellan. Zusammen mit dem rosigen Feuer ihrer Wangen, ihren dunkel geschminkten Wimpern und Augenbrauen, ihrem lockigen Haar, das in der gleichen Farbe schimmerte wie ihr Kleid, und der erstaunlichen Klarheit ihrer grünen Augen, wirkte sie im Spiegel wie ein seltsames Kultbild, das nur aus den kostbaren Materialien Gold, Marmor und Smaragden geschaffen worden zu sein schien.
Plötzlich stieß Marguerite einen Schrei aus und stürzte sich auf Florimond, der gerade einen sechskarätigen Diamanten in den Mund stecken wollte.
»Joffrey, welchen Schmuck soll ich dazu nehmen? Die Perlen erscheinen mir zu schlicht und die Diamanten zu kalt.«
»Smaragde«, antwortete er. »Passend zu Euren Augen. Dieses
ganze Gold ist aufdringlich, sein Glanz etwas zu schwerfällig. Eure Augen lockern ihn auf und verleihen ihm Leben. Jetzt fehlen nur noch zwei Ohrgehänge und das Collier aus Gold und Smaragden. Unter Eure Ringe könnt Ihr dann ein paar Diamanten mischen.«
Über ihre Schmuckschatullen gebeugt, versenkte sich Angélique in die Auswahl ihrer Geschmeide. Sie war noch nicht zu verwöhnt, und diese ganze Fülle versetzte sie jedes Mal aufs Neue in Entzücken.
Als sie sich wieder umdrehte, befestigte der Graf de Peyrac gerade sein Schwert an dem mit Diamanten besetzten Wehrgehänge.
Sie betrachtete ihn eine Weile, und ein ungewohnter Schauer durchlief sie.
»Ich glaube, die Grande Mademoiselle hat nicht ganz unrecht, wenn sie sagt, dass Ihr furchterregend ausseht.«
»Es wäre sinnlos, meine Missgestalt verbergen zu wollen«, entgegnete der Graf. »Wenn ich versuchte, mich wie ein Geck zu kleiden, würde ich lächerlich und jämmerlich wirken. Also kleide ich mich meinem Gesicht entsprechend.«
Sie musterte dieses Gesicht. Es gehörte ihr. Sie hatte es liebkost und kannte jede noch so kleine Furche darin. »Mein Geliebter!«, flüsterte sie mit einem Lächeln.
Der Graf de Peyrac war von Kopf bis Fuß in Schwarz und Silber gekleidet. Sein Umhang aus schwarzem Moiré war mit einer von Diamantnadeln gehaltenen Spitze bedeckt. Darunter wurde ein mit erlesenster schwarzer Spitze verziertes Wams aus Silberbrokat sichtbar. Die gleiche Spitze fiel am Knie in drei Rüschenreihen unter der Rhingrave aus dunklem Samt herab. Die Halsbinde, die nicht zu einem Kragen gelegt, sondern zu einem breiten Knoten geschlungen war, war ebenfalls mit winzigen Diamanten bestickt. An seinen Fingern blitzten unzählige Diamanten und ein sehr großer Rubin.
Er setzte seinen mit weißen Federn geschmückten Hut auf und erkundigte sich vorsorglich, ob Kouassi-Ba auch die Geschenke bereithielt, die von den Gästen für die Braut des Königs erwartet wurden.
Der Mohr wartete draußen vor der Tür, wo er in seinem kirschroten samtenen Wams sowie Pluderhose und Turban aus weißem Satin die Bewunderung der Schaulustigen erregte. Man deutete auf sein Krummschwert. Auf einem Kissen trug er eine goldbeschlagene Schatulle aus herrlichem rotem Leder.
Zwei Sänften erwarteten den Grafen und Angélique.
Eilig begaben sie sich zu dem Haus, in dem der König, seine Mutter und der Kardinal abgestiegen waren. Wie alle vornehmen Häuser von Saint-Jean-de-Luz war es schmal und in spanischem Stil erbaut. Die Fassade quoll über von in sich gedrehten Balustern und Handläufen aus vergoldetem Holz. Die Höflinge standen bis auf
Weitere Kostenlose Bücher