Angst sei dein Begleiter: Thriller (German Edition)
»Annalise, es ist ausgeschlossen, dass du wie gewohnt deinen Geschäften nachgehst, solange all diese Reporter da draußen lauern. Sobald du die Ladentür für den Publikumsverkehr öffnest, können wir sie nicht mehr in Schach halten.«
»Ich weiß; darüber habe ich auch schon nachgedacht. Besteht dein Angebot, vorübergehend bei dir zu wohnen, denn immer noch?«
»Das weißt du doch«, antwortete er.
»Ich habe überlegt, dass das Interesse vielleicht ein wenig einschläft, wenn ich das Ladengeschäft für ein paar Tage schließe und zu dir ziehe.«
»Da hast du vermutlich recht. Es wird sich ein neuer Reißer auftun, und irgendwann haben sie es satt, ein leeres Gebäude im Auge zu behalten, und dann verschwinden sie.«
»Dann gehe ich rasch nach oben und packe meine Sachen.«
Annalise befand sich im Zwiespalt wegen ihrer Ausquartierung in Tylers Wohnung. Die Arbeitsmoral, die ihre Mutter ihr eingehämmert hatte, war fest in ihrem Bewusstsein verankert, und sie konnte sich nicht vorstellen, einfach drei oder vier Tage lang freizunehmen. Mehr noch – sie hatte Angst, dass sich, wenn sie mit Tyler unter einem Dach lebte und sein Privatleben teilte, eine neue Intimität zwischen ihnen aufbauen könnte.
Als sie Kleidungsstücke und Toilettenartikel in einen Koffer packte, überlegte sie, was sie noch organisieren musste, bevor sie ein paar Tage freinahm. Sie würde ihren Mitarbeitern sagen, dass sie trotzdem Zugang zum Fertigungsbereich hatten, um an der Jubiläums-Annalise-Puppe arbeiten zu können. Wenn sie durch die Hintertür kamen und gingen, ließen die Reporter sie vielleicht halbwegs in Ruhe.
Als sie alles, was sie vermutlich benötigen würde, eingepackt hatte, legte sie spontan noch ihren Skizzenblock und ein paar Stifte dazu, weil sie ahnte, dass sie in Tylers Wohnung viel zu viel Zeit für sich allein haben würde.
Sie schleppte ihren Koffer in den ersten Stock hinunter. Tyler und die zwei Kartons waren fort, und so ging sie weiter hinunter ins Erdgeschoss.
Die Vernehmungen waren abgeschlossen, und Jennifer ließ sie wissen, dass Tyler die Kartons in seinen Kofferraum lud. Annalises Mitarbeiter sahen sie erwartungsvoll an, und sie wies sie kurz an, weiterzuarbeiten, obwohl das Ladengeschäft geschlossen bliebe und sie ein paar Tage lang nicht kommen würde.
»Ich werde mit jedem von euch telefonisch in Kontakt bleiben, und solange ich nicht hier bin, wäre ich euch allen sehr dankbar, wenn ihr nicht mit den Reportern sprechen würdet«, sagte sie.
»Scheißkerle«, sagte Sammy. »Sollen die doch gefälligst für ihre Story arbeiten.«
Annalise lächelte ihn dankbar an. »Ich hatte gehofft, dass Blakely durch die neue Puppe wieder mehr ins Interesse der Öffentlichkeit rücken würde. Auf keinen Fall wollte ich auf so eine schreckliche Art und Weise Schlagzeilen machen.«
Inzwischen war Tyler zurückgekehrt, und Annalise würde gleich von ihm und seinen Kollegen nach draußen begleitet werden. Tyler bekräftigte zuvor Annalises Ermahnung und riet allen Angestellten dringend, nicht mit den Reportern vor der Tür zu sprechen.
Es dauerte nur Minuten, den Laden aufzuräumen, dann griff Tyler nach ihrem Koffer, und zusammen gingen sie hinaus zu seinem Wagen.
Wie hungrige Haie stürzten sich die Reporter auf sie, schrien ihre Fragen den beiden in die Ohren. Tyler legte einen Arm um Annalises Schulter, um sie vor der Meute zu beschützen. Er geleitete sie zu ihrem Wagen, wo sie sich hinter das Steuer setzte und die Türen verriegelte, als befürchtete sie, einer der Reporter von der aggressiveren Sorte könnte versuchen, sich auf ihren Schoß zu setzen.
Sie wartete nicht ab, bis Tyler in seinen Wagen gestiegen war, sondern ließ gleich den Motor an und fuhr los. Sie kannte schließlich den Weg zu seiner Wohnung, und sie wollte die Meute an aufgeregten Reportern nur noch hinter sich lassen.
Während der Fahrt versuchte sie, nicht an das zu denken, was sie hinter sich ließ. Ihr Zuhause. Ihr Leben. Ihre Arbeit. Nein, nicht ihre Arbeit, sondern eher die Fortsetzung der Arbeit ihrer Mutter.
Am Morgen hatte sie sich gelegentlich dabei ertappt, wie sie das Gespräch mit ihrem Vater vor ihrem inneren Auge Revue passieren ließ. Zwar hatte sie ihm alles, was er nicht getan hatte, nicht hatte tun können, verziehen, aber ihrer Mutter zu verzeihen, fiel ihr bedeutend schwerer.
Jetzt erkannte sie, dass ihre Mutter Annalise, die Puppe, geliebt hatte, aber Annalise, das kleine Mädchen, hatte ihr nicht
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