Angélique - Am Hof des Königs
Serviette Kühlung zu.
»Die Hitze in dieser Gegend verdirbt einem die schönsten Feste.«
»Auf der Fasaneninsel ist es angenehmer. Dort weht noch der Seewind«, entgegnete M. de Lionne.
»In diesen Genuss werde ich wohl kaum kommen, denn die spanische Etikette verbietet mir, vor dem Tag der Hochzeit auch nur einen Blick auf meine Braut zu werfen.«
»Aber Ihr werdet die Fasaneninsel besuchen, um dort Euren Onkel, den spanischen König, zu treffen, der bald Euer Schwiegervater sein wird«, informierte ihn die Königin. »Und bei dieser Gelegenheit wird der Friedensvertrag unterzeichnet.«
Sie wandte sich an ihre Ehrendame Mme. de Motteville.
»Ich bin so aufgewühlt. Ich habe meinen Bruder sehr geliebt und habe oft mit ihm korrespondiert! Aber denkt nur, dass ich fünfzehn Jahre alt war und er zehn, als ich hier an diesen Gestaden Spanien verließ, und seitdem habe ich ihn nicht mehr wiedergesehen.«
Alle verliehen ihrer Rührung Ausdruck. Niemand schien sich mehr daran zu erinnern, dass ebenjener Bruder, Philipp IV., der
schlimmste Feind Frankreichs gewesen war und sein Briefwechsel mit Anna von Österreich dazu geführt hatte, dass diese von Kardinal Richelieu der Verschwörung und des Verrats verdächtigt wurde. Das alles lag weit zurück. Man setzte ebenso große Hoffnungen in diese neue Verbindung wie damals, als die beiden Länder hier am Bidassoa schon einmal junge Prinzessinnen mit runden Wangen in steifen Halskrausen ausgetauscht hatten: Anna von Österreich als Ehefrau des jungen Ludwig XIII. und Elisabeth von Frankreich als Gemahlin des zukünftigen Philipp IV., der seinem Vater im Alter von sechzehn Jahren auf den Thron folgen sollte. Die Infantin Maria Theresia, die heute erwartet wurde, war die Tochter dieser Elisabeth.
Neugierig beobachtete Angélique die Großen ihrer Welt in diesem intimen Rahmen. Der König aß mit herzhaftem Appetit, aber sehr würdevoll; er trank nur wenig und verlangte mehrmals Wasser in seinen Wein.
»Meiner Treu«, rief er plötzlich, »aber das Erstaunlichste, das ich während des gesamten Morgens gesehen habe, war dieses seltsame schwarz-goldene Paar aus Toulouse. Was für eine Frau, meine Freunde! Solch eine Pracht! Man hatte mir davon erzählt, aber ich konnte es nicht glauben. Und sie scheint ihn aufrichtig zu lieben. Um Euch die Wahrheit zu gestehen, dieser hinkende Graf verwirrt mich.«
»Er verwirrt jeden, der in seine Nähe kommt«, erwiderte der Erzbischof von Toulouse bissig. »Ich kenne ihn nun schon seit mehreren Jahren, und ich habe es aufgegeben, ihn verstehen zu wollen. In ihm steckt irgendetwas Dämonisches.«
Jetzt fängt er schon wieder mit seinem dummen Geschwätz an, dachte Angélique entmutigt.
Ihr Herz hatte bei den Worten des Königs freudig geschlagen, aber die Bemerkung des Erzbischofs weckte ihre Sorge. Der Prälat gab einfach nicht auf.
»Seinen eigenen Ehemann zu lieben! So etwas Lächerliches«,
höhnte einer der Adligen aus dem Gefolge des Königs mit einem spöttischen Lachen. »Dieses junge Ding sollte für eine Weile an den Hof kommen, da würde man ihm dieses törichte Vorurteil schon austreiben.«
»Ihr scheint zu glauben, Monsieur, der Hof sei ein Ort, an dem Ehebruch das einzige Gesetz ist«, wies ihn Anna von Österreich streng zurecht. »Dabei ist es gut und natürlich, wenn Ehegatten einander in Liebe zugetan sind. Das hat ganz und gar nichts Lächerliches.«
»Aber es kommt so selten vor«, seufzte Mme. de Motteville.
»Weil die Menschen so selten aus Liebe heiraten«, entgegnete der König desillusioniert.
Darauf folgte ein betretenes Schweigen. Die Königinmutter und der Kardinal wechselten rasch einen traurigen Blick. Monseigneur de Fontenac hob salbungsvoll die Hand.
»Lasst Euch nicht bekümmern, Sire. Die Wege der Vorsehung sind zwar unergründlich, aber die des kleinen Gottes Eros sind es nicht minder. Und da Ihr ein Beispiel erwähntet, das Euch berührt zu haben scheint, so kann ich Euch versichern, dass dieser Edelmann und seine Gattin einander vor dem Tag ihrer Trauung, die ich selbst in Toulouse vollzogen habe, nie begegnet sind. Und doch ist nach mehreren Jahren einer durch die Geburt eines Sohnes gekrönten Ehe für jeden Betrachter offensichtlich, wie sehr sie einander lieben.«
Anna von Österreich schenkte ihm einen dankbaren Blick, und Monseigneur plusterte sich auf vor Stolz.
Angélique fragte sich, ob er ein Heuchler war oder diese Worte tatsächlich aufrichtig gemeint hatte.
»Ich hatte heute
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