Angst auf der Autobahn
„Der Typ muß zurück in den Knast.“
„Für so eine Maßnahme, Willi,
gibt es keinen handfesten Grund. Ich bin der einzige Zeuge. Nur ich habe
Spelter gesehen. Und seinen Wagen. Und daß der Kerl auf dem Hof war. Selbst da
könnte er sich rausreden und behaupten, er hätte nur mal einem feuchten Drang
nachgegeben. Und weil man nicht in erleuchteten Straßen an die Schaufenster
pieselt, sei er eben auf den dunklen Hof gegangen. Daß es zufällig die Adresse
des verhaßten Kommissars ist — na, sowas! Gibt’s denn das! Hoffentlich wird das
nicht falsch ausgelegt!“
Karl nickte. „Du hast recht.
Offiziell ist da nichts zu machen. Das wird dir auch Dennis sagen, Tim.“
„Er soll ja nicht als Auge-des-Gesetzes
aufs Blech dröhnen, sondern nur eine freundliche Warnung überbringen.“
„Hm.“
Gaby sagte nichts.
Und Tim blieb bei seinem
Vorhaben.
Er rief im Präsidium an — und
wählte gleich durch zu Dennis. Aber dort wurde zunächst gar nicht abgehoben.
Und dann, etwa nach dem zehnten Läuten, meldete sich ein Kollege.
Er teilte mit, daß Dennis Blots
im Einsatz sei.
„...eine Schlägerei in der
Levantiner Straße, vor dem Café Seidenschall. Offenbar sind Punker und Glatzen
aneinander geraten, und jetzt fliegen die Baseballkeulen. Und nachher können
die Notärzte verdammt viel Zwirn vernähen, damit sich die Platzwunden
schließen.“
„Sie sollten Stacheldraht
nehmen“, äußerte sich Tim voller Mitgefühl. „Ich melde mich später nochmal.“
„Und nun?“ fragte Karl, nachdem
Tim aufgelegt hatte. „Dann gehe ich bei Spelter vorbei. Ich wollte
es Dennis machen lassen, damit ich Gabys Schutz hier verstärken kann. Aber das
ist im Moment wohl doch nicht nötig — und war eher eine schreck-bedingte
Gefühlsreaktion. Nein! Heute nacht traut sich der Psycho hier nicht mehr her.
Wir halten es wie vorhin, nämlich Walkie-Talkie-Kontakt. Gebongt?“
„Viel Schlaf“, seufzte
Klößchen, „kriegen wir heute nacht sicherlich nicht.“
„Bist du zum Pennen hier?“
fragte Tim und küßte seine Freundin auf die Nasenspitze.
Es war ja nur für einen kurzen
Abschied.
13. Sie nehmen Kontakt auf
Spelters Zwei-Zimmer-Wohnung
roch muffig. Kakerlaken feierten hier ihre Feten. Der letzte Bewohner war vor einem
Jahr rausgestorben — 90jährig und seitdem hatte niemand mehr gelüftet. Auch der
Ex-Häftling hielt nichts von geöffneten Fenstern. Außerdem war er die dicke
Luft der vergitterten Zellen gewöhnt.
Er keuchte noch, als er die Tür
hinter sich abschloß.
Verdammt! Das war
fehlgeschlagen. Diese Störung im falschen Moment!
Der Dietrich hatte schon gute
Arbeit geleistet im Schloß der Glocknerschen Hoftür. Noch eine halbe Minute —
und er, Spelter, wäre im Haus gewesen. Er hatte nichts Bestimmtes geplant, nur
feststellen wollen, wie — und ob überhaupt — die Wohnung gesichert war.
Doch dann war dieser Typ mit
seinem Rad aufgetaucht. Und die Flucht gelang knapp.
Sicherlich ein Hausbewohner,
dachte Spelter. Ein junger Kerl und nicht von Pappe. Vielleicht wäre es besser
gewesen, ich hätte eine Ausrede gebraucht, statt zu türmen. Aber was?
Nicht mal jetzt fiel ihm was
ein.
Er zog sein verschwitztes Hemd
aus und sich ein anderes über den Kopf. Auch das war verschwitzt, aber trocken
— roch also nach der Ausdünstung von gestern und paßte zur Umgebung.
In der schmuddeligen Küche gab
der Kühlschrank rumpelnde Geräusche von sich.
Spelter hatte Bier eingekauft
und gönnte sich jetzt eine eiskalte Flasche.
Dann sah er sich um. Zum ersten
Mal begutachtete er die neue Behausung.
Rissige Tapeten, Billigmöbel,
fadenscheinige Vorhänge. Niemand, dachte er, wird hier 80 000 Piepen vermuten.
Ein Glück, daß das Geld noch gilt.
Vor 15 Jahren hatte er diese
Beute beiseite gebracht — vor dem Fiasko mit dem Banküberfall. Und Willerts
Mutter hatte die Kohle brav verwahrt.
Eigentlich, dachte er, müßte
ich der Frau was zustecken. Ist ja schließlich ein toller Service von ihr. Oder
ich kümmere mich um ihren Sohn. Hoffentlich ist Karsten so schlau und ruft bei
ihr an.
Offenbar war das
Gedankenübertragung. Denn das Telefon klingelte. Spelter zögerte, sah auf die
Uhr und fand es unverschämt, daß man ihn um diese Zeit störte.
Dann nahm er den Hörer ab.
„Ja?“
„Horst?“
„Wer spricht dort?“
„Erkennst du mich nicht?“
„Karsten?“
Willert lachte am anderen Ende
der Leitung. „Ich hoffe doch, du bist allein. Oder schaukelst du eine junge
Polizistin auf
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