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Angst auf der Autobahn

Angst auf der Autobahn

Titel: Angst auf der Autobahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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Pizza-Boden. Der knackte gehörig zwischen den Zähnen.
    „Wenn du eine Idee hast“, meinte
Klößchen seufzend, „wird das immer recht anstrengend für alle andern.“
    „In dem Fall nur für mich.“
    „Nämlich?“ fragte Gaby und ließ
es zu, daß ihr Tim mit der Fingerspitze einen Krümel aus dem Mundwinkel pickte.
    Mit dem Krümel vollendete der
TKKG-Häuptling seine Mahlzeit.
    „War köstlich, Gaby. Also, ich
meine, wir haben Spelter nun schon verdammt lange aus dem Auge verloren. Das
ist sträflich. Weiß man denn, was dieser Psychopath gerade heute nacht vorhat.“
    „Willst du ihn schon wieder
observieren?“ fragte Karl. „Ja, und zwar allein. Ihr drei bleibt hier. Ihr
schließt euch ein. Dennis Blots hat Nachtdienst. Im Gefahrenfalle ist er hier
wie der Wind. Außerdem habt ihr das eine Walkie, ich nehme das andere mit. Wir
halten Kontakt.“
    „Und du fährst nach Borkling
raus, zur ,An-der-Schwemme’ und siehst nach, was Spelter so treibt.“
    „Exakt.“
    Gaby krauste das Näschen, war
offenbar nicht ganz einverstanden, hätte ihren Freund lieber den ganzen Abend
hier gehabt, erhob aber keinen Widerspruch.
    „Ich bleibe nicht lange weg“,
verhieß Tim. „Sobald ich mich überzeugt habe, daß der Ex-Knacki in seinem
Bettchen schnarcht, komme ich zurück.“
    „Du glaubst doch nicht im
Ernst“, sagte Karl, „daß der mit den Hühnern schlafen geht. Nach 15 Jahren
Knast. Nach 15 mal 365 öden Abenden, an denen nichts aber auch gar nichts
passiert. Ich vermute, Spelter läßt jetzt die Sau raus, hängt rum in den
Kneipen, sucht sich ‘ne Braut und haut aufs Blech, solange die Kohle reicht.
Und von der hat er sicherlich genug. Denn was sonst war in der Kassette, die er
bei Mutter Willert abgeholt hat.“
    „Schon möglich“, meinte Tim.
„Wir werden sehen. Also, ich mache mich auf die Socken. Und ihr verhaltet euch
wie die kleinen Geißlein im gleichnamigen Märchen mit dem bösen Wolf: Niemandem
die Tür öffnen! Außer mir.“

10. Zwei Opfer des Systems
     
    Spelter mußte die
Arbeitsstelle, die man ihm vermittelt hatte — als Nachtwächter bei der
Pechmann-und-Strähter-AG — erst in einigen Tagen antreten, nämlich am 1.
September. Noch hatte er Ferien. Und ob er wirklich ernsthaft arbeiten würde —
das war noch nicht raus.
    An diesem Nachmittag hatte er
sich einen ersten Überblick verschafft. Über die Adresse der Glockners, über
das Altstadtviertel, über das kleine Feinkostgeschäft.
    Mit verstellter Stimme und
unter falschem Namen hatte er im Polizeipräsidium angerufen und Kommissar
Glockner verlangt, dabei von einer Polizistin erfahren, daß der auf Dienstreise
sei und erst morgen zurückerwartet werde.
    „Danke sehr! Dann rufe ich
morgen wieder an. Es ist privat.“
    Er hatte aufgelegt und sich die
Flände gerieben.
    Also heute nacht?
    Eigentlich wunderte ihn, daß er
so ganz unbehelligt blieb. Er hatte mit Beobachtung gerechnet. Sein
Ausschnitts-Archiv über Kommissar Glockner war im Gefängnis bekannt gewesen.
Eine stumme Drohung, die diesem Kerl, dem er all sein Unglück verdankte, das
Dasein vergällen sollte. Nervös sollte es ihn machen, aber den schien nichts zu
erschüttern.
    Spelter hatte den ganzen Tag
die Augen offen gehalten. Hatte sorgsam auf seine Umgebung geachtet, aber
keinen Bullen bemerkt.
    Nein, er wurde nicht
observiert. Er hätte es gespürt. Sein Instinkt, im Gefängnis dünnhäutig
geworden, hätte es ihm angezeigt.
    Hielt man ihn für harmlos,
seine Glockner-Informationen für Theaterdonner?
    Offenbar. Umso besser!
    Gegen Abend hatte er den
jahrealten TV in der möblierten Zwei-Zimmer-Wohnung eingeschaltet, ein Drittes
Programm angesehen und sich lokale Tagesnachrichten reingezogen. Sie wurden
eingeleitet von der Suche nach Jörg Wichtigmann und den Hinweisen auf Karsten
Willert.
    Spelter schnappte nach Luft.
Das war ja ein Ding! Typisch Willert!
    Jetzt war es 20.51 Uhr; und er
überlegte, ob er Willerts Mutter anrufen oder aufsuchen sollte.
    Er entschied sich — schon wegen
seiner Unruhe im Blut — für den persönlichen Kontakt und verließ seine
Behausung.
    Um jeden Preis wollte er den
ehemaligen Komplicen treffen. Der paßte jetzt in seine Pläne wie die Faust aufs
Auge.
    Das wird ein heißer Tanz,
dachte Spelter. Die Bullen — und Glockner allen voran — werden sich wundern.
     
    *
     
    Die Nacht war lau. Aber der
Himmel hatte sich bewölkt. Anfangs hatte der Mond nur einen Hof, dann verblaßte
der Erdtrabant hinter faserigem Dunst,

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