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ANGRIFF - Fantastischer Thriller (German Edition)

ANGRIFF - Fantastischer Thriller (German Edition)

Titel: ANGRIFF - Fantastischer Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F. Paul Wilson
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deutete auf die beiden Fenster, die ins Schlafzimmer führten. »Sie sind hier drin!«
    Bill duckte sich, als die Feuerwehrmänner ihren Schlauch in Betrieb nahmen und den breiten Strahl direkt durch das Fenster ins Haus richteten.
    Er hörte das Schreien erneut. Es waren Schreie, zwei Stimmen – in Todesqual. Sein Vater und seine Mutter waren da drin und verbrannten bei lebendigem Leib!
    Der Feuerwehrmann, dem er schon vorher begegnet war, lief zu ihm und zog ihn zurück.
    »Kommen Sie da weg! Sie bringen sich so in Lebensgefahr!«
    Bill wehrte ihn ab. »Sie müssen mir helfen, sie da rauszuholen.«
    Der Feuerwehrmann ergriff Bills Schultern und drehte ihn dem Feuer zu.
    »Sehen Sie sich dieses Feuer an! Sehen Sie genau hin! Da drin ist niemand mehr am Leben!«
    »Mein Gott, hören Sie sie denn nicht?«
    Der Feuerwehrmann stand einen Augenblick still und lauschte. Bill beobachtete sein faltiges Gesicht, als er seinen Helm abnahm und das Ohr zum Haus hielt.
    Er musste sie doch hören! Wie konnte er diese entsetzlichen, gequälten Schreie ignorieren? Jeder gepeinigte Schrei war für Bill wie Stacheldraht, der durch eine offene Wunde gezogen wird.
    Der Feuerwehrmann schüttelte den Kopf: »Nein, es tut mir leid, Mann. Da drin lebt niemand mehr. Jetzt kommen Sie schon …«
    Als Bill sich aus seinem Griff befreite, stürzte das Dach über dem Schlafzimmer zusammen und schleuderte Funken und brennende Holzstücke durch die Gegend. Die Hitzewelle fegte Bill von den Füßen.
    In diesem Moment begriff er, dass sie tot waren. Seine Brust schnürte sich bei dem Schmerz zusammen. Mom … Dad … tot. Es konnte nicht anders sein. Das Schlafzimmer war ein Krematorium. Schon seit einiger Zeit. Niemand hatte in diesem Raum auch nur einen Augenblick überlebt.
    Er wehrte sich nicht mehr dagegen, dass der Feuerwehrmann ihn zurück in Sicherheit zerrte. Er konnte es nicht. Er konnte nur seine Qual und seine entsetzliche Hilflosigkeit in die Flammen brüllen. Und in die Nacht.

XIV
    1.
    Warum?
    Bill stand allein neben dem Doppelgrab unter einem obszön strahlenden Winterhimmel. Das ungefilterte Sonnenlicht brannte auf den verheilenden Verbrennungen in seinem Gesicht und wärmte kraftlos seine Brust und Schultern, aber seine Seele blieb davon unberührt. Das kalte Messer des Windes fegte über die nackten Hügel des Tall-Oaks-Friedhofs und schnitt durch den dünnen Stoff seiner schwarzen Hose und der Jacke.
    Die Trauergäste waren gegangen, die Friedhofsgärtner mussten noch kommen. Traditionell hätte er eine Leichenfeier bei sich zu Hause abhalten müssen, aber sein Zuhause gab es nicht mehr. Sein Zuhause war jetzt ein Haufen geschwärzter, eisverkrusteter Holzbalken.
    Warum?
    Bill hatte dafür gesorgt, dass alle Trauergäste gingen, er hatte sie regelrecht vom Grab vertrieben. Er hatte seine Tränen vergossen, er hatte vor Wut mit bloßen Fäusten gegen starre Wände getrommelt, bis seine Hände rot und blutig waren. Jetzt wollte er ein letztes Mal mit seiner Familie allein sein, bevor die Erde sie bedeckte.
    Wie sehr fühlte er sich in diesem Moment doch allein. Ihm wurde klar, dass er es unbewusst für selbstverständlich gehalten hatte, dass seine Eltern immer da sein würden. Rational war ihm natürlich klar, dass sich die ihnen verbleibende Lebensspanne im einstelligen Bereich bewegte, aber er hatte sich immer vorgestellt, dass sie ihn einer nach dem anderen verlassen und an natürlichen Ursachen sterben würden. Niemals in seinen schlimmsten Albträumen hatte er die Möglichkeit einer solchen … so einer Katastrophe bedacht. Ihr plötzliches Abtreten hatte eine gähnende Leere in seinem Leben hinterlassen. Sogar das alte Holzhaus war weg. Wo war er jetzt zu Hause? Er fühlte sich ziellos, als sei ihm vor drei Tagen der Anker abhanden gekommen und als fände er jetzt nirgendwo mehr Halt.
    Es waren drei lange Tage gewesen – zwei für die Aufbahrung und dann heute Morgen die Totenmesse und die Beerdigung an sich – voll Schmerz und dem Beileid von Freunden und Bekannten. Tage, in denen er versucht hatte, seinen Schmerz zu lindern, indem er sich einredete, dass seine Eltern ein langes, erfülltes Leben gehabt hatten und dass ihnen sowieso nicht mehr viel Zeit verblieben wäre, und was für ein Glück er doch gehabt hatte, sie so lange um sich zu haben. Aber das half alles nicht. Das bisschen Linderung, das diese Überlegungen für sein fast überwältigendes Gefühl des Verlusts auch bringen mochten, wurde immer wieder

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