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Angélique - Am Hof des Königs

Angélique - Am Hof des Königs

Titel: Angélique - Am Hof des Königs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Golon
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Angélique fragte sich, ob sie diesen entsetzlichen Moment wirklich erlebt hatte, diesen Blick, der sie von der Bühne aus angestarrt und die eisige Anspannung in ihrem Magen bewirkt hatte, die sie auch jetzt noch spürte. Sie versuchte, ihren Zustand zu erklären.
    »Ich fürchte, ich habe mich beim Souper des Königs dazu verleiten lassen, zu viel Wein zu trinken. Oder man hat mir ein Getränk eingeschenkt, das ich nicht gewohnt bin...«
    Das fein geschnittene Profil des jungen Mannes neigte sich ihr zu. Unwillkürlich erinnerte sie diese Geste an den Marquis de Vardes, und sie zuckte zurück. Aber er bemerkte es kaum, denn er hatte Prosaischeres im Sinn.
    »Wie kommt Ihr darauf, dass Ihr zu viel getrunken hättet? Ich rieche überhaupt keinen Wein oder sonstigen Alkohol in Eurem Atem. Die Hitze und das Gedränge haben Euch benommen gemacht.«

    »Ich danke Euch, dass Ihr mich gestützt habt. Ich war kurz davor, ohnmächtig zu werden.«
    »Ich hatte bemerkt, dass Ihr gehen wolltet. Diese spanischen Stücke sind so derb und unerfreulich. Und da ich ohnehin eine eilige Nachricht von Monsieur für Euch habe...«
    Er musterte sie seelenruhig. Angélique hingegen war sich immer noch nicht sicher, welche Rolle er vorhin gespielt hatte. Sie hatte ihn nicht einmal erkannt, als sie sich neben ihn gesetzt hatte. Aber vielleicht war er ja auch auf sie zugekommen, als er sie bemerkt hatte. Er musste wahre Katzenaugen haben.
    »Ich habe ein paar Freunde gebeten, Euch zu tragen«, sagte er, »damit Ihr schneller nach draußen an die frische Luft kommt.«
    Freundschaftlich legte er ihr einen Arm um die Schultern und hüllte sie in seinen weiten Umhang, um sie vor dem Regen zu schützen, der immer noch sacht vom Himmel fiel.
    Sie gingen los.
    »Wo bringt Ihr mich hin?«
    »Zu Eurer Unterkunft.«
    »Aber ich weiß nicht, wie wir dorthin kommen.«
    »Keine Sorge, ich kenne den Weg.«
    Er blieb stehen, um einen Mann anzuhalten, der gerade vorbeikam. Dieser trug einen Stab über der Schulter, an dem verschiedene kleine Fläschchen und mehrere Becher hingen, die er mehr schlecht als recht unter der Krempe eines riesigen Huts vor dem Regen zu schützen versuchte. Es war ein fliegender Getränkeverkäufer. Rund um die Uhr drängte sich in den Straßen von Saint-Jean-de-Luz seine Kundschaft. Die Leute hatten Durst.
    Der Graf de Guiche verlangte einen Likör aus Pflanzen der Region. Sie diskutierten, welcher wohl am besten für eine Dame geeignet wäre, die nach einem langen Tag voller Zerstreuungen erschöpft war: der grüne oder doch eher der gelbe Likör? Schließlich einigten sie sich auf den gelben, und nachdem Angélique
den in ein winziges Glas eingeschenkten wärmenden Likör getrunken hatte, ging es ihr tatsächlich wieder besser.
    Sie gingen weiter.
    Der Regen fiel sanft und gleichmäßig, nicht stark, aber dennoch nässend, ein wenig wie Nebel, und Angélique war froh über den schützenden Umhang des Grafen de Guiche. Er war aus schönem, festem Tuch und duftete nach jenem Parfüm, das die adligen Herren, wie es hieß, sehr schätzten, wenn sie von den Schlachtfeldern in die Disziplin der königlichen Feste wechselten.
    »Also, es geht um Folgendes«, erklärte der junge Mann im entschlossenen Ton eines Menschen, der eine heikle und schwierige Mission zu erfüllen hat. »Monsieur war heute Morgen außerordentlich beeindruckt von der Schönheit der Rosenkränze, die Ihr dem König als Begrüßungsgeschenk für unsere zukünftige Königin überreicht habt. Außerdem hat ihm die wundervolle originelle Idee gefallen, einer Dame, die zwar hübsche Dinge mag, aber gleichzeitig auch tugendhaft und fromm ist, ein solches Geschenk zu machen. Und deshalb würde er seine Mutter, Ihre Majestät Anna von Österreich, gerne mit einem ähnlichen Geschenk überraschen. Er hat mich beauftragt, jemanden zu suchen, der ihm diese Gegenstände beschaffen kann, aber das erweist sich als ausgesprochen schwierig, vor allem hier, so weit fort von Paris. Ich habe mich bei Händlern erkundigt, die im Gefolge des Königs oder verschiedener Haushalte als ›Juwelenwarte‹ fungieren und in deren Truhen man ein paar hübsche Geschmeide finden kann, aber sie behaupten, die Fertigung solch prächtiger Rosenkränze, wie Ihr sie verschenkt habt, falle nicht in die Zuständigkeit ihrer Zunft der Goldschmiede und Juweliere...«
    Angélique hörte ihm aufmerksam zu, während sie gleichzeitig darauf achtete, dass ihre feinen Schuhe nicht allzu nass wurden. Seit den

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