Angélique - Am Hof des Königs
ersten zögerlichen Worten des jungen Mannes
hatte sie sich gefragt, worauf er wohl hinauswollte. Aber er verstummte, und es schien, als habe er dem Gesagten nichts mehr hinzuzufügen.
Sie fasste sich wieder und bemühte sich, das Ansinnen des Grafen de Guiche ganz einfach als das zu betrachten, was es war. Und so antwortete sie ihm, dass ihr Mann sich um die Geschenke gekümmert habe, die sie nach Saint-Jean-de-Luz mitgebracht hatten, und dass sie nicht wisse, welche Handwerker, ob Juweliere oder Goldschmiede, mit ihrer Anfertigung beauftragt worden seien. Wahrscheinlich fiel dies eher in den Bereich einer eigenen Zunft, in deren Reihen man hoffen konnte, den gewünschten Gegenstand zu finden oder anfertigen zu lassen. Sie spürte, dass der Graf über diese kaum hilfreiche Antwort enttäuscht war. Da kam ihr plötzlich ein Gedanke, den sie unverzüglich mit ihrem Begleiter teilte.
Als sie heute zum Bidassoa gefahren waren, um den kleinen Palast auf der Fasaneninsel zu besuchen, hatte sie nicht weit von der Insel entfernt auf der französischen Seite des Ufers ein großes Lager von Marketendern und Händlern bemerkt, wie sie sich immer im Gefolge von Armeen oder an Orten fanden, an denen viele Menschen zusammenkamen, regelmäßig oder zu besonderen Anlässen abgehaltenen Märkten etwa, politischen Begegnungen oder religiösen Festen. Unter diesen Leuten gab es sicherlich auch einen oder zwei Vertreter der besonderen Zunft der Paternostermacher, die Devotionalien, Rosenkränze, Medaillen und Kreuze fertigten und verkauften. Sie würden ihm gewiss weiterhelfen und ihm einen Meister nennen können, der für die Herstellung besonders prächtiger Rosenkränze bekannt war. Wenn man sich nur bei den richtigen Leuten erkundigte, war alles aufzutreiben, vor allem, da diese Region auf dem Weg der Jakobspilger lag und somit stark religiös geprägt war. Hier war die einzige Stelle im Westen der schroffen Pyrenäenkette, wo alte oder durch Krankheit geschwächte Pilger nach Spanien
gelangen konnten, auch wenn sie durch zusätzliche Gebete ausgleichen mussten, dass sie bei ihren Kasteiungen den Aufstieg zum fürchterlichen Somport-Pass ausgelassen hatten, dem höchsten Punkt ihrer Mühen und ihrer Buße.
Monsieurs Favorit hatte ihr aufmerksam zugehört, und nach diesen Worten schien er neue Hoffnung zu schöpfen. Als rettete sie ihn aus einer ernsten Zwangslage, von der seine weitere Laufbahn, wenn nicht sogar sein Leben abhing.
Die ruhige Heiterkeit eines abschüssigen, menschenleeren und kaum beleuchteten Gässchens verriet ihr, dass sie sich ihrem Viertel näherten, welches glücklicherweise außerhalb des Zentrums lag, wo die Menschen zu keiner Tages- oder Nachtzeit das Bedürfnis nach Schlaf zu verspüren schienen.
Erleichtert erkannte Angélique die Tür ihres Hauses wieder. Aus dem gedämpften Licht, das hinter den kleinen Fenstern hervorschimmerte, und der Stille im Inneren schloss sie, dass die Mitglieder ihres Haushalts wieder zurück waren und alle, Florimond eingeschlossen, tief und fest schliefen.
Der ruhige Spaziergang hatte ihr gutgetan. Ihr Unwohlsein verflog allmählich. Sie vergaß, was die Ursache dafür gewesen war. Trotzdem kamen ihre Gedanken nicht zur Ruhe.
Desillusioniert nach einem Tag voller unerwarteter Entdeckungen und seltsamer Reaktionen und verwirrt durch die nächtliche Stunde, in der alles ins Wanken gerät, begann sie an ihrer eigenen Urteilskraft zu zweifeln und war nicht mehr sicher, richtig verstanden zu haben, worum es überhaupt ging, denn es verunsicherte sie, zu sehen, wie ein Adliger auf die Suche nach besonderen Devotionalien eine so übertriebene Energie aufwandte, als schickte er sich an, eine Redoute zu erstürmen.
»Ist das alles, was Ihr mir zu sagen habt?«, wollte sie wissen. »Diese Rosenkranzgeschichte? Ist das Euer Ernst?«
»Kennt Ihr ein ernsteres Thema auf der Welt als die Frömmigkeit,
Madame...? Warum misstraut Ihr mir? Wäre es Euch lieber, ich würde Euch wie alle anderen den Hof machen, was ich auch gerne tun würde, hielten mich nicht meine freundschaftlichen Gefühle für Monsieur de Peyrac davon ab.«
»O nein! Nein...! Sicher nicht!«, rief Angélique. »Ihr seid reizend, Monsieur de Guiche! Ich mag Euch sehr!«
Sie hätte ihn gerne auf beide Wangen geküsst, hätte sich nicht in diesem Moment hinter ihr die Tür geöffnet. Es war Marguerite, die ihr über die Schwelle half.
Angélique blieb nur noch die Zeit, dem Grafen zum Abschied zuzuwinken. Sie
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