Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Angélique - Am Hof des Königs

Angélique - Am Hof des Königs

Titel: Angélique - Am Hof des Königs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Golon
Vom Netzwerk:
erklärte, dass die Infantin in dem Ruf stehe, sehr fromm zu sein, und von einem solchen Geschenk sicherlich entzückt sein werde.

    Sie wandte sich an den Kardinal, um ihn die Malereien bewundern zu lassen, aber dieser spielte immer noch mit den kleinen Gerätschaften aus dem Accessoire-Kästchen, die er im Licht aufblitzen ließ, indem er sie behutsam zwischen den Fingern drehte.
    »Es heißt, das Gold fließe Euch aus der hohlen Hand, Monsieur de Peyrac, wie das Quellwasser aus dem Felsen...«
    »Das ist ein zutreffendes Bild, Eminenz«, entgegnete der Graf leise. »Wie das Quellwasser aus dem Felsen... Aber aus einem Felsen, in den zuvor mit viel Zündschnur und Pulver Stollen in ungeahnte Tiefen getrieben wurden und den man anschließend umgewälzt, zerstoßen und zermahlen hat. Dann kann es tatsächlich sein, dass nach viel harter Arbeit, Schweiß und Mühe Gold, sogar viel Gold, daraus hervorsprudelt.«
    »Was für eine schöne Parabel über Arbeit, die ihre Früchte trägt. Wir sind es nicht gewohnt, Leute Eures Standes so reden zu hören, aber ich muss gestehen, dass es mir ganz und gar nicht missfällt.«
    Mazarin lächelte immer noch. Er hob einen kleinen Spiegel aus der Schatulle vors Gesicht und warf einen raschen Blick hinein. Trotz der Schminke und des Puders, mit dem er seinen gelblichen Teint zu verbergen suchte, glänzten seine Schläfen vor Schwäche feucht, und das lockige Haar unter seinem roten Kardinalskäppchen war verklebt.
    Seit Monaten schon zehrte die Krankheit an ihm; er zumindest hatte nicht gelogen, als er seinen Harngrieß als Vorwand dafür genommen hatte, nicht als Erster vor den spanischen Minister Don Luis de Haro treten zu müssen. Angélique bemerkte den Blick, den die Königinmutter dem Kardinal zuwarf. Es war der Blick einer ängstlichen, besorgten Frau. Zweifellos brannte sie darauf, ihm zu sagen: »Redet nicht so viel, das strengt Euch zu sehr an. Es ist Zeit für Euren Kräutertee.« Stimmte es, dass die so lange von ihrem allzu keuschen Gemahl
verschmähte Königin ihren Italiener innigst geliebt hatte...? Alle behaupteten es, aber niemand wusste es mit Bestimmtheit. Die versteckten Treppen der königlichen Paläste wahrten ihr Geheimnis. Ein einziger Mensch kannte es vielleicht, und das war ihr Sohn, der König, für den sie so erbittert gekämpft hatte. Nannten der Kardinal und die Königin ihn in ihren Briefen nicht den »Eingeweihten«? Worin war er eingeweiht …?
    »Bei Gelegenheit würde ich mich gerne einmal mit Euch über Eure Arbeiten unterhalten«, fügte der Kardinal hinzu.
    »Ich ebenfalls«, ergänzte der junge König. »Was ich darüber gehört habe, hat meine Neugier geweckt.«
    Sei es, weil der König gesprochen hatte, und das mit einer für ihn ungewohnten Vehemenz, oder vielleicht auch aus irgendeinem anderen Grund, doch mit einem Mal hatte Angélique das Gefühl, als senkte sich ein bleierner Mantel auf den Raum herab und ließe alle erstarren, sodass sie sich ängstlich fragte, ob sie sich wohl jemals wieder bewegen würden.
    Da erklang plötzlich die Stimme von Monsieur, dem Bruder des Königs.
    »Oh mein Bruder, ist das nicht ein Wunder!? Seht doch nur Madame de Peyracs Kleid. Gold! Alle Arten von Gold sind darin enthalten: Krausgespinst, gesponnenes Gold und Goldlahn!«
    Und wie unter der Berührung eines Zauberstabs kehrte das Leben in die Szene zurück.
    Der frivole Einwurf von Monsieur hatte einen kurzen peinlichen, verlegenen Moment verscheucht, der durch die Befangenheit oder die Überraschung des Königs ausgelöst worden war, eine Ungeschicklichkeit, die dieser sich nicht vergeben würde.
    Als sich Angélique nach einem erneuten Hofknicks wieder aufrichtete, bemerkte sie den Blick, den der König seinem Bruder zuwarf. Und sie sah, wie in seinen Augen flüchtig Eifersucht und Neid aufblitzten.

    Es gab so vieles, worin sein jüngerer Bruder besser war als er.
    Oft kamen dem Herrscher Szenen aus ihrer Kindheit ins Gedächtnis. Er sah sich selbst, stotternd, unfähig, die Worte auszusprechen, die man ihm eingetrichtert hatte, ehe man ihn ans Bett jenes Vaters führte, der ihn stets in Angst und Schrecken versetzt hatte und dessen wächsernes, tief in die Kissen eingesunkenes Gesicht ihm nun noch mehr Furcht einflößte. Wohingegen sein kleiner, kaum drei Jahre alter und von seiner Gouvernante gebührend zurechtgewiesener Bruder einfach »Adieu, Vater!« gerufen hatte. Und seine Unbefangenheit hatte ein Lächeln auf die Züge des Sterbenden

Weitere Kostenlose Bücher